Teil zwei des großen Interviews

Malys FCN: "Vielleicht hätten wir es damals schon wagen sollen"

22.10.2021, 14:00 Uhr
"Im Rathaus galt seit Urschlechter und Prölß die Regel: Halte dich als Politiker vom Club fern. Dagegen habe ich verstoßen. Aber mit Freude": Dr. Ulrich Maly.

© Sportfoto Zink / JüRa, Sportfoto Zink / JüRa "Im Rathaus galt seit Urschlechter und Prölß die Regel: Halte dich als Politiker vom Club fern. Dagegen habe ich verstoßen. Aber mit Freude": Dr. Ulrich Maly.

+++ Hier geht es zu Teil 1 des Interviews mit Dr. Ulrich Maly +++

Haben Sie eine Erklärung für das Misstrauen, ja für die Angst nicht weniger Menschen im Verein gegenüber Veränderungen?

Maly: Ich glaube nicht, dass es Misstrauen gegenüber dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat ist. Es ist schlichtweg Misstrauen gegenüber dem System Profifußball. Großkapitalismus mit all seinen negativen Begleiterscheinungen. Aber ich kann Ihnen versichern: In diesem Aufsichtsrat gibt es niemanden, der irgendwelche großkapitalistischen Phantasien hegt. Wir wissen um die DNA des Clubs, wir mögen sie auch. Und daran wird sich auch niemand versündigen.

Sie sagten, man müsse die „Widerstandsfähigkeit des Vereins“ stärken. Wie meinen Sie das konkret?

Maly: Wir müssen uns interne Prozesse und Strukturen beim 1. FC Nürnberg anzuschauen. Zum Beispiel: Wenn aus dem Nachwuchsleistungszentrum mehr Profispieler kommen, ist das gut für die Bilanz. Praktisch alles hat auch eine wirtschaftliche Komponente. Der größte Schritt, ohne Zweifel: Das Zurückholen der Vermarktung. Da jetzt wieder selber am Steuerruder zu stehen, ist für den Club eine Riesen-Chance.

Wie bedeutsam ist aus Ihrer Sicht das Stadion?

Maly: Sehr. Deswegen befindet man sich ja bereits in einem seriösen Prozess, in dem man alle Akteure zusammenkommen. Bald ist Kick-off für die Machbarkeitsstudie, die verschiedenste Interessen unter einen Hut bringen soll. Das Gelände da draußen ist räumlich begrenzt, es gibt bestimmte Anforderungen der Akteure. Richtig ist: Wenn das Stadion so bliebe, wie es gerade ist, müsste die Stadt auch einen Haufen Geld investieren. Das fängt beim Dach an und hört bei den Damentoiletten auf. Und, glauben Sie mir: Die Stadt kann auch rechnen, ich kenne den Harry Riedel lange und gut genug. Deshalb werden die sich genau überlegen, ob sie das Geld in der jetzigen Trägerform einbringen oder in anderer Form oder in keiner Form. Vorher muss allerdings geklärt sein: Welches Stadion wollen wir überhaupt? Was muss alles drin sein? Wie gehen wir mit dem Denkmalschutz um? Wie mit dem benachbarten ehemaligen Reichsparteitagsgelände? Erst wenn diese Fragen in einem öffentlichen Prozess beantwortet sind, wird’s eine gute Lösung geben.

Wollen Sie das neue Stadion jetzt vielleicht mehr als früher? Als Sie auf der anderen Seite noch selbst in der Verantwortung standen?

Maly: Ich habe es früher nicht nicht gewollt. Mir ging’s bestimmt nicht darum, dass die Stadt um jeden Preis Eigentümer des Stadions bleibt. Mir ging’s um die eben aufgezählten Fragen. Ist es mehrheitsfähig zu sagen: Die Leichtathletik muss weichen? Gibt’s Chancen für einen Neubau an einem anderen Standort, der verkehrstechnisch erschließbar wäre? Glaube ich nicht. So groß sind die Möglichkeiten der Stadt nicht. So etwas entscheidet ein Oberbürgermeister aber nicht nach seiner Gefühlslage, sondern lässt Fachleute ran.

Wie lief das im Juli 2007, bei ihrem Debüt im Aufsichtsrat? Infolge der Aufstockung zunächst ohne Wahl.

Maly: Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht mehr. Bestimmt hat mich der Klaus Schramm angesprochen, ich habe mich garantiert nicht angedient. Da bin ich mir relativ sicher. Im Rathaus galt seit Urschlechter und Prölß die Regel: Halte dich als Politiker vom Club fern. Dagegen habe ich verstoßen. Aber mit Freude.

Wie lange kann man Aufsichtsrat sein?

Maly: Ich möchte jedenfalls nicht wie einst Avery Brundage aus dem IOC hinausgetragen werden, als Hochbetagter. Im Moment kann ich mit meinen Talenten aber schon noch was beitragen. Die Delegierten haben es ja auch so gesehen, das hat mich sehr gefreut.

Was ist jetzt anders als 2011, 2013, 2015?

Maly: Die Kultur des miteinander Umgehens. Wir diskutieren fröhlich bis zur besten Lösung. Und haben mit Thomas Grethlein einen klasse Vorsitzenden.

Können Sie sich noch an ihre erste Wahl drei Monate später erinnern, im Oktober 2007? Als der heutige Bayerische Ministerpräsident nur mit ein paar Stimmen Vorsprung den Sprung ins Gremium schaffte? Wie eng ist sein Kontakt zum Club noch?

Maly: Wenn der Club häufig verliert, schreibt er mir gerne, dass der Aufsichtsrat schuld ist. Das war schon früher der running gag. Ich denke, er möchte jetzt einfach nur noch Fan sein.

Gab es in 14 Jahren eine Entscheidung im Aufsichtsrat, die Sie gerne rückgängig gemacht hätten?

Maly: Es wäre ziemlich selbstgerecht zu behaupten, alle Entscheidungen waren richtig. Auch ich habe einst für die Verlängerung des Sportfive-Vertrages gestimmt, damals allerdings noch mit gefesselten Händen. Vielleicht hätten wir es damals schon wagen sollen.


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