Philipp Pless

Dieser Franke ist Deutschlands bester Futsal-Torwart

7.5.2021, 06:00 Uhr
Mitspielender Torwart: Philipp Pless interpretiert seine Rolle durchaus offensiv.

© imago images/Avanti/Ralf Poller, NN Mitspielender Torwart: Philipp Pless interpretiert seine Rolle durchaus offensiv.

Das mit dem Timing hat schon mal nicht besonders gut geklappt, auch wenn man das beim besten Willen niemandem vorwerfen kann. Seit Jahren war über die Einführung einer Futsal-Bundesliga diskutiert und spekuliert worden, auf seinem Bundestag im September 2019 hat es der Deutsche Fußball-Bund dann beschlossen: Ab der Spielzeit 2021/22 soll es unter seinem Dach eine bundesweite Liga für die besten Futsal-Spieler des Landes geben. Eine Bundesliga. Der Name ist für alle Aktiven und Fans der offiziellen Hallenfußballvariante von Fifa und Uefa ein Versprechen, noch. Bald soll er ein Qualitätsmerkmal sein.

Corona war im Spätsommer 2019 noch weit weg. Nun ist die Pandemie Alltag für alle, beim DFB laufen die Planungen für die Futsal-Bundesliga dennoch auf Hochtouren – obwohl die Vereine aufgrund pausierender Ligen momentan keine Chance haben, sich sportlich dafür zu qualifizieren. Immer und immer wieder verschiebt die Politik aus guten Gründen eine Hallenöffnung für Amateursportler, zu denen die allermeisten Futsal-Spieler des Landes gehören.

Philipp Pless nennt sich selbst Halbprofi und darf in die Halle. Seit acht Wochen trainiert der gebürtige Feuchtwanger, der in Rothenburg aufgewachsen ist und Fußball gespielt hat, wieder mit seiner Mannschaft, dem TSV Weilimdorf in Stuttgart. Der 30-Jährige ist Frankens erfolgreichster Futsal-Spieler, er ist: Deutschlands Nummer 1.

Eigentlich träumte Pless lange davon, Fußballprofi zu werden. Beim VfR Aalen war er in der 3. Liga dritter Torwart, in Heidenheim stand er später kurz vor der Unterschrift eines Profivertrags – ehe der Verein einen anderen Torwart verpflichtete. "Das war ein Nackenschlag", sagt der heute 30-Jährige. "Ich war damals 23 Jahre alt und sehr oft sehr nah dran gewesen. Wenn man sieht, man hält mit, und dann aber das Vertrauen und das Glück nicht hat, ist das schon hart." Es war aber gleichzeitig auch die Brücke zur neuen Karriere.

Lob aus Barcelona

Ein Freund nahm ihn mit zum Futsal, wo der Flaschenhals noch deutlich weiter gefasst ist, als im Haifischbecken Profifußball. Pless spielte sehr schnell sehr gut, so dass auch der Bundestrainer Marcel Loosveld auf ihn aufmerksam wurde. Spätestens als ihm bei einem DFB-Lehrgang Torwarttrainer Miguel Andrés Moreno, der auch beim FC Barcelona, einem der besten Futsal-Teams der Welt, Teil des Trainerstabs ist, sagte, er solle das mit dem Fußball sein lassen und nur noch Futsal spielen, hat es Klick gemacht. Es folgten 25 Länderspiele, ein deutscher Meistertitel, die Teilnahme an der Champions League.

"Es war doch gut, wie alles gekommen ist", hat Papa Pless seinem Sohn neulich gesagt, der seinen Frieden mit der verpassten Chance Profifußball gemacht hat. Das nächste Ziel lautet nun: Bundesliga. "Das Ding wird durch die Decke gehen", schätzt Philipp Pless, "weil es einfach ein geiler Sport ist und von den Vermarktungsmöglichkeiten und auch vom Eventcharakter her attraktiv für die Fans ist." Zehn Mannschaften soll die neue Liga zunächst aufnehmen, deutlich mehr haben zum Stichtag am 31. März ihre Lizensierungsunterlagen eingereicht. "Darum wird die Bundesliga auch kommen", ist sich Pless sicher. Und zwar in diesem Jahr. Es geht jetzt nur noch darum, über die sportliche Qualifikation zu entscheiden, organisieren müssen das die Regionalverbände, die die Regionalligen beheimaten – die bisher höchsten deutschen Spielklassen. Die Regionalliga Süd ist in dieser Woche abgebrochen worden und wendet die Quotientenregel an, wonach Weilimdorf und der FC Penzberg nun Bundesligisten sind. Nach nur vier absolvierten Spieltagen.

Fortuna und der HSV

Ganz so euphorisch wie Pless ist sicher nicht jeder Beobachter der Futsal-Szene, denn ein Bundesligastart ohne Zuschauer in den Hallen wäre ein Hemmnis. Zudem waren die Hallen auch in den Regionalligen des Landes bisher selten gut gefüllt, wobei sich seit der Ankündigung der Bundesliga-Einführung viel getan hat: Fortuna Düsseldorf und der Hamburger SV drängen in die neue Spielklasse, auch der FC Sankt Pauli hat seine Lizenzunterlagen eingereicht. Und die Nationalmannschaft um Pless hat sich immerhin auf Fifa-Platz 63 vorgekämpft.
"Für uns Spieler ist die Bundesliga enorm wichtig", erklärt Pless und verweist auf das erwartbar höhere Niveau als in den Regionalligen.

"Hundertprozentig" profitiere der Sport dann von der Strahlkraft dieser großen Bühne und ziehe gute Fußballer an. Spieler wie Pless, die es auf dem Rasen nicht bis ganz nach oben geschafft haben, öffnet sich auf dem Hallenboden eine neue Tür. "Wobei man nicht unterschätzen darf, dass es unterschiedliche Disziplinen sind", so Pless: "Ein guter Fußballer braucht etwa zwei Jahre, um auch ein guter Futsalspieler zu werden", kleine Details in Technik und Taktik machen einen großen Unterschied.

Pless könnte mittlerweile sogar ausschließlich vom Futsal leben, tut er aber nicht. Er ist Erzieher in einem Kindergarten und solange sich das eine mit dem anderen vereinbaren lässt, soll das auch so bleiben. "Es ist einfach ein guter Ausgleich". Den Beweis schiebt er, Deutschlands Nummer 1, direkt hinterher: "Für die Kinder bin ich einfach der Philipp. Und das soll auch so bleiben." Auch in der Bundesliga.

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