Die Ice Tigers sind Deutscher Meister, also virologisch

16.4.2021, 06:00 Uhr
Treutle ohne und doch mit Maske: Dass der jeweilige Ersatztorhüter auf der Bank eine Maske tragen muss, mag man als Symbolismus verstehen - letztlich könnte es auch zu seiner zumindest virologisch sorgenfreien Saison beigetragen haben. 

© Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa Treutle ohne und doch mit Maske: Dass der jeweilige Ersatztorhüter auf der Bank eine Maske tragen muss, mag man als Symbolismus verstehen - letztlich könnte es auch zu seiner zumindest virologisch sorgenfreien Saison beigetragen haben. 

Niklas Treutle spürt nichts mehr. Er ist das lächelnde Beispiel dafür, dass Arbeitnehmern ein regelmäßiger Corona-Test zumutbar ist. Und Treutle bekommt das Wattestäbchen jedes Mal bis kurz unter die Hirnrinde gestoßen. Alle zwei Tage, seit Mitte Dezember, manchmal öfter, früh morgens, vor Eishockeyspielen, nach Auswärtsfahrten, mitten in der Nacht, zuletzt nach der Rückkehr aus Berlin am sehr frühen Donnerstagmorgen. "Es ist alles taub", sagt Treutle und dann lacht er.

Vielleicht ist diese Lockerheit die Antwort auf die Frage, warum das alles gutgegangen ist, warum die Ice Tigers ohne Corona-Fall durch die Saison gekommen sind, ohne positiven Test. Denn selbstverständlich war das nicht. Trotz vermeintlich bester Hygienekonzepte wurden beim 1. FC Nürnberg Fußballer isoliert, die Handballer des HC Erlangen mussten nun erstmals gemeinsam getrennt voneinander in Quarantäne, bei den Nürnberg Falcons erwischte es alle Basketballer und Trainer – einzelne schwer.

Die DEL2 hat kürzlich die reguläre Saison abgebrochen, in der Hoffnung, dass die Mannschaften bis zu einem bereits verschobenen Playoff-Start aus der Quarantäne zurückkehren. Und selbst in der millionenschweren NHL wurden Spiele verschoben, derzeit ist unklar, ob die von der brasilianischen Variante heimgesuchten Vancouver Canucks überhaupt noch einmal aufs Eis zurückkehren.

Keine Tinder-Dates

Und die Ice Tigers in der Deutschen Eishockey Liga? Schlafen. Essen. Testen. Spielen Eishockey. Und das seit Wochen. Mittlerweile gewinnen sie ihre Spiele auch wieder regelmäßig. Für eine sportlich erfolgreiche Saison endet diese am Sonntag in Bremerhaven (14 Uhr/MagentaSport) aber zu früh. Virologisch aber war sie ein voller Erfolg. Treutle, als Torhüter ein Spezialist im Abwehren von Gefahren, weiß auch, warum die Ice Tigers in dieser derzeit so viel wichtigeren Statistik so erfolgreich waren. "Jedem Spieler hier war der Ernst der Lage bewusst", erklärt der Nürnberger. "Ich habe mich unter meinen Kollegen jedenfalls immer sicher gefühlt."

Nur während des Trainings trugen die Ice Tigers im Alltag keine Masken. 

Nur während des Trainings trugen die Ice Tigers im Alltag keine Masken.  © Thomas Hahn/Sportfoto Zink

In dieser Saison wurde in der Nürnberger Kabine nicht über Tinder-Dates oder House-Partys gesprochen, ganz einfach, weil es keine gab. Nun soll das nicht heißen, dass sich Profis in anderen Kabinen nicht ihrer Verantwortung bewusst waren. Und natürlich hat man in der DEL davon profitiert, dass es keine internationalen Verpflichtungen gab. Corona-Fälle gab es in Nürnberg aber nur vor dem ersten gemeinsamen Training. Patrick Reimer, Daniel Schmölz und Andrej Bires hatten sich vorher bei ihren Ausflügen in die DEL 2 angesteckt. Luke Adam musste in Kanada lange warten, bis sich das Virus aus seinem Körper verabschiedete, ehe er nach Nürnberg fliegen durfte.

Sars-CoV-2 und alle seine Mutationen fühlen sich in Eishallen besonders wohl. Die Ice Tigers und ihr Hygienebeauftragter, der Athletiktrainer Andreas Gerg, wussten das von der ersten Sekunde an. "Was unser Team hier geleistet hat, ist wirklich der Wahnsinn", lobt Treutle und meint damit Gerg und Thomas Schinko, den Physiotherapeuten.

100.000 Euro an Test- und Laborkosten

Billig war das nicht. Allein die Test- und Laborkosten betrugen für die Ice Tigers nach Angaben der DEL 5000 Euro – pro Woche. Insgesamt zahlten die Klubs 100.000 Euro für die gesamte Saison. Auch das war den Ice Tigers bewusst. "Ich glaube auch", bestätigt Trainer Frank Fischöder, "dass die Disziplin sehr groß ist. Durch unsere Testungen hätten wir jederzeit reagieren können. Glücklicherweise waren wir ohnehin alle immer negativ." Auch er weiß von Kollegen, die nicht das Glück hatten, von Beginn an in einem sicheren Umfeld zu arbeiten. "Hoffen wir, dass wir die Woche gut zu Ende bringen."

Es gab Bänder- und Muskelfaserrisse, Prellungen, eine Gehirnerschütterung, verheerende Verletzungen im Mundraum, mehrere angeknackste Egos in Nürnberg – Berufsrisiko im Eishockey. Einen Corona-Fall gab es nicht. Nur Niklas Treutles Nase ist taub. Seiner Leistung schadet das nicht. Nach einer starken Leistung der gesamten Mannschaft war es der Torhüter, der den Ice Tigers in Berlin beim 3:4 nach Penalty-Schießen einen weiteren Punkte sicherte.

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