Club-Knipser Ishak schwärmt vom ersten Bundesliga-Tor

5.9.2018, 06:00 Uhr
Ein besonderer Moment: Für Mikael Ishak war das 1:1 am Samstag gegen den FSV Mainz 05 sein erstes Bundesliga-Tor.

© Sportfoto Zink / DaMa Ein besonderer Moment: Für Mikael Ishak war das 1:1 am Samstag gegen den FSV Mainz 05 sein erstes Bundesliga-Tor.

Es war ein besonderer Tag für Mikael Ishak. Das erste Bundesliga-Heimspiel mit dem 1. FC Nürnberg, sein Volltreffer zum 1:1 gegen Mainz 05, ein Auftritt, der Lust auf dieses Abenteuer machte. Der Mittelstürmer wirkte beinahe überrumpelt von diesem Erlebnis, Ishak strahlte, aber seine Bundesliga-Premiere in Nürnberg war es gar nicht. Die liegt über sechs Jahre zurück - man musste damals, am 18. Februar 2012, indes sehr genau hinsehen. Der 1. FC Köln spielte in Nürnberg vor, drei Minuten vor Schluss wurde eine Stürmer-Hoffnung eingewechselt, aber der sehr junge Mikael Ishak konnte nicht mehr viel ausrichten. Der FC verlor mit 1:2 im Frankenstadion und stieg am Ende der Saison ab.

Für Mikael Ishak bedeutete es wenig später den Abschied von der Bundesliga. Ein bisschen zu groß, das erzählte er später, sei damals alles noch gewesen, "auf einmal vor über 50.000 Zuschauern zu spielen, war neu für mich". Mit 18 Jahren war Ishak zum FC gewechselt, Manager Volker Finke schwärmte von den Talenten dieses fleißigen jungen Mannes aus Stockholm. Aber in einem weiteren Kölner Chaosjahr bekam Mikael Ishak wenig Gelegenheit, das zu tun, was er wollte: zu lernen, sich zu verbessern.

Familie, Glaube, Kirche

In Köln erinnern sich trotzdem viele Fußballfreunde gern an ihn, auch Finke blieb immer von Ishaks Fertigkeiten überzeugt. Ein "Juwel" nannte ihn der Express noch, als Ishak Jahre später in Nürnberg wieder auftauchte. Überraschend kam das nicht, Ishaks Ernsthaftigkeit im Ausbildungswillen hinterließ genauso Eindruck wie sein Auftreten und sein Einsatz für die Mannschaft, und genau so lernte man ihn dann in Nürnberg kennen.

Mikael Ishak, 25 Jahre alt, ist ein sehr angenehmer Gesprächspartner, höflich und reflektiert. Er hört zu, fragt nach und erklärt Fußballspiele gern jenseits der üblichen Floskeln. Sein Deutsch ist ausgezeichnet, er hat die Sprache seit seinem Kölner Azubi-Jahr (mit elf Bundesliga-Einsätzen) schon deshalb gepflegt, weil er in Köln nicht nur erste Schritte in sein Profi-Leben machte. Er lernte Nadine kennen, seine heutige Frau, der gemeinsame Sohn Leon ist jetzt eineinhalb Jahre alt. Am Samstag gegen Mainz 05 waren beide im Stadion, außerdem die Eltern, die es vor drei Jahrzehnten aus Syrien nach Schweden zog, mit dem Plan, sich "eine Existenz da aufzubauen, wo es sicher ist", wie Mikael Ishak erzählte, als er nach Nürnberg gekommen war. Als Christen hätten es die Ishaks und andere Aramäer schwer gehabt in Syrien.

