Die Ice Tigers wachsen - warum trotzdem der Abstieg droht

21.4.2021, 17:02 Uhr
Herausragend: 19 Tore schoss Daniel Schmölz, 13 davon allein in den letzten 14 Saisonspielen.

© Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa Herausragend: 19 Tore schoss Daniel Schmölz, 13 davon allein in den letzten 14 Saisonspielen.

Wie schlecht waren die Ice Tigers denn nun wirklich?

Der aktuelle Jahrgang hat die Playoffs verpasst, das ist den Ice Tigers in den letzten beiden Jahrzehnten nur einmal passiert. In der Südgruppe fehlten letztlich sechs Punkte auf Augsburg, den Vorletzten. Dazu kam das 0:15 in 120 Minuten in Ingolstadt und ein seltsam missratener Ausflug an den Rhein Ende März. Nach der Wiedervereinigung der DEL aber haben die Ice Tigers auch gegen alle sieben Teams aus dem Norden gepunktet. In einer (fiktiven) gemeinsamen Tabelle belegen sie seit dem 20. März Platz fünf. Mit einer längeren Vorbereitung und etwas weniger Verletzungspech hätten die Ice Tigers also durchaus eine Chance auf einen Platz in den Playoffs gehabt.

Wer hat überrascht?

Die Erwartungen an Daniel Schmölz waren nicht gering. Die Ice Tigers hatten im Frühjahr mit Daniel Fischbuch ihren besten Stürmer an die Düsseldorfer EG verloren, mit Schmölz kam ein anderer Spielertyp aus Augsburg, der zuletzt aber bereits 15 Mal getroffen hatte. In Nürnberg legte er in einer verkürzten Saison noch einmal vier Tore drauf. In den letzten vier Wochen gab es in der gesamten Liga keinen torgefährlicheren Spieler. Mit einer bemerkenswerten Konstanz schloss der 29-Jährige Angriffe erfolgreich ab, direkt vor dem Torhüter gibt es in der DEL keinen cooleren Spieler. Und ihn werden die Ice Tigers nicht ersetzen müssen. Schmölz hat für zwei Jahre in Nürnberg unterschrieben.

Wer hat enttäuscht?

Bemüht: Nicht nur Andrew Bodnarchuk schien seinen Ice Tigers zu viel helfen zu wollen. 

Bemüht: Nicht nur Andrew Bodnarchuk schien seinen Ice Tigers zu viel helfen zu wollen.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Es war clever, immer wieder subtil zu erwähnen, wie jung und unerfahrenen diese Mannschaft doch sei. Den Tatsachen entsprach es nicht. Moritz Elias und Roman Kechter, beide zu Saisonbeginn erst 16, die Verteidiger Julius Karrer (20) und David Trinkberger und der Stürmer Timo Walther (22) mussten zwischendurch immer wieder aussetzen. Es waren die Spieler, die ihren jungen Kollegen Sicherheit geben sollten, die immer wieder durch Aussetzer auffielen – nicht selten in entscheidenden Situationen. Dabei waren diese Fehler kein Symptom einer fortgeschrittenen Scheißegal-Attitüde. Im Gegenteil. Andrew Bodnarchuk schien in jedem Wechsel zu viel zu wollen, dasselbe gilt für Oliver Mebus, den nicht nur läuferisch überforderten Tom Gilbert, zu Beginn der Saison für Patrick Reimer und Chris Brown.

Droht in der kommenden Saison der Abstieg?

Ja. Aber das muss nicht unbedingt an der Entwicklung der Mannschaft liegen. Mit Karrer, Trinkberger, Pilu, Jahnke, Fleischer und hoffentlich auch Kechter kann Frank Fischöder auf Talente setzen, die nur besser werden können. Mit einem klaren Aufgabengebiet zählen Tim Bender und Mebus zu den besten Verteidigern der Liga, Niklas Treutles Qualitäten im Tor sind unbestritten. Ustorf wird seine Arbeit selbst daran messen, wie gut die Importspieler sind, die er von einem Engagement in Nürnberg überzeugen kann. Die größte Qualität der neuen Ice Tigers aber ist die wirtschaftliche Vernunft. Wolfgang Gastner wird keine Risiken eingehen, in der DEL ist er damit ein Exot. Die aktuelle Pandemie-Saison hat gezeigt, dass DEL-Klubs immer machen werden, was möglich erscheint. Die Angst vor einem Abstieg und solides Wirtschaften lässt sich traditionell nur schwer miteinander vereinbaren.

Und der Trainer?

Frank Fischöder war es gewohnt, herausragend besetzte Mannschaften aufs Eis zu schicken. In seiner ersten Saison als Trainer einer Profi-Mannschaft hat auch er dazulernen müssen, nur sieht er das offenkundig nicht als Schwäche an. Fischöder ist ohnehin ein Mensch, der sich ständig weiterbildet, sich abschaut, was in anderen Sportarten funktioniert, der eigene Fehler nur einmal macht. Mit Ustorf musste er einen Vorgesetzten akzeptieren, der klare Vorstellungen in diese Zusammenarbeit einbringt. Es ist kein Zufall, dass mit der Ankunft des neuen Sportdirektors der junge Nürnberger Kechter von Fischöder mehr Eiszeit bekam – vor allem ihm und seine Familie zu zeigen, dass man unbedingt mit ihm weiterarbeiten will. Mit zunehmender Spielzeit war zu erkennen, dass Fischöder auch vergleichsweise bescheiden besetzten Mannschaften eine spielerische Identität geben kann. Im September wird der Trainer 50 Jahre alt, das wird ihn nicht daran hindern, mit den Ice Tigers besser zu werden.

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