American Football in der Krise? Das sagen Sharks, Gechers und Rhinos

14.12.2020, 06:02 Uhr
American Football in der Krise? Das sagen Sharks, Gechers und Rhinos

Der erste Runde Tisch im American Football zwischen der Stadt Erlangen und dem Landkreis muss virtuell stattfinden. Theofanis Triantafillos, Abteilungsleiter der Hemhofen Gechers, trägt einen Weihnachts-Pulli in der Zoom-Konferenz und trinkt Cola. Niklas Benz von den Herzo Rhinos hat sich extra einen Hintergrund mit Vereinslogo erstellt. Sabrina Deckert vertritt ohne viel Schnickschnack als Team-Managerin die Erlangen Sharks in der Runde.

Hunderte Zuschauer, große Halbzeit-Shows: Die Football-Derbys der vergangenen Jahre haben viel Leben in den Lokalsport gebracht. Wird es so etwas auch nach der Krise noch geben?

Niklas Benz (Herzo Rhinos): Davon bin ich überzeugt. Natürlich ist die Situation nicht einfach, der Saisonstart stand kurz bevor. Für uns wäre es die erste Saison in der Landesliga gewesen. Dann kam der Lockdown.

Sabrina Deckert (Erlangen Sharks): Ich glaube auch: Sobald der Sport allgemein wieder möglich sein wird, werden wir wieder gut besuchte Spieltage haben. Es sprießen immer mehr Mannschaften hervor, die Region wird im Football immer vernetzter.

Haben Ihre Teams Spieler verloren?

Das Derby der Sharks ist das gegen die Franken Timberwolves.

Das Derby der Sharks ist das gegen die Franken Timberwolves. © Sonja Och, NN

Theofanis Triantafillos (Hemhofen Gechers): In der Zeit zwischen den Lockdowns, als jeder raus wollte, haben wir 15 neue Spieler bekommen. Aber zu "Lockdown light"-Zeiten ist wieder ein kleiner Hänger drin. Das ist auch verständlich, denn es fehlt momentan ein Ziel.

Deckert: Bei uns sind viele dazu gekommen. Und das, obwohl kein Vollkontakt-Training möglich war. Wir haben durch die Uni großen Zulauf. Mit jedem Semester erneuert sich unser Team. Die Begeisterung ist immer noch da.

Benz: Auch bei uns ist es so. Wir haben trotz Corona einen regen Zulauf und kaum Abgänge.

"Viele unterschätzen den Aufwand"

Es hieß ja immer, American Football ziehe Leute an, die sonst nicht so viel Sport gemacht haben. Ist das auch jetzt noch so, wo der Sport etablierter ist?

Deckert: Dadurch, dass American Football so vielseitig ist, motiviert es sicher Leute, die in anderen Mannschaftssportarten durchs Raster gefallen wären. Ich persönlich würde auch nicht zum Ballett gehen, weil da der Body Mass Index nicht passt. Es ist aber nicht so, dass man nur neue Spieler hat, die noch nie Sport gemacht haben. Viele unterschätzen den Aufwand aber.

Benz: Der Football wirbt nicht umsonst mit dem Spruch, für jeden eine Position zu finden. Ich stimme aber zu, dass viele die Position Line unterschätzen. In der Profiliga wiegen die Leute da 140 Kilo. Die laufen aber 40 Meter in fünf Sekunden.

Deckert: Es kommen auch manchmal Leute, die sind dünn und ich denke: Wow, der muss schnell sein. Und dann ist der nach 40 Yards schon am Keuchen. Und es gibt Jungs, die wiegen 120 Kilo und rennen zwei Stunden auf und ab und können danach noch eine Stunde trainieren.

Das heißt, in der Krise sind die vermeintlichen Gelegenheitssportler nicht als Erste abgesprungen?

Deckert: Bei uns zumindest nicht.

Triantafillos: Das Gute ist, dass nicht nur unser Sport lahmgelegt ist. Dadurch gibt es nicht viele Möglichkeiten, anderes auszuprobieren.

Football ist ein sehr taktischer Sport. Kann man da so einfach wieder loslegen?

Wenn die Rhinos spielen, ist beim ASV Herzogenaurach immer viel los - auch in Sachen Zuschauer.

Wenn die Rhinos spielen, ist beim ASV Herzogenaurach immer viel los - auch in Sachen Zuschauer. © Thomas Welker, NN

Benz: Sechs bis acht Wochen braucht man schon. Theorie kann man auch viel online machen. Normalerweise hätte man dafür nie so viel Zeit, das ist auch eine Chance.

Deckert: Sechs Wochen, das wären zwölf Trainings, das ist das Minimum. Ich halte eher drei Monate für realistisch. Momentan ist die beste Zeit, um so ein Playbook auseinanderzunehmen. Bei vielen Teams ist das so komplex, dass es für Neulinge nicht zu durchschauen ist.

Nervt das die Spieler nicht, dass sie seit Monaten niemanden umrennen können?

Deckert: Als zwischendurch Kontakttraining möglich war, sind überall die Herzen aufgegangen (lacht).

