DHB-Team in der Nürnberger Arena: Zweites Länderspiel für Büdel

16.6.2019, 09:59 Uhr
DHB-Team in der Nürnberger Arena: Zweites Länderspiel für Büdel

© Sportfoto Zink / ThHa

Ein wenig schloss sich der Kreis gestern für Nico Büdel an der Erlanger Schillerstraße. Inmitten einer zu Wohn- und Büroräumen umgebauten Kaserne aus der Kaiserzeit steht die Karl-Heinz-Hiersemann-Halle, die Sporthalle der Berufsschule, in der auch Handball-Bundesligist HC Erlangen regelmäßig trainiert. Doch der befindet sich seit vergangener Woche im Urlaub. Nico Büdel war gestern trotzdem noch einmal dort, als Spieler der Deutschen Handball- Nationalmannschaft. "Es war seltsam,weil ich dort ja normalerweise mit anderen Leuten bin", sagt er.


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Und auch sonst ist diese Vierfachhalle für den 29-Jährigen ein besonderer Ort, hier stand er im Herbst 2018 noch mit dem Rücken zur Wand. Büdel war in der Hierarchie der HCE-Spielmacher hinter Michael Haaß und Dominik Mappes zurückgefallen. Büdel, dessen Vertrag zum Ende der Saison auslief, drohte aussortiert zu werden beim HCE.

"Ich habe nie von der Nationalmannschaft geträumt"

Dorthin war der gebürtige Offenbacher von Bundesliga-Absteiger Coburg gewechselt. Auch Beschimpfungen hatte er zum Abschied über sich ergehen lassen müssen. Dabei sollte es der entscheidende Karriere-Schritt werden: weg von den kleinen Überraschungs- Klubs, die die Bundesliga als Abenteuer verstehen, hinein in den etablierten Erstliga-Handball. 3. Liga spielte er in Groß-Umstadt, als er aus der Jugend zu den Männern kam, "ich habe nie von der Nationalmannschaft geträumt", sagt er, "ich habe nicht einmal gedacht, jemals Bundesliga spielen zu können". Mehr Talent und Glück als harte Arbeit verhalfen ihm doch dazu, ein Auf-und Abstieg mit Neuhausen,dasselbe mit Friesenheim, dasselbe mit Coburg, folgten. Als der HC Erlangen anfragte, klang das nach der Chance auf den Durchbruch – und im Herbst 2018 nach dem einen Schritt zu viel. Körperlich ausgelaugt war Büdel vom harten Training Robert Anderssons, brauchte langen Mittagsschlaf zwischen den Einheiten. Seine Torgefährlichkeit blitzte auf, ansonsten schleppte er sich übers Feld. Verletzungen kamen hinzu. Und als Andersson gehen musste und Adalsteinn Eyjolfsson kam, erkannte der Nico Büdel nicht wieder: Die Ernährung hatte Büdel umgestellt, sein Körper war dabei, sich ans intensive Training zu gewöhnen. Allerdings hatte Büdel vielleicht zu viel auf einmal gewollt – er fiel in ein Leistungstief.

Am Ende überragend

Erst als sich Haaß und Mappes verletzten, musste Nico Büdel ran – es gab keine Alternative mehr. Doch genau diese Situation ließ ihn nun über sich hinauswachsen: Keine Auswechslungen mehr nach dem ersten Fehler, keine kopfzermarternden Halbzeiten auf der Auswechselbank. Büdel spielte. Und er spielte gut. Am Ende überragend. „Er hat eine hervorragende Spielsteuerung gelernt und darüber hinaus seine Torgefahr nicht verlernt“, sagt Kevin Schmidt, Sportlicher Leiter beim HCE.

Reihenweise warf Büdel wichtige Tore, lieferte brilliante Anspiele. Er traf auch dann noch wie er wollte, als die Gegner ihn längst als Erlangens gefährlichste Waffe ausgemacht hatten. Der einstige Abschiedskandidat war als Leistungsträger nicht mehr wegzudenken – und der HCE kletterte mit ihm als Kopf des Angriffsspiels bis auf Platz neun, zur besten Saison der Vereinsgeschichte.

In der Spardorfer Wohnung klingelte das Telefon: Bundestrainer Christian Prokop lud Nico Büdel ein für die EM-Qualifikationsspiele vergangenen Mittwoch in Israel (40:25) und am Sonntag in der Arena Nürnberg gegen den Kosovo (18 Uhr). "Ich war schon beim Hinflug sehr aufgeregt", sagt Büdel. "Als die Nationalhymne gespielt wurde, da hatte ich Gänsehaut." Fünf Tore gelangen ihm in Tel Aviv, "es ist mir leichtgefallen, weil mich alle so super aufgenommen haben." Mit Erik Schmidt teilt er sein Zimmer – der Kreisläufer spielte schon mit Nico Büdel in GroßUmstadt und in Friesenheim.

Harte Arbeit, die sich ausgezahlt hat

Dass die Partie gegen international zweit- oder drittklassigen Kosovo am Sonntag sportlich nahezu wertlos sein wird, Deutschland längst qualifiziert ist, ist ihm egal. "Genießen", will Nico Büdel sein zweites Länderspiel. Weggefährten haben sich angekündigt, Erlanger Fans, Mitspieler, die Familie aus Offenbach. "Ich habe eigentlich nicht viel anders gemacht als sonst", sagt er, "nur im Training härter gearbeitet." Dort, wohin er gestern im Nationaldress zurückkehrte: in der Hiersemann- Halle an der Schillerstraße.

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