Der Top-Scorer legt wieder auf: Geis' zentrale Rolle beim FCN

28.9.2020, 16:49 Uhr
Gegen Sandhausen bereitete Johannes Geis per Ecke den Siegtreffer vor.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Gegen Sandhausen bereitete Johannes Geis per Ecke den Siegtreffer vor.

Johannes Geis scheint seine Position gefunden zu haben - so der Eindruck nach den ersten Pflichtspielen. Zumindest lassen dies die Spieldaten erahnen: An den bisher zwei erzielten Treffern des 1. FC Nürnberg in den beiden Partien im deutschen Fußball-Unterhaus war der FCN-Top-Scorer der Vorsaison (fünf Tore, elf Vorlagen) jeweils per Assist direkt beteiligt und knüpft damit rein statistisch nahtlos an die vergangene Spielzeit an.

Trotz der starken Zahlen wusste Geis im Trikot des ruhmreichen Altmeisters bisher allerdings generell nicht oft und nur in den seltenen Fällen, in denen die gesamte Mannschaft gefiel, zu überzeugen (kicker-Notendurchschnitt 3,66). Beim fränkischen Herz- und Schmerzverein erfüllte der Unterfranke selten die Rolle des Hoffnungsträgers – dabei ist er doch einer der besten Fußballer im Kader.

Zur neuen Saison sehnte man sich am Valznerweiher nach einem neuen Trainer, der die zweifelsohne vorhandenen Stärken des Sechsers einzubinden und zugleich die Defizite zu kaschieren versteht – und man bekam Robert Klauß. Ein junger Fußballlehrer aus der RB-Schule. Einer, der mutiges Offensivspiel, aggressives Pressing, stetige Aktivität und temporeiches Konterspiel erwarten ließ. Einer, in dessen Philosophie Johannes Geis auf den ersten Blick fehl am Platz schien.

Auf den ersten Blick. Nur auf den ersten Blick. Denn tatsächlich kommt im neuen Nürnberger Spiel nicht nur dem Umschaltmoment, sondern beim kontrollierten Spielaufbau auch den Pass-Stafetten im Mittelfeld eine große Bedeutung zu. So soll das runde Leder auf einem Flügel mittels der Dreiecksbildung über kurze Distanzen zirkuliert werden, was ein enges Verschieben der ballorientiert agierenden Kontrahenten provoziert. Dadurch öffnet sich der Raum auf der anderen Seite des Spielfelds – und es ergibt sich die Möglichkeit einer Verlagerung oder - näher am gegnerischen Tor und dennoch aus der Distanz - die Chance zum Abschluss.

Nur selten lässt Johannes Geis derartige Situationen ungenutzt. Gerne probiert er es per wuchtigem und zugleich präzisem Schuss aus der Ferne, gegen Sandhausen prüfte er beispielsweise in der 18. Minute den starken SVS-Torhüter Fraisl aus rund 20 Metern. Es war die erste große Chance des 1. FC Nürnberg in diesem Spiel, in dem sich der Club insgesamt 26 Tormöglichkeiten erspielte, an sieben war der Sechser direkt beteiligt.

Analog zur Vorsaison versucht es der Altmeister in der Offensive über Quantität: In der vergangenen Spielzeit verbuchte er die zweitmeisten Schüsse (427), aber auch die drittschwächste Quote bezüglich der Effizienz (10,5 Prozent). Gefährlich wurde der Club nur selten aus dem Spiel heraus, umso bedeutsamer war demnach die Stärke nach Standards, die die Hausherren auch am Sonntag mit drei Punkten belohnte.


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Eine neue Qualität, die der 1. FC Nürnberg unter Robert Klauß entwickeln möchte, ist das überfallartige Umschaltverhalten nach aggressivem Pressing und den resultierenden Balleroberungen. Auch in diesem Punkt kann Johannes Geis eine zentrale Rolle einnehmen. Spielt der Club nicht gezielt aus der Abwehr heraus, sondern versucht nach Ballgewinn gegen einen unsortierten Gegner zu kontern, kann Geis das Spiel schnell machen. Wie beim 2:0-Heimsieg in der vergangenen Rückrunde gegen den SV Sandhausen.

