Schüler bestimmen in Nürnberg mit

23.5.2019, 13:30 Uhr
Schüler bestimmen in Nürnberg mit

© Foto: Stefanie Goebel

Kinder sagen ihre Meinung

Die Rechte der Menschen in Deutschland sind durch das Grundgesetz der Bundesrepublik geschützt, das heute seinen 70. Geburtstag
feiert. Aber was ist mit Kinderrechten? Seit 30 Jahren gibt es zwar die UN-Kinderrechtskonvention, die Deutschland ratifiziert hat. Doch in der Verfassung sind sie nicht niedergeschrieben. Das soll sich aber bald ändern: Der Koalitionsvertrag sieht eine Grundgesetzänderung vor.

In Nürnberg gibt es seit 25 Jahren die Kinderkommission, die sich für die Interessen der Kinder einsetzt und die Kinderrechte bekanntmacht. So finden regelmäßig Kinderversammlungen in den Stadtteilen statt, auf denen die Kinder der Stadtverwaltung ihre Anliegen vorbringen können – wie die Dritt- und Viertklässler der Kopernikusschule, die nach dem Unterricht in die Kindertagesstätte "Haus der Kinder" gehen.

Amy findet die Versammlungen wichtig, weil "die Erwachsenen die Politiker wählen. Kinder haben kein Recht mitzuentscheiden. Wir wollen aber auch unsere Wünsche sagen, zum Beispiel, wie ein Spielplatz aussehen soll." Eli ergänz: "Kinder wissen doch auch viel besser, welche Aktivitäten ihnen Spaß machen."

Schüler bestimmen in Nürnberg mit

© Foto: Stefanie Goebel

So trugen die Schüler auf der letzten Kinderversammlung Themen vor, die ihnen wichtig sind. Der Pausenverkauf ist ein solches Anliegen. "Wir wünschen uns, dass es auch Obst und Gemüse gibt und nicht nur so was wie Hotdogs", sagt Yade, die — wie die anderen Kinder — Wert auf gesunde Ernährung legt.

Ein weiterer Wunsch der Grundschüler: eine Schranke am Parkplatz. "Die Eltern nehmen überhaupt keine Rücksicht auf uns Kinder", erklärt Maram. Zu diesem Anliegen hat Cornelia Scharf von der Kinderkommission eine gute Nachricht dabei: "Wir haben den Vorschlag aufgegriffen. Das wird so umgesetzt."

Auch die Verschönerung des Hort-Hofs wurde angegangen, welche die Schüler bei mehreren Versammlungen forderten. Jetzt ist es grün, wo vorher Beton war. Und ein weiterer Wunsch der Kinder wurde erst gestern umgesetzt: die Südstadt saubermachen. Zwölf Klassen der Kopernikusschule und Kinder des Kindergartens waren unterwegs, um Müll aufzusammeln. Sima sagt: "Kindern ist es bewusster, dass die Erde verschmutzt ist." Gleichzeitig stellten die Schüler an Stellen, wo es besonders dreckig war, Schilder mit Sprüchen auf, die dazu anregen sollen, die Stadt sauberzuhalten.

Kinderversammlungen sollte es in allen Städten geben, finden die Mädchen und Jungen. Amy schlägt vor, dass es einmal im Jahr eine große Kinderversammlung mit verschiedenen Städten geben sollte: "Kinder müssen den Politikern zeigen, was schlecht in der Stadt ist."

Kinderrechte auf der Bühne

Quizfrage: Wann hat der Deutsche Bundestag das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung verabschiedet? A) 1970, B) 1980 oder C) 1990? Keine Antwort ist richtig, denn es war erst — D) — im Jahr 2000. Unzulässig sind übrigens nicht nur körperliche Bestrafungen, sondern auch "seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen".

Schüler bestimmen in Nürnberg mit

© Kathrin Walther

Woher aber soll ein Kind von seinen Rechten wissen? Und wie soll es den Mut haben, seine Rechte auch einzufordern? Die Theaterbühne ist der perfekte Ort, um einen spielerischen Zugang zu diesem trockenen Thema zu finden. "Kinderrechtetheater Nürnberg" heißt entsprechend das Projekt des Theaterpädagogen Jörg René Hundsdorfer, das er in Zusammenarbeit mit der Kinderkommission der Stadt Nürnberg durchführt. In dieser Woche erarbeitet er gerade ein Stück mit der Klasse 4 e der Michael-Ende-Schule. Die Aufgabe: Jedes Kinderrecht soll in einer selbst gestalteten Szene dargestellt werden, am kommenden Montag wird das daraus resultierende Werk vor Schülern und Eltern aufgeführt.

Die 20 Kinder sitzen im Mehrzweckraum der Schule auf dem Boden. Maxim und Maximilian beschreiben ihre Szene. Sie haben
sich für das Recht auf Unterstützung und gleiche Behandlung bei Behinderung entschieden. Maxim spielt den genervten Vater, der sein gesundes Kind bevorzugt, Maximilian das behinderte Kind. "Es fühlt sich schlimm an, schlechter behandelt zu werden", sagt er. In einer anderen Szene — es geht um das Recht
auf Meinungsfreiheit — wird eine Demonstration nachgestellt. Kinder fordern saubere Luft, ein Autofahrer beschwert sich, dass er sich "von Dreikäsehochs" nicht vorschreiben lasse, was richtig und was falsch ist.

"Theater ist Empowerment", erklärt Jörg René Hundsdorfer die Wirkung des Perspektiven- und Rollenwechsels. "Was ich vor allem mit dem Projekt möchte: Ich möchte die Kinder stärken." Und zwar in ihrem Bewusstsein, dass auch Erwachsene und sogar die eigenen Eltern Unrecht haben und tun können. Und: Es ist das Recht des Kindes, sich Hilfe zu holen. Denn momentan stecken die Theaterszenen noch im Konflikt fest, im Laufe der Woche sollen die Kinder Lösungen finden.

Es ist das Recht auf Bildung, das für die Teilnahme an Projekten wie diesem sorgt. Kenneth hat das verstanden. "Wer nicht in die Schule gehen will, der soll mal an die Kinder denken, die nicht in die Schule gehen dürfen."

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