"Die Region ist groß genug"

In der WhatsApp-Gruppe zur Organisation dieses Treffens wurde schon gefrotzelt. Wie groß ist die Rivalität?

Deckert: Rivalität, ich weiß nicht. Was manchmal aufstößt, ist, wenn übergreifend Werbung gemacht wird, aber das ist auch nur Spaß untereinander. Unsere Schiedsrichter gehen supergerne zu den Gechers. Die Nachfrage und die Region sind groß genug.

Triantafillos: Jeder Verein hat seine eigene Identität und achtet auf andere Sachen. Da kann sich jeder Spieler aussuchen, was ihm gefällt. Die ersten Derbys gegen die Rhinos haben wir das natürlich ein bisschen aufgebaut, wir wollen ja zeigen, was unser Sport draufhat und ein bisschen Show machen.

Benz: Eine gesunde Rivalität im Landkreis ist nichts Schlechtes. Jeder Verein kann nur für sich das Maximum rausholen. Davon lebt der Sport. Die Rivalität zwischen Gechers und Rhinos haben bei den Heimspielen für beide Vereine etwas Gutes gebracht.

Und es gibt immer neue Teams. Ist Platz für alle Vereine in Stadt und Landkreis?

Benz: Die Region ist doch wirtschaftlich stark genug. Football ist immer noch ein Exotensport. Da ist es wichtig, dass man einen soliden Hauptverein hat, der mit Herzblut dahinter steht und sich freut, wenn 500 bis 800 Zuschauer zu den Heimspielen kommen. Am Ende gewinnt der Verein, der das beste Programm hat.

American Football in der Krise? Das sagen Sharks, Gechers und Rhinos

© Foto: privat

Deckert: Man braucht auf jeden Fall den Rückhalt im Verein. Wir haben mit der SpVgg einen sehr etablierten Verein in Erlangen. Da ist für jede Sportart Begeisterung da. Von der Planung her ist es für uns natürlich nicht ganz so einfach wie beim ASV. Football ist da am größten, oder?

Benz: Ja. Wir sind mit Fußball mittlerweile ein Zwei-Sparten-Verein beim ASV. Wir haben 2018 mit 20 Leuten angefangen und sind jetzt bei etwa 180.

Deckert: Wir müssen uns mit den Fußballern absprechen, die die größte Abteilung stellen. Aber da ist viel Bereitschaft da. Vor zwei Jahren hatten wir das Halbfinale der 2. Damen-Bundesliga. Da haben die Fußballer ein wichtiges Spiel abgesagt, damit wir das Stadion haben können.

"Im Dorf ist es vielleicht ein bisschen schwieriger"

Wie ist das in Hemhofen auf dem Land?

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© Foto: privat

Triantafillos: Ich war gerade sehr überrascht, dass Football beim ASV schon die größte Abteilung ist. Denn beim Fußball gibt es ja die vielen Jugendmannschaften. Wir haben inzwischen 140 Mitglieder und sind nach Fußball die zweitgrößte Abteilung. Im Dorf ist es vielleicht ein bisschen schwieriger. Am Anfang war es so, dass da eben mal ein Typ mit dem Rasenmäher kommt und sagt: Was macht ihr da, ich wollte den Platz für den Fußball vorbereiten? Aber der Verein kommt uns sehr entgegen. Und auch die Alteingesessenen respektieren inzwischen, was wir aufgebaut haben.

Deckert: Footballer bringen auch eine andere Mentalität in die Vereine. Wenn man sieht, was sich um die Rhinos in Herzogenaurach alles entwickelt hat. Bevor die Footballer kamen, hat sich niemand für das wunderschöne alte Tor am Platz interessiert. Jetzt ist alles hergerichtet worden. Wenn man sich einbringt, bekommt man die Barriere mit den älteren Herren auch weg. Wenn man sich gut stellt mit dieser Cosa Nostra (lacht), die jeder Verein hat, dann kommt man auch voran.

Die Rhinos haben jetzt ein Frauenteam. Wie man hört, ist das halbe Team der Rams zu Ihnen gewechselt, Herr Benz?

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Benz: Das ist die freie Entscheidung der Spielerinnen. Das kann keiner beeinflussen. Es gibt im Umkreis ja genügend andere Teams, zu denen sie hätten gehen können.

Wann werden die Gechers ein Frauenteam bekommen, Herr Triantafillos?

Die beiden anderen lachen.

Triantafillos: Wir haben uns mit dem Thema bislang noch nicht beschäftigt, ehrlich gesagt. Wir hatten auch nicht das Glück, dass 20 Spielerinnen auf einmal entscheiden, zu uns zu kommen. Scherz beiseite, megastarke Arbeit, was Herzogenaurach da auf die Beine gestellt hat. Wir lassen das auf uns zukommen. Wenn der Zeitpunkt kommt, werden wir uns gut um die Mädels kümmern.

Deckert: Frauen sind die Randgruppe einer Randsportart. Da ist es nochmal schwieriger, ein Team zusammen zu bekommen. Aber es wäre schon sehr geil, das würde die 2. Damen-Bundesliga vergrößern.

Benz: Und wir könnten das Derby im Doppelpack spielen.

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