1:2 nach 2:1! Wurde der FCN benachteiligt?

28.1.2019, 11:20 Uhr
1:2 nach 2:1! Wurde der FCN benachteiligt?

© Foto: Daniel Marr/Zink

"Unser Traum lebt" stand in weißen Buchstaben auf der roten Werbetafel hinter Michael Köllner. Das Motto ist so wunderbar allgemeingültig, dass sich auch der 1. FC Nürnberg angesprochen fühlen durfte am späten Samstagnachmittag. Obwohl es ihnen gerade ziemlich schwerfiel, auch daran zu glauben.

"Pefektes Flügelspiel, perfekte Einlaufbewegung"  

Dass sich ihr großer Traum von der Bundesliga mit jeder Niederlage mehr allmählich zum Albtraum wandelt, lässt sich gut an der Tabelle ablesen. Elf Punkte nach 19 Spielen sind die Zwischenbilanz eines wahrscheinlichen Absteigers, ein überraschender Sieg könnte zumindest neue Energie und Zuversicht freisetzen. Und es sah am Samstag ja vorübergehend auch danach aus.

"Fakt ist, dass wir 2:1 in Führung gegangen sind", sagte Köllner im Pressegespräch nach dem 1:2 beim FSV Mainz. Klingt nach einem Widerspruch und ist auch einer, die ihrer sportlichen Not geschuldete Wahrnehmung ließ aber wohl keinen anderen Schluss zu. Also stand es nach gut einer Stunde 2:1 für den Club, "perfektes Flügelspiel, perfekte Einlaufbewegung", lobte Köllner, Flanke Leibold, Direktabnahme Zrelak.

Zwei Minuten später wich die allgemeine Begeisterung über die erste Führung seit dem neunten Spieltag blankem Entsetzen. Der Video-Assistent hatte sich eingemischt, warum auch immer, vielleicht war ihm langweilig in seinem Kölner Keller, also mal auf den Knopf gedrückt. Laut DFL-Vorschrift hätte er sich eigentlich ruhig verhalten müssen, da "eine klare und offensichtliche Fehlentscheidung des Schiedsrichters auf dem Platz", wie es in der DFL-Gebrauchsanweisung heißt, offensichtlich nicht vorlag.

"Wer weiß, wie es ausgegangen wäre..."

Gleich zwei kalibrierte Linien, sauber eingezogen im Kölner Keller, stellten Zrelak dennoch ins Abseits beziehungsweise seinen linken Schuh, wenngleich sich via Aufzeichnungen nicht final klären ließ, ob es sich auch exakt um den Moment der Ballabgabe handelte. Trotzdem: Kommando zurück, kein Tor, weiter 1:1. "Und wer weiß", trat Köllner, schon seit dem ersten Spieltag ein erklärter Gegner des Videobeweises, noch ein wenig nach, "wie es ausgegangen wäre, wenn wir 2:1 geführt hätten."

 

Die tatsächlich richtige Annullierung fühlte sich emotional unglaublich falsch an für die Nürnberger, die einen ihrer besseren Saisonauftritte in dieser Saison in der Fremde natürlich liebend gerne gekrönt hätten mit dem ersten Sieg seit Ende September. Selbst der frühe Rückstand konnte sie nicht aufschrecken, nachdem Behrens im Strafraum etwas zu ungestüm in einen Zweikampf mit Aaron gezogen war; den fälligen Strafstoß verwandelte Brosinski souverän (12.).

Behrens’ Schmerzen

Man musste trotzdem mal wieder mit dem Schlimmsten rechnen, was für einen Letzten selbst ein 1:2 sein kann. "Ich will es nicht auf eine Szene reduzieren, aber im Endeffekt war ja nicht viel mehr", meinte der gute Valentini, der sich gar "beraubt" glaubte um etwas Zählbares. Seinem Kapitän tat die ernüchternde Wende vor allem "sehr weh", auch körperlich nach einem heftigen Schlag ins Gesicht während eines Infights.

"Gut dabei" sein man gewesen, fand Behrens, "wenn wir das 2:1 machen, läuft das Spiel vermutlich anders". Es lief aber dann so, wie man es befürchten musste. Nach Leibolds fatalem Ballverlust kurz hinter der Mittellinie benötigte der FSV im folgenden Fünf gegen Fünf genau zwei Pässe, um den Defensivverbund der Gäste komplett auseinanderzunehmen. Malong vertikal in den Raum und in Petraks Rücken auf Brosinski, flache Hereingabe, 2:1 Quaison (73.). Über das zunächst passive Abseits von gleich zwei Mainzern, darunter der Torschütze, wollten sich die Gäste schon gar nicht mehr aufregen.

2:1 statt 1:2, "die Leistung hat gepasst, wir haben alles gegeben, aber es fehlt dann halt doch irgendwas", gab Behrens ehrlich zu, der in seine Analyse etwas mehr einfließen ließ als ein paar Zentimeter, die viele seiner Kollegen gerade in den Wahnsinn zu treiben schienen. Wäre Mathenia an alter Wirkungsstätte nicht zu großer Form aufgelaufen, hätte es auch deutlicher werden können, zudem profitierte sein Club bei zwei der insgesamt drei notierten Möglichkeiten von Aussetzern der Gastgeber. Vor Misidjans kläglichem Abschluss hatte Aaron die Kugel falsch berechnet, in ähnlich schräger Manier ermöglichte Brosinski erst Leibolds Flanke vor dem, nun ja, 2:1. 

Immerhin die einst berühmte Standardstärke blitzte kurz vor der Pause auf, als Margreitter nach einem Valentini-Eckstoß wild entschlossen zum 1:1 einköpfte. Ansonsten bekämpften sich beide Mannschaften überwiegend zwischen den Strafräumen, mit statistischen Vorteilen für Mainz und mentalen Vorteilen für Nürnberg, vorläufig gipfelnd im 2:1.

Fußspitzen und ein Traum  

"Ich sehe nur irgendwelche Fußspitzen", maulte Köllner nach Betrachtung des Standbilds mit zwei Linien, mit bloßem Auge und in realer Geschwindigkeit konnte das wohl tatsächlich niemand sehen. Auch Sandro Schwarz, der Mainzer Trainer, ist wie jeder andere der nur rund 22.000 Zuschauer in der Arena "davon ausgegangen, dass wir jetzt einem Rückstand hinterherlaufen müssen, wir haben es nicht wahrgenommen." Ihren Traum lebten die Nullfünfer am Samstagnachmittag dennoch mehr denn je. Was man von den Nürnbergern nicht behaupten konnte. 

 

 

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