Corona-Sportverbot für Kinder: "Ich bin stinksauer"

27.4.2021, 09:46 Uhr
 Endlich wieder kicken – das wünschen sich viele Kinder in der Region.

© Foto: Mathias Hochreuther  Endlich wieder kicken – das wünschen sich viele Kinder in der Region.

Kurz gab es Hoffnung. Bei den Kindern, den Eltern und den Übungsleitern, die oft einen erheblichen Teil ihrer Freizeit dafür aufwenden, den Kleinsten Sport im Verein zu ermöglichen. Die "Bundesnotbremse", die der Bundestag vergangene Woche verabschiedet hat, sieht vor, dass Kinder unter 14 Jahren gemeinsam Sport machen dürfen. Zwar nur kontaktlos, im Freien und in Fünfergruppen, aber immerhin.


In Bayern doch kein Training für Kinder erlaubt


Auch bei Inzidenzen jenseits der 100, wie sie mittlerweile fast überall im Freistaat erreicht sind, dürfen Vereine gemäß dem Bundesgesetz Sportangebote für ihre jüngsten Mitglieder machen. Dem ist jetzt de facto aber nicht so. Weil die Staatsregierung am vergangenen Freitag erklärte, strengere bayerischen Regeln für den Sport vorschreiben zu wollen. Das bedeutet: Jenseits der Inzidenz von 100 ist in Bayern ausschließlich kontaktfreier Individualsport allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands erlaubt.

Entsprechend groß ist der Ärger bei den Sportverbänden. Der bayerische Sonderweg sei "nicht nachvollziehbar", kritisiert etwa Jörg Ammon, Präsident des Bayerischen Landes-Sportverbandes (BLSV). Die Verantwortlichen der Sportvereine in der Region können ebenfalls nicht verstehen, warum die Staatsregierung sich hier nicht an der "Bundesnotbremse" orientiert. "Ich bin stinksauer", schimpft Thomas Kratz, der beim SV Unterwurmbach für die Fußballjugend zuständig ist. "Ich kann nicht verstehen, dass sich die bayerische Politik nicht dazu durchringen kann, wenigstens den Kindern ein geregeltes Training im Verein zu ermöglichen."

Schule ja, Training nein?

Aus seiner Sicht wäre die Bundesregelung als Übergangslösung in Ordnung gewesen. "Wir haben immer so 12 bis 14 Kinder auf einmal im Training gehabt, da wäre das mit den kleinen Gruppen umsetzbar." Kratz berichtet von einer Fahrradtour am Altmühlsee, die er am Wochenende unternommen hat. "Alles voll" war da, berichtet er, sowohl am Strand als auch auf dem Spielplatz am Seezentrum Wald. Hygieneauflagen gibt es da selbstverständlich nicht. Ganz im Gegensatz zum Training im Verein.


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Und ausgerechnet das wird den Kindern nun verwehrt? Dafür fehlt Kratz jedes Verständnis. Um trotzdem Kontakt zu "seinen" Kindern zu halten, wird er sich wohl ab und zu mit ein paar von ihnen auf dem Bolzplatz treffen. Anders als das Vereinsgelände hat der zumindest geöffnet. Ein Zustand, der auch bei Thomas Pawlicki, dem Vorstand der DJK Gnotzheim für reichlich Kopfschütteln sorgt. "Die Kinder werden in der Früh getestet und sollen in die Schule, am Nachmittag dürfen sie aber bei uns nicht trainieren", wundert er sich.

Dass nicht einmal Kleingruppen von Kindern auf den Sportplatz dürfen, ist für ihn "ein Unding". Auch aus Gründen des Infektionsschutzes hätte aus seiner Sicht alles dafür gesprochen, Vereinstraining zu erlauben: "So treffen die Kinder sich jetzt im Wiesengrund oder auf dem Bolzplatz zum Kicken. Die wollen raus, die haben ja einen Spieltrieb. Auf dem Bolzplatz gibt es aber keine Hygienemaßnahmen, anders als bei uns im Verein."

Wer kommt nach dem Lockdown wieder?

Außerdem verweist er auf das relativ geringe Infektionsrisiko im Freien – gerade wenn auf Zweikämpfe verzichtet wird. Etwa 70 Kinder und Jugendliche, schwerpunktmäßig in den Altersklassen U9, U13 und U15, spielen derzeit in Gnotzheim Fußball. Ob es nach der Pandemie noch genauso viele sein werden, weiß niemand. "Wir fragen uns schon, wer kommt wieder und wer bleibt einfach zu Hause?", sagt Pawlicki.


Corona-Regeln: Das bedeutet die Bundesnotbremse für den Freistaat


Beim TV 1860 Gunzenhausen ist man ebenfalls nicht glücklich über das Sportverbot in Bayern. Als "extrem unverhältnismäßig" kritisiert Vorstand Kai Fucker die strengen Regeln. Nach Verabschiedung der Bundesnotbremse hätten alle gedacht, einen Teilerfolg für den Sport erzielt zu haben. Dann folgte das Dementi der Staatsregierung: "Da verstehe ich die Welt nicht mehr", sagt Fucker.

Bereits vergangenes Jahr habe der TV Training in kleinen Gruppen angeboten, das habe gut funktioniert und sei sehr diszipliniert abgelaufen. Dass der Sport-Nachwuchs nun komplett lahmgelegt wird, kann er nicht verstehen. Vor allem mit Blick auf das, was derzeit in den Schulen passiert. "Meine Tochter ist in der 12. Klasse. Jetzt haben noch Sportnoten gefehlt, deswegen mussten die Jugendlichen in der Sporthalle tanzen. Das geht anscheinend – und wir dürfen nicht mit fünf Kindern auf den Platz?", fragt er verärgert.

Fucker ist konsterniert und hofft, dass Sportvereine ihren Nachwuchs schon bald wieder zum Training bitten dürfen. Wann das sein wird, weiß momentan aber niemand.

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