Zengers Taktiktafel

Club-Gegner Ingolstadt: Die Gefahr kommt meist von rechts

22.8.2021, 06:00 Uhr
Club-Gegner Ingolstadt: Die Gefahr kommt meist von rechts

© Foto: Wolfgang Zink

Wer steht an der Seitenlinie?

Nicht Thomas Oral. Aufstiegstrainer und Verein verlängerten den Vertrag am Saisonende 2020/21 nicht. So trifft der Club im fünften Spiel der neuen Saison zum fünften Mal auf eine Mannschaft mit neuem Trainer. Der heißt bei den Schanzern Roberto Pätzold und ist fast schon ein Ingolstädter Urgestein. Insgesamt sechs Jahre lang trainierte der gebürtige Berliner die U19 des FCI und führte diese 2018 in die Bundesliga. Er half in diesen sechs Jahren bei der Schanzer A-Jugend sowohl bei den Profis als auch bei der U17 als Interimstrainer aus.

Die einzige Erfahrung im Herrenfußball, die der 42-Jährige vor der Beförderung zum Chefcoach in Oberbayern hatte, umfasst drei Monate bei Eintracht Bamberg im Jahr 2014. Doch beim damaligen Regionalligisten war nach einem Sieg aus 16 Spielen frühzeitig Schluss. Nun also soll Pätzold, der seine Fußballlehrerausbildung 2019 zusammen mit FCN-U21-Coach Cristian Fiel abgeschlossen hat, "das große Ziel Klassenerhalt", wie er es selbst formuliert, erreichen.

Bei seiner Vorstellungspressekonferenz bediente Pätzold all die Begriffe, die man von vielen jungen Trainern, die aus dem Jugendbereich kommen, gewohnt ist: Große Aktivität, hohes Tempo, hohe Intensität. Erreichen will Pätzold das mit einem 4-4-2 mit Doppel-Sechs, das realtaktisch oft ein 4-2-2-2 ist. Das liegt daran, dass die äußeren Mittelfeldspieler oft einrücken, während die Außenverteidiger die genuine Flügelarbeit übernehmen sollen.

Wie wird gespielt?

Der Aufbau erfolgt dann auch oft direkt und über die Außen, phasenweise wird das eigene Mittelfeld auch direkt überspielt. Die Passkombination von Innen- oder Außenverteidiger auf einen der beiden Stürmer – bisher immer Kutschke und Eckert Ayensa – wird dabei überdurchschnittlich häufig gewählt. Dabei fällt auf, dass das Spiel häufiger über die rechte Seite – Innenverteidiger Neuberger und Rechtsverteidiger Heinloth spielen dann oft direkt Richtung Angreifer – läuft als über links. Schaltet sich Heinloth selbst mit in den Angriff ein, flankt der Ex-Cluberer häufig schon aus dem Halbfeld Richtung Kutschke. Auf der Gegenseite läuft Dominik Franke meist tiefer und flankt erst, wenn er den Strafraum erreicht hat. Den Flanken fehlt in beiden Varianten aber oft noch etwas die Präzision.

Gleiches gilt für den Aufbau aus der Abwehr heraus, so dass das von Pätzold vor der Saison angegebene Ziel "gradlinig Richtung Tor agieren" noch nicht umgesetzt ist. Noch schaffen es die Schanzer nicht, mit ihren Pässen oder Dribblings genug Raumgewinn zu erzielen, in beiden Kategorien sind die Oberbayern Letzter. Dass Ingolstadt daher nur auf 29 Abschlüsse in drei Spielen kommt, fast zwanzig weniger als der FCN in derselben Zeit, ist also nicht verwunderlich.

Auch das intensive Spiel, das Pätzold fordert, ist noch nicht umgesetzt. Nach drei Spielen ist Ingolstadt, immer eingedenk der eingeschränkten Aussagekraft auf Grund der noch recht geringen Stichprobengröße, das Team mit der geringsten Pressingintensität – sowohl gemessen an der gegnerischen Passzahl als auch an der Zeit, die der Gegner am Ball war. Etwas, das auch dann noch gilt, wenn man nur die Phasen im Spiel nimmt, in denen es in den Spielen des FCI unentschieden stand. Das war bisher in 129 der – mit Nachspielzeit – 288 von den Schanzern gespielten Minuten der Fall, nie aber am Ende der Spiele. Denn Ingolstadt hat alle drei Spiele verloren, in Dresden und Darmstadt sogar hoch.

Wer sind die Schlüsselspieler?

Wie bereits erwähnt, baut der FCI häufig über die rechte Seite auf, so dass Rechtsverteidiger Michael Heinloth in vielerlei Hinsicht eine zentrale Rolle einnimmt. Der 29-jährige wurde zehn Jahre beim FCN ausgebildet, schaffte dort aber nicht den Durchbruch, der ihm dann nach seinem Wechsel zum SC Paderborn – inklusive Bundesligaaufstieg – gelang. Nach dem Zweitligaabstieg der Ostwestfalen 2016 wechselte Heinloth zunächst in die Niederlande, später nach Polen, ehe er in Ingolstadt landete und dort zum Stamm- spieler avancierte. In den bisherigen Pflichtspielen, spielte kein Ingolstädter mehr Vorwärtspässe als Heinloth, was nicht allein damit zu erklären ist, dass er der einzige Feldspieler ist, der jede Pflichtspielminute in dieser Saison auf dem Platz stand.

Heinloths Aufgabe ist, den Ball nach vorn zu bringen, dementsprechend ist er auch der Ingolstädter mit den meisten Pässen für Raumgewinn. Gleichzeitig erledigt der gebürtiger Rother seine Defensivaufgaben besser als der Rest der Verteidigung. Während die linke Seite der Defensive mit Innenverteidiger Keller – 44 Prozent gewonnene Defensivduelle – und Außenverteidiger Franke – 43 Prozent gewonnene Zweikämpfe gegen den Ball – anfällig ist, kommen Heinloth (64 Prozent) und Neuberger (61 Prozent) auf der rechten Seite auf deutlich bessere Werte.

Der Club muss also, legt man die Eindrücke der ersten vier Ingolstädter Pflichtspiele unter Pätzold zugrunde, einerseits den Aufbau über die rechte Ingolstädter Seite im Auge behalten, gleichermaßen aber die eigene rechte Seite als Chance für das Offensivspiel sehen, da Ingolstadt hinten links anfälliger scheint.

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