Trotz Trump: USA locken jungen Footballer aus Roth

9.11.2020, 05:55 Uhr
Mit einer Mischung aus Hoffnung und Sorge blickt Alex Honig auf die wichtigste Football-Nation der Welt.

© Marco Frömter Mit einer Mischung aus Hoffnung und Sorge blickt Alex Honig auf die wichtigste Football-Nation der Welt.

Auch er saß in der Wahlnacht vor dem Fernseher. Womöglich noch etwas gespannter als andere Menschen, schließlich wartet in den USA nicht weniger als die Zukunft auf Alexander Honig. Ein kleines Wort, mit dem der junge Footballer so große Hoffnungen verbindet. Trotz Corona. Trotz der immer deutlicher werdenden Spaltung seiner künftigen Heimat. Im Juli hat Alex Honig seine Schule beendet, seine Karriere trieb der 18-Jährige aber bereits nebenher kräftig an.

Das Spiel mit dem Ei ist schließlich sein Leben, von klein auf. Sein Vater James spielte viele Jahre für die Noris und die Nürnberg Rams, avancierte mit starken Auftritten am Zeppelinfeld zum deutschen Nationalspieler – seine beiden Söhne waren so oft es nur irgend ging an seiner Seite und bestaunten den eigenen Vater inmitten der menschlichen Kleiderschränke mit großen Augen. Womöglich wiederholt sich diese Geschichte, genau umgekehrt. Wenn denn Alex Honig, der inzwischen selbst an die zwei Meter groß ist und Hände wie Bratpfannen mit einem Durchmesser von 28 Zentimeter hat, seinen Traum verwirklichen kann.

Kein Wort über Politik und Religion

Im Dezember will er den Vertrag an dem College unterschreiben, das ihm ein Stipendium angeboten hat. Die Christian University liegt im Herzen Texas in Fort Worth. Im Herzen des Amerikas von Donald Trump. "Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist Amerika nicht mehr. Harmonie ist selten, überall gibt es Streit", hat Honig bei seinen inzwischen schon fünf Touren durch die Staaten festgestellt. Die Bewegung "Black lives matter", die auch etliche Spieler der National Football League protegierten und damit Trump bewusst brüskierten, hat viele Menschen mobilisiert, glaubt Honig.

Das Land wirkt auf den jungen Burschen aus Roth gespaltener denn je. "Als Europäer oder Einwanderer solltest du über zwei Dinge mit Amerikanern nicht diskutieren: Politik und Religion." In einem von Demokraten geführten Nordamerika würde sich der 18-Jährige wohler fühlen, bekennt er. "Aus europäischer Sicht verbinde ich mit Joe Bidens Ideen mehr als denen von Trump. Und ich bin nicht so patriotisch aufgewachsen", sagt Honig. Wobei sich Sport und Politik zumindest in seinem Fall noch ganz gut trennen lassen. Im College lebe er in einer Art Blase, da gehe es ausschließlich um Football und das Fach Gesundheitswesen, für das er sich eingeschrieben hat.

Texas ist Trump-Land

Und dennoch kann Honig die aktuellen politischen Kontroversen nicht ganz beiseite schieben. "Ich weiß, wie die Leute ticken. Die Städte sind beinahe europäisch, auf dem Land aber ist es den Menschen wichtig, ihre Waffen zu behalten." Und Texas, seine künftige Heimat, in der er seine Träume leben will, gilt als erzkonservativ. "Erst dachte ich, es wäre jetzt ein swing state, aber jetzt ist das Land doch wieder Rot." Rot wie Trump. Rot wie die Politik der Scheuklappen.


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Honig, dem aufstrebenden Footballer, der als eines der größten Talente des alten Kontinents gilt, muss das alles egal sein. Er will diesen ovalen Ball verteilen, auf dem Feld Regie führen und irgendwann der erste Europäer sein, der in der berühmten National Football League die so wichtige Position des Quarterbacks einnimmt. Im Januar startet sein neues Leben. In einem College in Texas. Es wird spannend, auf welches Amerika der junge Kerl mit dem "big arm" trifft.

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