Am Schiedsrichter-Job unglaublich gewachsen

14.1.2019, 10:32 Uhr
Am Schiedsrichter-Job unglaublich gewachsen

© F.: Oliver Gold/Zink

Herr Rösch, als Schiedsrichter muss man sich jedes Wochenende bei jedem Wetter auf den Fußballplatz quälen – und darf sich dort im schlimmsten Fall auch noch von Zuschauern bepöbeln lassen. Warum also sollten junge Leute Schiedsrichter werden wollen?

Rösch: Im Einzelfall kann das natürlich passieren, das will ich nicht bestreiten. Aber das ist doch genau der Grund, warum man es machen sollte – und warum auch ich mich dafür entschieden habe.

 

Das müssen Sie erklären.

Rösch: Ich bin an diesem Job mental unglaublich gewachsen. Gerade, wenn man mit solchen Situationen konfrontiert wird, lernt man, mit Stress umzugehen. Und beim Wetter wird man auch abgehärtet. Es ist eine sportliche Betätigung, die einen unglaublich weiterbringt.

 

Aber eine, die zeitaufwändig ist.

Rösch: Die Erfahrungen bringen einem aber auch später im Berufsleben etwas. Man verliert zum Beispiel das Lampenfieber, wenn man mal einen Vortrag halten muss. Man steht gerade zu Beginn in den unteren Ligen als einziger auf dem Platz und muss allein entscheiden. Das ist sicher nicht einfach, aber je länger man es macht, desto sicherer wird man.

 

Solche Vorzüge haben sich aber offenbar noch nicht herumgesprochen. Im Schiedsrichterwesen herrscht großer Nachwuchsmangel.

Rösch: Ja, aber das Problem ist in den ländlichen Gebieten noch etwas stärker ausgeprägt als in den Städten. In der Schiedsrichter-Gruppe Fürth haben wir eine ganze Bandbreite an jungen Leuten, die Bock auf den Job haben. Trotzdem suchen wir auch in dieser Altersklasse Verstärkung. Das größere Problem ist der Mangel an Schiedsrichtern im Alter zwischen 30 und 50. Also Menschen, die sich nach der Fußballkarriere für den Schiedsrichterjob begeistern könnten. Davon gibt es in ganz Bayern zu wenig.

 

Wie kann man die gewinnen?

Rösch: Finanziell ist das schwierig. Für die jungen Schiedsrichter sind die Spesen ein schönes Taschengeld, für ältere Kollegen genügen sie natürlich nicht, um sich eine Existenzgrundlage aufzubauen. Daran ändert auch die kürzlich erfolgte Spesenerhöhung nichts. Es ist und bleibt im Amateurfußball ein Hobby und ein Ehrenamt. Da kann man höchstens versuchen, dem Einzelnen in seinen Bedürfnissen noch besser entgegen zu kommen.

 

Zuletzt gab es vermehrt Kritik an Amateur-Schiedsrichtern. Manuel Döllfelder, Torwart des Bezirksligisten ASV Fürth, hat sich etwa beklagt, dass die Qualität der Unparteiischen extrem nachgelassen habe und dafür einige Zustimmung geerntet.

Rösch: Ich will nicht bestreiten, dass es Schiedsrichter gibt, die mal schlechte Entscheidungen treffen. Aber keiner macht das absichtlich. In den Ligen, in denen Herr Döllfelder tätig ist, kommt keiner auf den Platz und sagt: Hey, denen mache ich heute das Spiel kaputt. Ich tue mich schwer, wenn jemand generelle Kritik am Schiedsrichterwesen übt. Denn wer selbst noch nicht drin war, versteht nicht, wie viel unbezahlte Arbeit da drin steckt, um junge Leute auszubilden und bei der Stange zu halten. Ich würde Herrn Döllfelder vorschlagen, sich selbst als Schiedsrichter im Leistungsbereich zu versuchen. Man kann Kritik üben, aber dann sollte man überlegen, ob man nicht helfen kann, es besser auf die Reihe zu bekommen. Ich bin da für jeden Vorschlag offen.

 

Hat das möglicherweise sinkende Niveau auch damit zu tun, dass es zu wenige Schiedsrichter ab 30 gibt?

Rösch: Definitiv. Ein Bezirksliga-Schiri, der 40 ist und zehn Jahre in der Liga gekickt hat, hat eine andere Akzeptanz. Aber oft muss man sich früh entscheiden, ob man Schiedsrichterei betreiben oder Fußball spielen möchte, weil beides zusammen zu zeitaufwändig wird und terminlich meist nicht zusammenpasst. Wenn man selbst mal gekickt hat, kennt man die Spielertypen und weiß, wie man sie anspricht. Als junger Schiedsrichter muss man das erst lernen.

 

Haben Schiedsrichter, die selbst lange gekickt haben, ein besseres Spielverständnis?

Rösch: Durchaus. Wobei ich finde, dass man das im Jugendfußball auch schon lernt. Für ein Grundverständnis von Fußball muss man nicht in der Bezirksliga gekickt haben. Und das kann einem auch beigebracht werden. Wir in der SRG Fürth machen zum Beispiel Videoschulungen, in denen wir Spielsituationen zeigen, um zum Beispiel auf gute Laufwege für Schiedsrichter hinzuweisen.

 

Auch arrogantes Auftreten ist ein häufig geäußerter Kritikpunkt an Unparteiischen im Amateurfußball.

Rösch: Es ist unfassbar schwer, für einen 16-Jährigen mit einem 30-Jährigen auf dem Platz zu kommunizieren, ohne dass es arrogant wirkt. Man kommt schnell in Stresssituationen - und in denen passiert es schnell, dass man Dinge sagt, die man so nicht sagen sollte und die dann nur noch das Öl im Feuer sind. Damit sind wir Schiedsrichter ja selbst nicht zufrieden. Die Kritik ist berechtigt, aber manchmal fehlt mir da ein bisschen das Verständnis der Vereine: Man kann von jungen Schiris nicht erwarten, aufzutreten wie FIFA-Schiedsrichter. Die müssen an solchen Dingen erst wachsen. Die Persönlichkeit, die man dazu braucht, ist nicht von Anfang an da. Das ist ein Lernprozess.

 

Ist es bei Ihrem Neulings-Lehrgang Voraussetzung, Fußball gespielt zu haben?

Rösch: Nein, der richtet sich an alle, die sich für Fußball interessieren. Voraussetzung ist, dass man 14 Jahre alt ist oder es im Lauf des Jahres wird. Man braucht einen Verein, wir suchen aber auch gerne einen für den Bewerber. Gerade weibliche Interessentinnen suchen wir händeringend. Die haben eine wesentlich höhere Aufstiegschance, weil die Konkurrenz nicht so groß ist. Und natürlich ist es super, Fußball gespielt zu haben. Aber auch die, die noch nie gespielt haben, kriegen wir so hin, dass sie ein Spiel ordentlich pfeifen.

Der Schiedsrichter-Neulingslehrgang findet vom 22. bis 24. März am Nachwuchsleistungszentrum der SpVgg Greuther Fürth statt. Anmeldung unter lehrgang.srg-fuerth.de. Kontakt: lehrwart@srg-fuerth.de

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