Club gegen Kerk: Ex-Spieler freut sich auf den FCN

21.11.2020, 05:39 Uhr
 Höhenflug: In Osnabrück glänzt Sebastian Kerk als Top-Scorer.

© Armin Weigel, dpa  Höhenflug: In Osnabrück glänzt Sebastian Kerk als Top-Scorer.

Wer wissen möchte, welche Rolle Vertrauen im Sport spielen kann, dem bot Sebastian Kerk am siebten Zweitliga-Spieltag eine beeindruckende Demonstration. Beim 4:2-Sieg seines VfL Osnabrück in Regensburg holte Kerk zwei Elfmeter heraus, verwandelte sie souverän selbst und fand zwischendurch auch noch Zeit, einen Freistoß aus 30 Metern ins Netz zu jagen.

Die Idee dazu hatte, wie Kerk schmunzelnd verrät, Kollege Ulrich Taffertshofer. "Er meinte: Kerki, du hast so ’nen guten Schuss, knall das Ding doch direkt aufs Tor." Gesagt, getan. Fußball kann manchmal so einfach sein.

Beim 1. FC Nürnberg, so schien es zumindest, war für Kerk nichts mehr einfach gewesen. Nach einem Achillessehnenriss, der ihn fast die komplette Saison 2017/18 kosten sollte, war der 26-Jährige nie wieder richtig in Tritt gekommen. Der einst so dynamische Linksfuß wirkte offensiv seltsam gehemmt und im Zweikampf zaghaft, seine vielgerühmten Standards verpufften. Unter Trainer Jens Keller spielte er schließlich kaum eine Rolle mehr.

Wenig überraschend wurde Kerks Vertrag nach insgesamt vier Jahren in Nürnberg, unterbrochen von einem einjährigen Intermezzo beim 1. FC Kaiserslautern, nicht mehr verlängert. Der einst populäre "Captain Kerk" war – ähnlich wie Hanno Behrens – zu einem Gesicht des Nürnberger Niedergangs geworden. Ein Auslaufmodell, eine Reizfigur. Als Kerk beim VfL unterschrieb, wurde das in Fankreisen mit beißendem Spott kommentiert. Allgemeiner Tenor: Was wollen die denn mit dem?

Längst zeigt sich, dass die Idee vielleicht doch keine so schlechte war. Kerk etablierte sich auf Anhieb als Stammkraft, ist mit drei Toren und fünf Vorlagen aktueller Top-Scorer und wurde vom kicker schon viermal in die "Elf des Tages" berufen. Die Erklärung für die wundersame Wandlung klingt profan: "Ich habe wieder Spaß am Fußball", sagt Kerk. Dass ihm diese Freude am Beruf beim Club etwas abhanden gekommen war, lässt er allenfalls erahnen: "Letztes Jahr lief vieles nicht so, wie es hätte laufen können", sagt Kerk nur, ohne ins Detail zu gehen: "Ich hatte eine schöne Zeit in Nürnberg und will nicht nachkarten."

Der Wechsel nach Niedersachsen bot die Chance, "die Reset-Taste zu drücken und wieder bei Null anzufangen", wie es der Schwabe formuliert. Und Trainer Marco Grote setzte auf seinen bundesliga-erfahrenen Neuzugang, gab ihm die Matchpraxis, die er braucht, "um meine Leistung abrufen zu können". In Osnabrück habe man ihm "von Anfang an Vertrauen entgegengebracht", sagt Kerk: "Und ich habe gezeigt, dass ich dann schon was mit dem Ball anzufangen weiß."

Vor allem, wenn er auf seiner Wunschposition im zentralen Mittelfeld wirbeln darf. "Da kann ich mehr Einfluss auf das Spiel nehmen, meine Mitspieler in Szene setzen oder selbst zum Abschluss kommen", erklärt Kerk, der in Nürnberg meist auf der linken Außenbahn eingesetzt wurde. "Der einzige Club-Trainer, der mich auf der Zehn spielen lassen wollte, war Damir Canadi. Aber dann war auf einmal für diese Position in seinem System kein Platz mehr."

In Osnabrück ist das anders. "Der Trainer gibt uns gewisse Vorgaben, lässt uns auf dem Platz aber auch viele Freiheiten. So kann jeder seine individuelle Note einbringen." Die große Stärke des Tabellenzweiten sei der Zusammenhalt, die Mannschaft verfüge aber auch über viel fußballerische Qualität. "Das hatte ich bei meiner Vertragsunterschrift so nicht erwartet", gesteht Kerk und schwärmt von der innovativen Kaderplanung des im Sommer ja auch vom Club umworbenen Sportdirektors Benjamin Schmedes: "Chapeau, wie er mit den wenigen Mitteln, die dem VfL zur Verfügung stehen, so eine schlagkräftige Truppe zusammengestellt hat."


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Das soll am Montagabend auch Nürnberg zu spüren bekommen. In einem Spiel, das für ihn "schon etwas Besonderes ist", wie Kerk einräumt. Weil er zu Ex-Kollegen wie Tim Handwerker, Lukas Mühl, Nikola Dovedan oder Felix Lohkemper noch Kontakt pflegt, aber auch, weil "mir Verein und Fans am Herzen liegen". Trotz allem. Darum wünscht Kerk dem Club auch, "dass es wieder aufwärts geht – nach dem Spiel gegen uns".

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