Chancenverwertung

Kein Knipser, keine Party: Dem Club fehlt ein klassischer Torjäger

Uli Digmayer

Sportredaktion

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22.3.2022, 08:29 Uhr

Urplötzlich war Christoph Daferner da – und der Ball drin. Als Dynamo Dresdens wuchtiger Mittelstürmer kurz vor der Pause eine Hereingabe von Agyemang Diawusie vorbei an Christian Mathenia zum 1:1 ins Netz lenkte, bekam man beim 1. FC Nürnberg eine leise Ahnung davon, was es heißt, einen echten Torjäger in seinen Reihen zu haben. Daferners zwölfter Saisontreffer konterkarierte auf fast schon groteske Weise eine furiose halbstündige Nürnberger Sturm- und Drangphase, in der die Gäste „ganz schön unter die Räder gekommen“ waren, wie Trainer Guerino Capretti ehrlich eingestand.

Dass es statt 3:0 oder 4:0 aber nur 1:0 hieß, weil lediglich Fabian Nürnberger den Ball sehr sehenswert im Tor untergebracht hatte (12.), nahm in der Nachbetrachtung dieses Remis’ nicht ganz unerwartet breiten Raum ein. „Wir haben viel von dem umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten. Der einzige Makel war, dass wir den Sack nicht zumachen“, befand Trainer Robert Klauß und klagte, man hätte dieses Spiel einfach „frühzeitig killen müssen“.

Vor dem Tor fehlt es dem Club oft an Effektivität.

Vor dem Tor fehlt es dem Club oft an Effektivität. © Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / Daniel Marr

Just jener Killerinstinkt scheint dem Club in dieser Saison abzugehen. Was eben auch damit zu tun haben könnte, dass er als einziges Team aus dem oberen Tabellendrittel keinen Akteur vorweisen kann, der im zweistelligen Bereich knipst. Werder Bremen thront nicht zuletzt dank seines kongenialen Sturmduos Marvin Ducksch (16) und Niclas Füllkrug (14 Tore) an der Spitze. Der FC St. Pauli kann sich auf Guido Burgstaller (16) und Daniel-Kofi Kyereh (10) verlassen, in Darmstadt teilen sich Philipp Tietz (13) und Luca Pfeiffer (12) die Goalgetterpflichten. Auf Schalke hat sich Simon Terodde (19) zum Zweitliga-Rekordschützen gekürt, beim HSV ist derweil Robert Glatzel (15) in Teroddes Fußstapfen getreten.

Schäffler ohne Jokerglück

Nun hat auch der Club durchaus zwei Profis im Kader, die dem Anforderungsprofil des klassischen Knipsers sehr nahe kommen. Mit 47 Zweitliga- und 65 Drittliga-Toren hat Manuel Schäffler seine Qualitäten im Abschluss längst nachgewiesen, vergangene Saison brachte es der bullige Stoßstürmer immerhin noch auf zehn Treffer. Inzwischen aber scheint der 33-Jährige nicht mehr so recht zu Klauß’ Fußballidee zu passen, der Trainer bevorzugt in seinem 4-2-3-1-System eher einen wendigen, schnellen Stürmer wie Pascal Köpke. Gegen Dresden durfte Schäffler zwar noch als Joker ran, vergab aber spät den möglichen Siegtreffer.

Auch Erik Shuranov ist mit einem besonderen Torriecher ausgestattet und statistisch gesehen mit sechs Treffern immerhin Nürnbergs beste Offensivkraft, durchlebt aber derzeit die erste kleine Krise seiner noch jungen Profikarriere. Nach einer vielversprechenden Vorrunde scheint die Entwicklung des Junioren-Nationalspielers etwas zu stagnieren, wobei Formschwankungen für einen 20-Jährigen durchaus normal sind. Aktuell aber, das zeigte sich auch am Sonntag nach seiner Einwechslung, ist Shuranov keine große Hilfe, zumal er oft noch zu statisch agiert und zu wenig am Spiel teilnimmt.

40 Tore, 14 Torschützen

Natürlich muss es nicht unbedingt ein Nachteil sein, wenn eine Elf nicht nur von einem Spieler abhängig ist, sondern dafür in der Breite recht treffsicher aufgestellt. Immerhin 14 Profis haben in dieser Saison bereits für den Club getroffen, deren 40 Tore sind letztlich im direkten Vergleich mit der Konkurrenz aber wohl schlicht zu wenig, um höheren Ansprüchen zu genügen. Bei den letzten Aufstiegen profitierten die Franken übrigens stets auch vom Flow diverser Vollstrecker: 2018 waren es Hanno Behrens (14) und Mikael Ishak (12), 2009 Marek Mintal (16), 2004 ebenfalls Mintal (18) und Jacek Krzynowek (12), 2001 Martin Driller (11) und Louis Gomis (10). Ganz ohne Knipser geht es eben nicht.

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