Banalität beim Neustart: Der Fernseh-Fußball funktioniert

16.5.2020, 17:43 Uhr
Kein Zuschauer, fast normaler Sport: In Hoffenheim wurde die neue Normalität aufgeführt.

© THOMAS KIENZLE, AFP Kein Zuschauer, fast normaler Sport: In Hoffenheim wurde die neue Normalität aufgeführt.

Zumindest der Form des übertragenden Fernsehsenders hatte die Zwangspause, die die Bundesliga gerade hat einlegen müssen, nichts anhaben können. Als im Studio der Fußballexperte Dietmar Hamann kurz vor der ersten Bundesliga-Konferenz seit Wochen sich gerade an kritischen Journalismus herantasten wollte und ausführte, warum die Besetzung des Aufsichtsrates von Hertha BSC nicht dazu geeignet ist, das Vertrauen in den Profifußball wiederherzustellen, da erlebte man sehr schnell die erste Grätsche des Tages: "Strich drunter, Diddi", sagte Hamanns Moderatorenkollege und das war es dann auch. Strich drunter, Diddi. Es war das Motto des Nachmittags.

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Es geht ums Geld

Es ist wieder Fußball – in Weißrussland, in Südkorea und seit dem Samstag auch in den Bundesligen Deutschlands. Dass das in Zeiten von Covid-19 keine allzu gute Idee ist, durften vor der Wiederaufnahme des Spielbetriebs viele Menschen sagen. Der Deutschen Fußball-Liga aber ist das egal, was die Menschen sagen. "Der Fußball hat in den letzten Jahren viel Vertrauen verloren", hat Hamann noch sagen dürfen. Aber wen interessiert schon Vertrauen, es geht ums Geld.

Und das fließt nur, wenn es Fußball gibt. Von der DFL aus auch ohne Zuschauer. Man sah also eine Konferenz der Geisterspiele. "So wie alles angefangen hat: auf einer Wiese", sagte noch so ein Sky-Kommentator, als ins leere Westfalenstadion von Dortmund geschaltet wurde, wo ein Derby anstand. Romantisch sollte das klingen, lächerlich klang es.


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Dann rollte der Ball in der Sky-Konferenz und in den Stadien. Die ersten Bewegtbilder sah man vom Spiel Düsseldorf gegen Paderborn. Da konnte man sich als Skeptiker noch freuen, diese Partie als kleine Bestrafung all jener sehen, die einfach weiter Fußball im TV konsumieren, obwohl es doch so viele Dinge gibt, die gerade und natürlich immer wichtiger sind. Aber dann wurde das gar keine Bestrafung, das Fernsehprodukt Bundesliga funktionierte auch in leeren Stadien. Da war es plötzlich egal, ob Fußballtrainer Zahnpasta kaufen oder das Eisessen vermissen. Wer vorher Düsseldorf gegen Paderborn spannend fand, der durfte Düsseldorf gegen Paderborn auch jetzt spannend finden. Wer es vorher banal fand, der musste jetzt erkennen, dass die neue Banalität sich von der alten kaum unterscheidet. Es ist halt die Bundesliga, diesmal aber eben ohne die Fans, die sie vielleicht eh nicht verdient hat.

Strich drunter? Den gibt's nur bei Sky

Der Fußball, von dem alle Beteiligten nicht wussten, wie er aussehen würde nach einer extrem kurzen Vorbereitung, blieb vor allem: Fußball. Ein Schalker Torwart machte Torwart-Fehler, Erling Haaland schoss das erste Tor nach der Corona-Pause und jubelte lustig. Man sah in den Stadion-Innenräumen Menschen mit Masken und Menschen ohne Masken, ein Konzept konnte man immerhin in dieser Hinsicht nicht erkennen. Für die DFL dürfte dieser erste Spieltag trotzdem ein Erfolg sein. Was bleibt, ist die Sorge um die Spielerkörper, die einem Belastungs-Experiment unterworfen werden in den nächsten Wochen. Was bleibt, ist das Unbehagen angesichts eines Systems, das an einer fehlenden TV-Gelder-Zahlung offenbar zugrunde gehen kann. Immerhin ein wenig Hoffnung bleibt: Ein "Strich drunter" wird diese Diskussionen nicht beenden – außer beim übertragenden Live-Sender.


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