Der Nürnberger Ruderverein belohnt sich für harte Arbeit

6.11.2019, 19:37 Uhr
Der Nürnberger Ruderverein belohnt sich für harte Arbeit

© Foto: Stefan Hippel

Als Jens Bredthauer vor fünf Jahren nach Nürnberg kam, da hatte er einen klaren Plan in der Tasche. Der hatte allerdings weniger mit seinem Sport zu tun, den er daheim in Hamm auf beachtlichem Niveau ausgeführt hatte. Nach dem Abitur wollte Bredthauer, damals 18 Jahre jung, an der Technischen Hochschule "International Business" studieren, Betriebswirtschaft geht schließlich immer, die Zukunftsaussichten sind meistens gut – doch dann veränderte das Rudern sein Leben mehr als er das je erwartet hatte.

In Nürnberg wollte er dem Sport auf dem Wasser treu bleiben und ging zum Ruderverein, der am Dutzendteich zu Hause ist. Die Nachwuchsarbeit lag damals in den Händen einiger Ehrenamtler, von einem konkurrenzfähigem Team waren sie allerdings ziemlich weit entfernt. "Wenn man viermal pro Woche Training anbietet und viermal steht jemand anderes als Trainer da, ist das natürlich nicht optimal für die Entwicklung", sagt Bredthauer. "Wenn aber sechsmal der Gleiche da ist, kann man ganz anders arbeiten und ein klares Ziel vorgeben."

Also ging der Student Jens Bredthauer tagsüber an die Uni, lernte ganz viel darüber, wie die Wirtschaft funktioniert – nachmittags lernten die jungen Ruderer am Dutzendteich dann ganz viel von ihrem ebenfalls jungen Trainer. Der musste allerdings erst einmal viel Überzeugungsarbeit leisten, schließlich war er aus dem Ruhrgebiet anderes gewohnt. "Wenn ich damals jemandem gesagt hätte, dass er achtmal pro Woche trainieren soll, um auf eine deutsche Meisterschaft fahren zu können, hätte man mir den Vogel gezeigt", sagt Bredthauer. Inzwischen zeigt ihm niemand mehr den Vogel, trainieren einige junge Sportlerinnen und Sportler tatsächlich öfter als die Woche Tage hat – und neuerdings fahren sie auch noch zu deutschen Meisterschaften und kehren von dort mit Goldmedaillen nach Hause.

Der Nürnberger Ruderverein belohnt sich für harte Arbeit

© Foto: privat

Nora Simon ist in diesem Jahr im Leichtgewichts-Doppelvierer mit Kolleginnen aus Regensburg, Koblenz und Ludwigshafen deutsche Meisterin der Juniorinnen A geworden, im Doppelzweier holte sie sich mit ihrer Partnerin den zweiten Platz. Und vor ein paar Wochen jubelte sogar eine reine Nürnberger Mannschaft bei den Deutschen Sprintmeisterschaften in Essen. Die 15 und 16 Jahre jungen Tim Thiele, Felix Hasler, Dominic Gregorio, Jan Schmidt und Steuermann Mads Schmied ruderten am schnellsten, ließen die namhafte Konkurrenz hinter sich und fuhren so den Titel im Doppelvierer der Junioren B ein.

Zwei deutsche Meistertitel innerhalb eines Jahres – natürlich ist Jens Bredthauer da extrem stolz, schließlich ist es auch ihm zu verdanken, dass sich Nürnberg in Ruder-Deutschland inzwischen einen Namen gemacht hat. "Ich bin sehr froh, dass sich alles so gut entwickelt hat", sagt er, einigen der Talente traut er in den kommenden Jahren sogar noch mehr zu, vielleicht sogar eine Reise zur Weltmeisterschaft. Doch großen Träumen will er sich nicht hingeben, dafür kennt er den Sport zu gut, "es ist illusorisch zu glauben, dass wir jetzt jedes Jahr den Titel holen" – schließlich haben sie trotz guter Bedingungen einen Standortnachteil gegenüber anderen Klubs.

In manchen Bundesländern gibt es Sport-Internate, die jungen Ruderer haben dort die Möglichkeit, auch mal vormittags zu trainieren und müssen nicht, wie in Nürnberg, jeden Nachmittag nach der Schule sowie das ganze Wochenende auf dem Wasser verbringen, um ähnlich intensiv und häufig trainieren zu können wie die Konkurrenz. Eine Zusammenarbeit mit der Bertolt-Brecht-Schule als "Eliteschule des Sports" könnte sich Bredthauer deshalb gut vorstellen, noch ist das aber nicht mehr als eine schöne Idee.

Das war auch die Sache mit dem klaren Plan, damals, vor fünf Jahren. Inzwischen hat Jens Bredthauer den Bachelor gemacht, durch die Arbeit beim Ruderverein aber gemerkt, wie viel Spaß es macht, mit jungen Menschen zu arbeiten – und dass die Aussicht auf 50,60 Stunden pro Woche im Büro doch nicht ganz so wunderbar ist, wie man das vielleicht mit 18 noch denkt. Deshalb studiert er mittlerweile Mathe und Wirtschaft auf Lehramt für das Gymnasium.

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