10 aus 495: Patrick Reimers größte Spiele als Ice-Tigers-Kapitän

17.4.2021, 08:20 Uhr
Die erste von vielen Ehrenrunden: Zusammen mit Tim Schüle genießt Reimer den ersten Heimsieg nach dem ersten Spiel mit den Ice Tigers. 

© Sportfoto Zink / MaWi Die erste von vielen Ehrenrunden: Zusammen mit Tim Schüle genießt Reimer den ersten Heimsieg nach dem ersten Spiel mit den Ice Tigers. 

Spiel 1, 16. September 2012: 4:3 gegen Hamburg

Alles neu in Nürnberg, auf die schlechteste Saison seit mehr als einem Jahrzehnt sollte nicht weniger als eine Wiedergeburt folgen. Im ersten Saisonspiel galt Jeff Tomlinson noch als junger, innovativer Trainer und Patrick Reimer nur der prominenteste von vielen Zugängen. Vor dem ersten Spiel aber wurde dem damals 31 Jahre Stürmer bereits das C aufs Trikot genäht. Reimer kam nach Nürnberg, um Verantwortung zu übernehmen, und hatte deshalb andere, auch finanziell interessantere Angebote ausgeschlagen. Im ersten Spiel gelang ihm das Kunststück bei drei Nürnberger Toren auf dem Eis zu stehen – ohne sich an deren Entstehung direkt zu beteiligen.

Spiel 33, 5. Januar 2013: 4:3 gegen Berlin, 1 Tor

Und 50.000 Menschen jubeln: Reimer trifft auch im Winter Game. 

Und 50.000 Menschen jubeln: Reimer trifft auch im Winter Game.  © Sportfoto Zink / MaWi

Tomlinson war nicht mehr Trainer der Thomas Sabo Ice Tigers, was vor allem an dem Mann lag, der den Ice Tigers seinen Namen geliehen und der DEL ein grandioses Ereignis geschenkt hatte. Das Winter Game im Nürnberger Frankenstadion vor 50.000 Fans, die aus ganz Deutschland nach Nürnberg gekommen waren, war ein fulminanter Erfolg – trotz Nieselregen und Novemberwetter im Januar. Für Patrick Reimer war es vor allem: eine Erlösung. Er hatte dem Winter Game sein Gesicht geliehen, er war „Pressesprecher“ des ersten Freiluftspiels in der DEL, Posterboy und, ja, natürlich, auch Torschütze. Reimer war es, der den Berliner Torhüter Rob Zepp mit einem Schuss von der Torlinie überwand. Ein echter Reimer, natürlich.

Spiel 99, 2. Februar 2014: 5:3 gegen Straubing, 4 Punkte

Aus dem Weg: Reimer auf dem zu einem von vier Scorerpunkten. 

Aus dem Weg: Reimer auf dem zu einem von vier Scorerpunkten.  © Sportfoto Zink / MaWi

Reimer war immer ein herausragender Scorer, auch als körperlich noch so gar nicht auffiel. Sein Jugendtrainer in Kaufbeuren, Jogi Koch, sagt: „Der Patrick kam, sah und siegte.“ Und er sagt, dass der Reimer bereits konnte, was man vielen Eishockeyspielern niemals wird beibringen können. Reimer ist ein Zocker, ein Instinktspieler, ein Spieler – im besten Sinne des Wortes. Zwischen dem 10. Januar und dem 21. Februar 2014 führte er das besonders eindrucksvoll vor. In zehn Spielen sammelte er 22 Scorerpunkte, Höhepunkt war der 5:3-Sieg gegen Straubing, bei dem er zwei Tore schoss und zwei weitere vorbereitete. Beim fünften stand er auch auf dem Eis. Natürlich. Um Martin Jiranek auch als Rekord-Vorbereiter der Ice Tigers abzulösen, fehlen Reimer übrigens noch elf Assists.

Spiel 173, 13. September 2015: 2:4 gegen Köln, 1 Tor

Einer von zehn Schüssen: Keiner hält Torhüter so beschäftigt wie Reimer. 

Einer von zehn Schüssen: Keiner hält Torhüter so beschäftigt wie Reimer.  © Sportfoto Zink / MaWi

Zug zum Tor – noch so etwas, was man der Nummer 17 nicht beibringen musste. Reimer war in vielen Jahren der DEL-Stürmer, der die meisten Schüsse auf gegnerische Torhüter abgegeben hat. Das lag natürlich an den Vorlagen von Steven Reinprecht, seinem kongenialen Mittelstürmer. Reimer wusste aber auch immer, wie er selbst zum Abschluss kam. Bei der Niederlage gegen Köln wurden zehn Schüsse für Reimer notiert – ein herausragender Wert, den er in der Saison 2015/2016 noch dreimal erreichen sollte. Davor und danach aber nie mehr.

Spiel 233, 8. April 2016: 3:2 gegen Wolfsburg, 1 Tor

Endlich: In der 87. Minute entscheidet Reimer Marathon-Playoff-Spiel in Wolfsburg.

