Vorfreude auf Dresden

Club-Coach Klauß: Ein "Kind des Ostens", das für Bremen schwärmte

16.10.2021, 06:00 Uhr
„Ein Kind des Ostens“: Club-Trainer Robert Klauß freut sich auf den Trip in vertraute Gefilde.

© Sportfoto Zink / Heiko Becker, Sportfoto Zink / Heiko Becker „Ein Kind des Ostens“: Club-Trainer Robert Klauß freut sich auf den Trip in vertraute Gefilde.

Am Sonntag (13.30 Uhr/Live-Ticker auf nordbayern.de) darf das Kind des Ostens mit dem 1. FC Nürnberg nun in vertraute Gefilde reisen. In Dresden soll seine Mannschaft beweisen, dass das blamable 0:7-Testdebakel gegen Ingolstadt „nur ein Ausrutscher war“, wie Klauß hofft, und zudem ihren netten Nimbus als noch einziger ungeschlagener Zweitligist dieser Saison wahren.

Für Klauß birgt die Partie aber eben noch einen ganz speziellen Reiz. Die Familie seiner Frau stammt aus Dresden, zu einigen Kollegen bei Dynamo – wie etwa Ex-Profi Heiko Scholz, Assistent von Chefcoach Alexander Schmidt – bestehen freundschaftliche Bande. Und genau das ist es, was der bei RB Leipzig zum Trainer gereifte Klauß, der beim Mauerfall gerade mal vier Jahre alt war und die DDR allenfalls aus Erzählungen kennt, gemeint hat mit seinem Faible für die Ostklubs.

„Es geht mir dabei nicht um Osten und Westen im politischen Sinne, sondern um die Regionalität“, sagt Klauß, der 1984 in Eberswalde, einer 40 000 Einwohner zählenden Kreisstadt im Nordosten Brandenburgs, geboren wurde. Von dort sind es nur noch 230 Kilometer bis nach Rostock, „meine Familie stammt aus der Gegend“, sagt Klauß, an der Ostsee habe er „jedes Jahr Urlaub gemacht“.

In Sachen Fußball hat sich Klauß aber frühzeitig gen Westen orientiert. Als Kind entdeckte er seine Liebe zu Werder Bremen, weil die Grün-Weißen damals gerade eine Blütezeit erlebten: Pokalsieger 1991 und 1994, Meister 1993. Die erste Stadionerfahrung war allerdings weniger dazu angetan, die Beziehung zu vertiefen. Fortuna Düsseldorf gegen Bremen am 30. November 1996, vor 9000 Zuschauern im alten Rheinstadion, einer wenig atmosphärischen Betonschüssel.

Ein Geburtstagsgeschenk des Vaters, erinnert sich Klauß, „es war kalt und absolut trostlos“. Auch das Ergebnis ist nicht mehr wirklich präsent, „1:0, 0:0 oder so“, vermutet Klauß. Erst Google hilft dem Gedächtnis auf die Sprünge: Bremen war mit 1:4 untergegangen. „Vielleicht habe ich es deshalb in so schlechter Erinnerung“, wundert sich Klauß.

Die Hertha blieb fremd

Auch die gelegentlichen Ausflüge mit dem Regionalexpress ins monumentale, aber meist ziemlich leere Berliner Olympiastadion hinterließen eher zwiespältige Eindrücke. „Das waren immer zähe Spiele ohne große Emotionen. Wir sind da nur hingefahren, um Bundesliga zu sehen“, sagt Klauß, mit der Hertha warm geworden ist er nie. Daran vermochte selbst das aus 52 Metern erzielte „Jahrhunderttor“ des exzentrischen Brasilianers Alex Alves anno 2000 gegen Köln („Ich saß direkt hinter dem Tor“) nichts zu ändern.

Dass die neuen Bundesländer auch über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung im deutschen Profifußball mit aktuell zwei Bundesligisten (Union Berlin, Leipzig), drei Zweitligisten (Dresden, Rostock, Aue) und drei Drittligisten (Magdeburg, Halle, Zwickau) ziemlich unterrepräsentiert sind, hält Klauß nur für ein Spiegelbild der strukturellen Lage in der Republik: „Wo das Geld sitzt, wird Bundesliga gespielt.“

Heidenheim und Cottbus etwa seien von der Größe her vergleichbare Städte. Während aber in der schwäbischen Provinz immerhin börsennotierte Unternehmen säßen, gebe es in der Lausitz eben nur „die Kreissparkasse Spree-Neiße“. Und deshalb dümpelt Energie, neben Dresden, Rostock, Leipzig und Union einer von bislang fünf Ostvereinen, die es irgendwann ins Oberhaus geschafft haben, nur noch in der Regionalliga umher, flankiert von den ehemaligen Zweitligisten Jena und Chemnitz.

Mit dem letzten DDR-Meister Rostock und dem achtmaligen Titelträger Dresden sind nun jene zwei Klubs, die zur Saison 1991/92 in die zwischenzeitlich auf 20 Vereine aufgestockte Bundesliga aufgenommen worden waren, zumindest in die 2. Liga zurückgekehrt. Hansa benötigte dafür neun Jahre, Dynamo konnte den jüngsten Sturz in die Drittklassigkeit prompt korrigieren, gilt mit drei Abstiegen in zehn Zweitliga-Jahren aber als Fahrstuhlklub.

Dynamo und der Teamspirit

Aktuell sieht es noch ganz gut aus für die Sachsen, die „mit viel Euphorie in die Saison gestartet sind“, wie Klauß weiß. Der Tabellenelfte verfüge über einen „sehr guten Teamspirit“ und könne gerade im Rudolf-Harbig-Stadion mit den enthusiastischen Fans im Rücken und einer hohen Spielintensität jeden Gegner vor Probleme stellen. „Wenn wir die Basis des Fußballs nicht gut hinbekommen, wird es besonders in Dresden sehr schwer“, mahnt Klauß. Und dann kann auch die persönliche Vorfreude ganz schnell verflogen sein.


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