In Randers fand Ishak wieder Zutrauen

Familie, Glaube, Kirche: Es sind Säulen in Mikael Ishaks Leben; das Fußballspielen lernte er bei Assyriska FF Södertälje, einem von syrischen Einwanderern gegründeten Verein in Stockholm. Sein Talent fiel auf, er wurde in Schwedens U19-Nationalmannschaft berufen und feierte mit den U 21-Junioren 2015 den Europameistertitel. Da spielte er bereits für den Randers FC in Dänemark. Aus Köln war es für Ishak zum FC St. Gallen, dann zum FC Crotone in Italiens Serie B gegangen, als Leihspieler des FC Parma, der junge Fußballer damals als Spekulationsobjekte handelte - und damit in Konkurs ging.

Manchmal enden Karrieren so, bevor sie richtig angefangen haben. "Du musst positiv bleiben, gerade, wenn das schwer ist", das hat er jetzt gerade gesagt. In Randers in Ost-Jütland fand Ishak wieder Zutrauen in sein Spiel; mit 35 Liga-Toren in zweieinhalb Jahren empfahl er sich noch einmal neu und schloss sich im Januar 2017 dem 1. FC Nürnberg an.

Noch gehandicapt von einer Bänderverletzung, brauchte Ishak einige Anlaufzeit; er sah sich wachsenden Zweifeln ausgesetzt, ehe er im Aufstiegsjahr die beste Saison seiner Karriere erlebte. Der Club hatte Ishak Mut gemacht, er gab das zurück - und wie eng diese Bindung geworden war, sah man, als Ishak im Frühjahr sechs Wochen lang verletzungsbedingt ausfiel. Und der FCN nicht mehr gewann. Seine Rückkehr auf den Platz geriet zum Ereignis, beim 3:2 Anfang April gegen Heidenheim sah man, wie ein Team an einem Spieler wachsen kann - und umgekehrt, wie Ishak danach sagte, es war ihm ein wichtiges Anliegen, alle Komplimente zurückzugeben.

Mikael Ishak ist mit einer Körpergröße von 1,83 Metern kein Riese, strahlt aber eine enorme physische Präsenz aus, verbunden mit einer Mentalität, ohne die diese Karriere mit ihren Umwegen nicht möglich gewesen wäre. Ishak ist ein Kämpfer und ein beispielhafter Teamarbeiter, am Samstag gegen Mainz glänzte er nicht nur als Torschütze, seine weiten Wege führten ihn überall hin.

Weiter kämpfen, weiter lernen

Wieder wollte Mikael Ishak der Mannschaft etwas zurückgeben, sein Elfmeter-Fehlschuss eine Woche zuvor beim 0:1 in Berlin nagte sehr an ihm, "kaum geschlafen" habe er danach, erzählte Ishak, und den Trost der Familie gebraucht. Michael Köllner, Nürnbergs Trainer, berichtete von einem gemeinsamen Spaziergang und dem Versuch, dem Stürmer die Schuldgefühle zu nehmen.

Mikael Ishak, bisher viermal in Schwedens A-Nationalmannschaft berufen, steht sehr für diesen Club, als einer von vielen Spielern, für die der Bundesliga-Aufstieg ein persönlicher Karriere-Höhepunkt war - und die sich selbst noch nicht ganz sicher sind, was sie mit dieser Herausforderung erwartet. Ob sie nicht doch ein bisschen zu anspruchsvoll ist.

Darum kämpfen, weiter lernen, sich weiter verbessern: Das soll der Weg sein für Ishak und den auch auf manche Umwege geratenen 1. FC Nürnberg. Einen "großen Tag" nannte Ishak vor Wochenfrist in Berlin die Bundesliga-Rückkehr seines Vereins und seine persönliche nach sechs Jahren, "es macht Freude, auf dieser Bühne zu spielen", noch größer war die Freude dann am Samstag - nach "dem besten Fußball, den ich je mit Nürnberg gespielt habe", wie Ishak nach dem Remis gegen Mainz sagte.

Eine Premiere hatte er dabei doch erlebt, sein erstes Tor in der Bundesliga - vor den Augen der aus Stockholm angereisten Eltern. Seinen Sohn Leon hatte er im Arm an einem seiner schönsten Fußball-Tage. Aber, das sagte Ishak auch noch: "Ein zweites Tor hätte ich schon schießen müssen."

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