Endlich: In der 87. Minute entscheidet Reimer Marathon-Playoff-Spiel in Wolfsburg. © Sportfoto Zink / cp24

Reimer kann wichtige Tore. Ohne seinen Overtime-Treffer im Viertelfinale gegen Schweden würde Eishockey-Deutschland noch heute von einer Silbermedaille in einem Olympischen Eishockey-Turnier träumen. Bei der Weltmeisterschaft 2011 gelingt ihm das 2:0 gegen Russland – es war der erste WM-Sieg einer deutschen Mannschaft gegen die einstmals übermächtige Sbornaja. Mit den Ice Tigers in den Playoffs aber lief es nicht immer gut, zumindest für ihn persönlich. Nürnberg erreichte dreimal das Halbfinale, zweimal war Wolfsburg Endstation, einmal Berlin. Aber an diesem einen Abend in Wolfsburg bewies der Kapitän, dass er natürlich auch Playoff-Spiele in der DEL entscheiden kann. 86 Minuten waren in einem knallharten Abnutzungskampf bereits gespielt, als Reimer alleine auf den Wolfsburger Torhüter zufuhr. In seinen Augen konnte man sehen, dass er treffen würde – und genau das machte er dann auch.

Spiel 237, 23. September 2016: 3:4 gegen Straubing, 3 Tore

Reimers erster und bislang einziger Hattrick im Trikot der Ice Tigers.

Reimers erster und bislang einziger Hattrick im Trikot der Ice Tigers. © Sportfoto Zink / MaWi

So viele Tore hat Reimer für die Ice Tigers geschossen, mittlerweile unfassbare 208. Aber nur in einem Spiel hat er dreimal getroffen. Im Eishockey nimmt man es mit den Begrifflichkeiten nicht ganz so ernst, drei Tore sind, egal, wann und wie erzielt, ein Hattrick. Gegen Straubing gelang Reimer der einzige Hattrick in seiner langen Zeit in Nürnberg. Das Spiel Reimer gegen Straubing ging trotzdem verloren. Sehr wahrscheinlich hätte er auf den Hattrick gerne verzichtet.

Spiel 354, 8. April 2018: 2:3 gegen Berlin

Die Leere nach dem Aus: Das 2:3 gegen die Eisbären war zugleich Reimers letztes Spiel an der Seite von Steven Reinprecht. 

Die Leere nach dem Aus: Das 2:3 gegen die Eisbären war zugleich Reimers letztes Spiel an der Seite von Steven Reinprecht.  © Sportfoto Zink / ThHa

Ein bitteres Playoff-Spiel, in dem zwei Nürnberger von Berliner Spielern verletzt wurden, nur ein Nürnberger aber zum Duschen geschickt wurde. Danach schimpften alle, aber nur Thomas Sabo öffentlich. Es war eigentlich kein schönes Ende einer grandiosen Zeit. Denn das 2:3 gegen die Eisbären war Steven Reinprechts letzter Versuch, sich mit einem Titel aus Nürnberg zu verabschieden. Der Kanadier kam erst im Dezember 2018 wieder, um zuzusehen, wie sie sein Trikot mit der Nummer 28 unter das Hallendach ziehen. Es war eine große Zeremonie, die auch Reinprechts einzigartiger Flügelspieler irgendwann aus der Perspektive des Hauptdarstellers erleben wird. Die Nummer 17 wird in Nürnberg nach Patrick Reimer auch niemand mehr tragen.

Spiel 461, 8. März 2020: 3:2 gegen Düsseldorf, 2 Tore

Der letzte Höhepunkt: Reimer trifft, danach kam Corona. 

Der letzte Höhepunkt: Reimer trifft, danach kam Corona.  © Sportfoto Zink / ThHa

Es war ein besonderes Spiel, auch wenn man das an diesem Sonntagnachmittag noch nicht wusste. Patrick Reimer entschied das abschließende Hauptrundenspiel gegen seinen zweiten Lieblingsklub ganz alleine, doch während sich die volle Arena Nürnberger Versicherung noch über Reimers Siegtreffer und auf die Playoffs freute, verbot Markus Söder alle Großveranstaltungen in Bayern. Bis heute war es das letzte Eishockeyspiel vor Zuschauern. Und so bitter das ist, ein besseren Siegtorschützen hätte man sich für diese Partie nicht wünschen können.

Spiel 495, 14. April 2021: 3:4 gegen Berlin, 1 Tor

Was für ein Auftritt: Unvorstellbar, hätte Reimer in Berlin auch noch im Penalty-Schießen getroffen. 

Was für ein Auftritt: Unvorstellbar, hätte Reimer in Berlin auch noch im Penalty-Schießen getroffen.  © Uwe Koch/Eibner-Pressefoto via www.imago-images.de

Es war keine Saison, weder für die Nürnberg Ice Tigers noch für Patrick Reimer. An diesem Abend in Berlin aber strahlte Reimer, kämpfte Reimer, war Reimer überall – und natürlich traf Reimer auch. In seinem Rekordspiel bewies der Kapitän, wie wichtig er seinen Ice Tigers auch im Alter von 38 Jahren noch sein kann.

Spiel 500, hoffentlich irgendwann im September 2021

Patrick Reimer hat noch ein Jahr Vertrag in Nürnberg, wie wichtig und richtig diese Entscheidung wird man erst beurteilen können, wenn Patrick Reimer wieder vor Zuschauern wird auflaufen dürfen. Einen größeren Kapitän hat es im Nürnberger Eishockey, vielleicht noch nicht einmal im Nürnberger Sport gegeben. Einen Rekord aber wird er in seiner Zeit als Ice Tiger nicht mehr brechen – egal, wie lange er noch spielen wird. In der Rangliste der bösen Buben belegt Reimer nach neun Spielzeiten nur Platz zwölf mit exakt 300 Strafminuten. Johnny Craighead saß 576 Minuten auf der Strafbank, in nur drei Saisons.

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