Antisemitismus? Reaktionen auf das Mavraj-Interview

15.11.2020, 20:53 Uhr
Antisemitismus? Reaktionen auf das Mavraj-Interview

© Foto: Wolfgang Zink

Ungewöhnlich war das Interview auf der Sportseite in der Samstagsausgabe dieser Zeitung in jedem Fall. Zwar sprach ein Fußballer, ansonsten aber ging es nicht um Sport. Mergim Mavraj, Innenverteidiger der Spielvereinigung Greuther Fürth, beantwortete Fragen zu seiner Religion, seinem Weltverständnis und seinen Aktivitäten auf Social Media.

Wegen seiner Beiträge auf der Onlineplattform Instagram hatte die Redaktion auch für ein Interview angefragt. Mit einem Mausklick hatte Mavraj seine Zustimmung für einen Eintrag des MMA-Kämpfers Chabib Abdulmanapowitsch Nurmagomedow gezeigt. Zu sehen war dort ein Foto des französischen Präsidenten Emanuel Macron mit einem Stiefelabdruck im Gesicht.

Es war nicht das erste Mal: Im Sommer sah sich der 34-Jährige dem Vorwurf des Antisemitismus ausgesetzt, weil er ein Bild im Internet geliked hatte, auf dem der Staat Israel nicht mehr zu sehen war. Die Israelitische Kultusgemeinde suchte daraufhin den Kontakt zum Kleeblatt-Profi, beide Parteien verabredeten sich zu einem offenen Austausch.

Vorbildfunktion als Fußballprofi

Der hat nun stattgefunden, am vergangenen Mittwoch in Nürnberg, wie Mavraj im Interview auch beschreibt: "Am Ende des Tages wurde mir gesagt, 'Das ist jetzt dein Zuhause, du bist nicht mehr Gast‘. Dieses Gespräch war sehr gut für alle Beteiligten", sagte der Fußballprofi. Jo-Achim Hamburger, der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg, spricht ebenfalls sehr positiv von dem Treffen mit Mergim Mavraj, an dem auch Fürths Sport-Geschäftsführer Rachid Azzouzi teilgenommen hat.

Am Mittwoch saßen sie zusammen, bei Kuchen und Kaffee. Am Donnerstag verabredeten sich die Sportredakteure dieser Zeitung mit Mavraj zum Interview. Am Sonntag sagt Hamburger auf Nachfrage: "Wir haben uns gut verstanden und haben einen gemeinsamen Nenner gefunden, was das Zusammenleben in unserem Lande betrifft", sagt Hamburger. Allerdings wies der Vorsitzende den Fußballprofi auch darauf hin, dass dieser eine Vorbildfunktion inne habe. "Auf Instagram hat er mehr als 127.000 Follower", sagt Hamburger. Das sollte man beim Handeln bedenken. Wichtig sei, sich immer zu überlegen, wie andere sich fühlen könnten.


Mavraj-Post auf Instagram: Alles nur ein Missverständnis?


"Ich bin sehr sensibel, was das betrifft", sagt Hamburger. "Deshalb würde ich auch aus Respekt keine satirischen Karikaturen machen, weil ich weiß, wie die gläubigen Muslime darauf reagieren." Wenn jemand so etwas veröffentlicht, müsse man sich aber auch seine Reaktion gut überlegen. Immer wieder gibt es Reaktionen und Konflikte. "Emotional sind die meisten nicht bei uns angekommen", sagt Hamburger. "Wenn ich in Fürth spiele, muss ich wissen, welche Vergangenheit der Verein hat. Jüdische Sportler waren Größen des Vereins." Bei vielen, und da meint er natürlich nicht nur Fußballer, "fehlt die emotionale Bindung an dieses Land und an die Grundgesetze, die hier gelten."

Nicht nur bei der Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg sorgte das Interview für Diskussionen. Auch hier auf unserer Online-Plattform und unter unseren Lesern gab es viele Rückmeldungen zu den Aussagen von Mergim Mavraj: "Im Interview gibt er sich zunächst auch als weltoffen und tolerant." Dann aber lassen Mavrajs Rechtfertigungen "einen schaudern", schreibt Helmut Müller aus Nürnberg.

"Anerkennen, dass es Satire ist"

"Natürlich kann er sich über die Mohammed-Karikaturen empören, aber er muss anerkennen, dass dies Satire ist und damit Ausdruck von Meinungsfreiheit, einem Grundpfeiler unserer Demokratie." Die Fotomontage von Macron mit einem Stiefelabdruck im Gesicht sei "keine Meinungsäußerung, sondern eine Hassbotschaft gegen einen Menschen als Individuum."

Die Spielvereinigung Greuther Fürth stellt ihre Überzeugungen ebenfalls noch einmal dar: "Als Verein leben wir Werte wie Toleranz und Vielfalt und vermitteln diese auch weiter", heißt es in einem offiziellen Statement. "Entsprechend haben wir auch den Gesprächstermin mit der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg begrüßt und uns über diesen guten und konstruktiven Austausch gefreut." Präsident Fred Höfler wollte sich nicht zum Interview äußern. Andere haben das nun getan.

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