Es war der bis Sonntag letzte Dreier für den 1. FC Nürnberg auf eigener Spielwiese. In den Geisterspielen nach dem Re-Start enttäuschte der Club, in den vier Partien vor leeren Rängen im Max-Morlock-Stadion reichte es nur für einen Treffer und zwei Punkte. Umso größer war die Vorfreude auf das Duell mit dem SV Sandhausen, das erstmals wieder vor Zuschauern ausgetragen werden durfte. "Wir alle spielen Fußball, um mit unseren Fans zu feiern und Erfolge zu haben", erklärte Johannes Geis vor dem Spiel und fügte nach einer kurzen Pause an: "und auch natürlich zu trauern".


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Nach der unterirdischen vergangenen Saison möchte die Mannschaft, wie der 27-Jährige annoncierte, den Fans etwas zurückgeben. Und so gelang ihr gegen die Mannen aus dem Hardtwald ein erster Schritt in die richtige Richtung, präsentierte sie sich in einer intensiven Begegnung doch engagiert und willig. So spulte beispielsweise Geis 10,84 Kilometer ab, einzig Kapitän Enrico Valentinis Laufleistung (11,03 Kilometer) überragte jenen Wert.

Was der Rechtsverteidiger dem Kollegen zusätzlich voraushat? Die Zweikampfführung. Während Geis, der sich dennoch verglichen zur Vorsaison steigerte und robuster agierte, nur 40 Prozent seiner Duelle gewinnen konnte (Tiefstwert der Defensivspieler), waren es beim Deutsch-Italiener 60 Prozent – womit dieser nicht nur auch in jenem Ranking das Non-Plus-Ultra an diesem Sonntagmittag darstellte, sondern auch maßgeblich dazu beitrug, dass der Club gegen Sandhausen die Null hielt.


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"Die Null halten" gilt es in Nürnberg derzeit zu betonen: Das letzte Liga-Spiel, in dem der Club trotz eines Gegentores siegte, datiert zurück auf das Frühjahr 2018 (3:1 in Kiel). In den vergangenen 15 Dreiern in den beiden deutschen Elite-Spielklassen hielt der 1. FC Nürnberg die weiße Weste. Man kann diese Statistik sicherlich unterschiedlich interpretieren, Fakt ist – generell im Fußball, aber eben besonders beim Club: Wenn die Abwehr und die Null steht, stehen die Chancen auf Sieg gut.

Eine Schlussfolgerung, die hoffen lässt, präsentierte sich die FCN-Defensive doch sowohl gegen den Jahn als auch gegen Sandhausen stabil und ließ bis dato keinen Gegentreffer aus dem Spiel heraus zu. Das mögliche Erfolgsrezept? Ungleiche Duos. Hundertprozentig komplette Spieler sind bekanntlich rar gesät und definitiv nicht in der 2. Bundesliga anzutreffen. Einen kopfball- und zweikampfstarken, robusten und zugleich schnellen, klassisch verteidigenden und technisch versierten Innenverteidiger wird man im deutschen Fußball-Unterhaus wohl kaum finden. Talentierte Spieler, die zumindest einige dieser Kompetenzen aufweisen und ihre Schwächen im Zusammenspiel mit ihren Nebenmännern kompensieren können, findet man dafür umso mehr.


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So muss es kein Zufall sein, dass Asger Sörensen neben Lukas Mühl, oder (womöglich bald) Manuel Schäffler neben Pascal Köpke aufläuft. Oder eben dass ein balltreibender, emsiger, agiler, aber mitunter noch etwas fahriger Fabian Nürnberger mit dem international erfahrenen, kreativen Struktur- und Taktgeber, dem Dreh- und Angelpunkt (76 Ballkontakte) Johannes Geis die Doppelsechs bildet.

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