DFB: Ahnungslos in Frankfurt

4.11.2011, 11:20 Uhr
"Südländische Atmosphäre oder kriminelle "Chaoten"? Mit den Fackeln auf dem Spielfeld haben die Dynamo-Fans dem Ansinnen der Ultras jedenfalls einen Bärendienst erwiesen.

© dpa "Südländische Atmosphäre oder kriminelle "Chaoten"? Mit den Fackeln auf dem Spielfeld haben die Dynamo-Fans dem Ansinnen der Ultras jedenfalls einen Bärendienst erwiesen.

Eines vorweg: Vorkommnisse wie in der vergangenen Woche beim DFB-Pokalspiel zwischen Borussia Dortmund und Dynamo Dresden sind keine Kavaliersdelikte. Aus der Ferne mag insbesondere das, was nach dem Spiel rund um das Stadion geschah, schwer zu beurteilen sein, klar aber ist: Wenn Fackeln in Richtung Spielfeld fliegen, konterkariert das nicht zuletzt das Ansinnen der Fans, Pyrotechnik im Stadion legal einzusetzen. Nichtsdestotrotz machten es sich Verbände und Politiker in den zurückliegenden Tagen mal wieder zu einfach, und zwar in zweierlei Hinsicht.

Erstens sind verbale Muskelspiele wohl kaum ein probates Mittel, ultra-orientierte Fans vom „Zündeln“ abzuhalten, für die Pyrotechnik zum Stadionerlebnis gehört wie für andere der Ausflug zum Bierstand in der Halbzeit. Wie lächerlich etwa der Versuch anmutet, den Gästefans die Auswärtsfahrt durch personalisierte Eintrittskarten oder das Sperren der Gästeblöcke zu vermiesen, zeigte in der Saison 2009/2010 die „Wilde Horde“ des 1. FC Köln. Die machte sich damals nach einer solchen Blocksperre flugs in kleinen Gruppen auf den Weg nach Hoffenheim und bevölkerte dort fröhlich und farbenfroh einen eigentlich den Heimfans vorbehaltenen Block – wohlgemerkt ohne Pyrotechnik.

Wer zweitens bei jedem Pyrotechnik-Vorfall zündelfreudige Ultras konsequent mit schlagkräftigen Hooligans gleichsetzt und drakonische Strafen für alle Kurvengänger fordert, der macht es sich nicht nur zu einfach, sondern offenbart auch ein bedenkliches Rechtsverständnis. Doch wenn es um Ultras geht, erfreuen sich einfache Antworten ebenso wie zum Glück längst veraltete Rechtsgrundsätze wie die Sippenhaft seit Jahren großer Beliebtheit. Dass der Hamburger Ultra Philipp Markhart im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa durch solche Rundumschläge die Fans diskriminiert sieht, ist verständlich. Leider haben es DFB und DFL in dieser Woche versäumt, mit einer differenzierteren Sichtweise etwas Ruhe in die Debatte zu bringen. Die Feuer in den Kurven werden sich kaum ersticken lassen - erst recht nicht mit Rechtsgutachten und viel Geschrei.

Von dieser Kritik dürfen sich auch die deutschen Medien angesprochen fühlen. Da werden bei Europapokalspielen „fanatische“ Gästefans für ihre „südländische Atmosphäre“ gelobt, wenn sie ihre Fackeln in den lauen deutschen Abendhimmel recken. Am Samstagnachmittag hingegen sind ihre deutschen Kollegen fast immer kriminelle „Chaoten“, die in den Stadien angeblich nichts zu suchen haben. Wer so viel Doppelmoral an den Tag legt und zudem in fast allen Fällen nur Verbände, Politik oder Polizeigewerkschaften zu Wort kommen lässt, der erfreut sich nicht gerade großer Glaubwürdigkeit.

4 Kommentare