Abstiegskampf in Liga zwei: Die Geschichte warnt den FCN

4.12.2019, 05:45 Uhr
Abstiegskampf in Liga zwei: Die Geschichte warnt den FCN

© Sportfoto Zink / DaMa

In den letzten fünf Monaten des Jahres geht es meist hoch her beim 1. FC Nürnberg. Elfmal hat der fränkische Traditionsverein in den 33 Jahren seiner Bundesliga-Zugehörigkeit zwischen Ende August und Silvester den Trainer gewechselt, in 22 Spielzeiten in der Zweitklassigkeit achtmal - Interimskonstellationen nicht mitgezählt.

Geschichtsträchtig, wenn man so will, war gleich der erste Vorgang dieser Art am Valznerweiher: Am 30. Oktober endete die Ära von
Herbert Widmayer, der sich nach vier Niederlagen am Stück, darunter zwei 0:5- Packungen gegen 1860 München und den 1. FC Kaiserslautern, einer regelrechten Hexenjagd ausgesetzt sah. Der spätere DFB-Trainer wurde anonym beleidigt und bedroht, ehe die Vereinsführung die Reißleine zog. Seine Demission ging als die erste Trainerentlassung überhaupt in die Bundesliga-Annalen ein.

Entenmann und der Herbst

Die zweifellos spektakulärste Amtsenthebung traf gut 30 Jahre später Willi Entenmann: Nach einem über Monate schwelenden Zerwürfnis mit dem damaligen Präsidenten Gerhard Voack verlor er am 9. November 1993 seinen Job – wenige Stunden nach einem 2:0-Sieg gegen den FC Bayern.

Als der vor einigen Jahren verstorbene Schwabe im Sommer 1996 erneut in der Noris anheuerte, um den Club durch die damals drittklassige Regionalliga Süd zu lotsen, begrüßte ihn Vereinschef Michael A. Roth augenzwinkernd mit dem Worten: "Wenn Sie irgendwann mal wieder gegen die Bayern gewinnen, werfen wir Sie bestimmt nicht raus!" Entenmanns zweites Club-Engagement endete nach der Rückkehr in die zweite Liga mit einer 1:4-Pleite bei Eintracht Frankfurt - im Herbst 1997.

Abgänge und Missverständnisse

Nicht alle Fußball-Lehrer, die dem Club im Herbst den Rücken kehrten, wurden gefeuert - Willi Reimann (1998), Thomas von Heesen (2008) und Dieter Hecking (2012) gingen freiwillig. Die Liste der Geschassten zieren auch Aufstiegstrainer wie Werner Kern (1978), Wolfgang Wolf (2005) und Michael Oenning (2009). Auch Vereins-Urgestein Michael Wiesinger (2013) wurde Opfer eines heißen Herbstes. Ebenso Jeff Vliers (1979), Valérien Ismaël (2014) und vor wenigen Wochen Damir Canadi, die der Kategorie "großes Missverständnis" zuzuordnen sind.

Ein weitgehend unbekanntes Tagesgeschäft

Canadis Nachfolger Jens Keller muss sich in einer Disziplin beweisen, mit der der 1. FC Nürnberg in seiner 119-jährigen Geschichte erst zweimal (!) ernsthaft zu tun hatte: Zweitliga-Abstiegskampf heißt nunmehr das Tagesgeschäft angesichts der mickrigen 15 Punkte aus den bisherigen 15 Spielen und dem daraus resultierenden Relegationsplatz 16. Vergleichbare Krisenszenarien gab es für die permanenten Bundesliga-Abstiegskämpfer lediglich in den Spielzeiten 1994/95 und 1995/96.

Träume vom Wiederaufstieg und ein Horroszenario

Nach dem Bundesliga-Abstieg vor 25 Jahren musste der Club nicht nur einen personellen Aderlass (u. a. Andreas Köpke, Sergio Zarate, Alain Sutter, Christian Wück) über sich ergehen lassen, ihm wurde in erster Instanz obendrein die Lizenz verweigert. Mit zehn verbliebenen Bundesliga-Profis träumte man dennoch vom sofortigen Wiederaufstieg. Doch das Team von Trainer Rainer Zobel, der kurz vor Jahresende entlassen und durch Günter Sebert ersetzt wurde, rettete sich nur, weil Zweitliga-Konkurrent Saarbrücken und Erstligist Dynamo Dresden die Lizenz entzogen wurde.

Wegen diverser Verstöße gegen die Auflagen wurde der Club für die Saison danach mit einem Abzug von sechs Punkten gelegt. Restlos überfordert scheiterten die mit 15 Abgängen und elf Zugängen "runderneuerten" Franken mit Trainer Hemann Gerland sang- und klanglos im Abstiegskampf und stürzten erstmals in die Drittklassigkeit ab. Ein Horrorszenario, an das sich wohl spätestens seit letztem Samstag vor allem die älteren Club-Fans erinnern dürften.

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