Ein Star, der keiner sein wollte: Fürth-Ass Bergmann ist tot

17.3.2020, 11:58 Uhr
Fürths großer Kapitän Bernhard Bergmann war nicht nur ballsicher, sondern auch zielstrebig und vor allem ein Fürther durch und durch.

© Foto: Kurt Schmidtpeter Fürths großer Kapitän Bernhard Bergmann war nicht nur ballsicher, sondern auch zielstrebig und vor allem ein Fürther durch und durch.

Er war zu gut für die zweite Liga, viel zu gut. Wer in den Siebzigern als Kind in den Fürther Ronhof kam, entdeckte ein Vorbild für das Spiel auf dem Bolzplatz oder im Garagenhof. Man wollte Bernhard Bergmann sein, und zu gerne hörte man dem eigenen Vater zu, wenn er von der großen Zeit des Fürther Fußballs erzählte, von Jahren, in denen das Kleeblatt, der dreimalige deutsche Meister, stilbildend für das ganze Land war. Als Fußball noch in erster Linie wie eine Kraftanstrengung aussah, verblüffte Fürth mit einem kunstvollen Spiel – zu Zeiten, die aber selbst Papa nur vom Hörensagen kannte.

Wenn Bernhard Bergmann im Trikot mit der berühmten Quelle-Hand, dem Logo des damals noch großen Versandhauses, spielte, konnte man ahnen, wie das ausgesehen haben könnte. Der Libero der Spielvereinigung Fürth war vielleicht der beste jener deutschen Fußballer, die nie erstklassig spielten; sein Spiel, getragen von einer brillanten Ballbehandlung und bemerkenswerter strategischer Klugheit, strahlte Leichtigkeit und Eleganz aus, welch guter Zweikämpfer er war, fiel manchmal gar nicht mehr richtig auf.

"Franz Beckenbauer des Ronhofs"

Dass es ein damals sehr bekannter Fürther Journalist namens Konrad Vogelsang war, der Bergmann als den "Franz Beckenbauer des Ronhofs" feierte, passt ganz wunderbar ins Bild dieses schmächtigen, filigranen Fußballers, der das Kleeblatt so beflügelte. Bernhard Bergmann aus Roth-Eckersmühlen wäre, hätte er es denn gewollt, wahrscheinlich ein Fußballstar geworden, als dieses Wort noch längst nicht so inflationär verwendet wurde wie heute.

Es waren ganz andere Zeiten. Bergmann war schon 21 Jahre alt, als ihn die Fürther 1970 beim TSV Schwabach entdeckten, die Geschichte vom Probetraining wurde bald legendär. "Ich hab’ dem Peter Löwer einfach drei reingehauen, dann haben sie mich genommen", so hat er sie gern erzählt, wobei man dazusagen muss, dass der Torwart Peter Löwer eine Art Sepp Maier des Ronhofs war.

Es gibt Fußballmannschaften, die man nie vergisst, meistens sind es die aus der Kindheit. Löwer, Bergmann, davor die Verteidiger Helmut Klump und Hermann Grabmeier – man liebte das Kleeblatt sehr in diesen Jahren; die Radtouren mit Papa in den Ronhof, die Gegengerade unter den alten hohen Pappeln, der Sand auf den Steinstufen, es sind bleibende Erinnerungen.

"Der hätte Fürth nie verlassen"

Es dauerte nicht lange, bis Bernhard Bergmann weit über Fürth hinaus auffiel, mindestens 14 Angebote aus der Bundesliga sollen es gewesen sein, darunter das des Nachbarn, des damaligen deutschen Rekordmeisters. Nürnbergs großer Kapitän in diesen Jahren war Dieter Nüssing, mit Bernhard Bergmann war er gut befreundet, kein Derby ging ohne ein gemeinsames Bier im Grünerbräustüberl zu Ende – aber, das erzählt Nüssing, "ich konnte an ihn hinreden, wie ich wollte, der Bernhard war ein Fürther durch und durch, der hätte Fürth nie verlassen".

"Manchmal fahre ich rüber in den Ronhof, gehe auf den Rasen, schaue mich im leeren Stadion um und denke an die alten Zeiten", hat Bergmann später einmal erzählt – man ahnte, was es ihm bedeutete, man verstand, warum man selbst so viel damit verband – und was Fußballfreunde so berühren kann.

Vereinsrekord für die Ewigkeit

Nur vom Fußball leben wollte Bergmann nie. Seinen Beruf als Betriebsprüfer beim Finanzamt mochte der Familienvater nicht aufgeben, als Halbprofi trug er nie ein anderes Trikot als das der Fürther. Er hätte mit dem Fußball viel Geld verdienen können, aber der beste Fürther seit der frühen goldenen Ära zwischen 1914 und 1929 spielte lieber unter den alten Pappeln – und wollte noch nicht einmal im Ronhof ein Star sein.

"Das Wichtigste am Fußball", sagte Bergmann, "sind für mich Geselligkeit und Kameradschaft." Seine 660 Spiele für das Kleeblatt zwischen 1970 und 1983, die meisten bestritten als Kapitän, bedeuten einen Vereinsrekord für die Ewigkeit; erst nach der Karriere warb Dieter Nüssing den alten Freund doch noch ab – für die Altherren-Mannschaft des 1. FC Nürnberg. Nüssing hat Bergmann noch oft besucht, als es ihm schon schlecht ging. Nach langer Krankheit ist Bernhard Bergmann im Alter von 71 Jahren gestorben.