Edgar Burkart: Die Spielvereinigung war seine Familie

28.4.2019, 10:00 Uhr
Edgar Burkart: Die Spielvereinigung war seine Familie

© Mark Johnston

Ihn selbst muss man nicht vorstellen. Burkart, in Würzburg geboren, zog schon früh mit seinen Eltern nach Fürth. Der Vater arbeitete damals als Friseur bei den Amerikanern, und so siedelte sich die Familie in der Südstadt im Umfeld der Kaserne an. Edgar zog es in jungen Jahren immer wieder auf den nahen Hans-Lohnert-Sportplatz, dem er schließlich seinen Spitznamen "Lohner" verdankte.

Für die DJK Fürth streifte er sich das Torwarttrikot über und spielte damals auch gegen die SpVgg. Im gegnerischen Team kickte ein Schulkamerad, der zu Burkarts bestem Freund werden sollte: Wolf Nanke. "Irgendwann haben wir beschlossen, dass wir mal gemeinsam zu den Fürthern gehen", erinnert sich Nanke heute noch ans erste Spiel, das sie 1951 gemeinsam besuchten. Vor rund 28 000 Zuschauern verloren die Fürther zwar in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft gegen den 1. FC Kaiserslautern, trotzdem sagte Burkart im Jahr 2010 rückblickend: "Das war ein einmaliges Erlebnis. Da habe ich mir gesagt, da gefällt es mir, und ab diesem Tag bin ich jeden Sonntag hin – bis heute."

Und das irgendwann nicht nur als Zuschauer. Als das Kleeblatt 1975 einen Abteilungsleiter für die Amateure suchte, sprang Burkart ein, zumal sein Freund Nanke damals für die Jugend verantwortlich war. "Er war ein guter Abteilungsleiter", betont Nanke. Seinen Beruf als Mineralölkaufmann gab Burkart auf und wechselte in die Immobilienbranche. Seine Berufung blieb aber von da an die Spielvereinigung.

"Der Verein war alles für ihn", weiß Nanke zu berichten. "Während ich noch Familie hatte, war Edgars Familie die Spielvereinigung." Bald gehörte der Lohner auch zur Familie Nanke, die beiden Freunde teilten viele besondere Momente; zum Beispiel 1978 die gemeinsame fünfwöchige Reise zur Weltmeisterschaft in Argentinien. Auch die berüchtigte Schmach von Cordoba, die Niederlage der DFB-Elf gegen Österreich, erlebten sie live vor Ort.

Burkarts Fußballkarriere endete ebenfalls im Ausland. "Das war ein großer Kalauer", erzählt Nanke schmunzelnd: "Wir waren mit einer Privatmannschaft in Österreich eingeladen, beim ersten Schuss aufs Tor brach Edgar sich die Rippe. Danach hat er aufgehört."

Burkart konzentrierte sich fortan auf seine SpVgg. Als das Kleeblatt in die Landesliga abgestiegen war und Peter Eggen das Präsidentenamt niederlegte, war es erneut Burkart, der einsprang. "Wir haben uns damals gesagt, bevor es irgendein Fremder macht, machen wir das", sagt Nanke, der sich zum Vize wählen ließ. Die Verpflichtung von Günter Gerling als Trainer erwies sich als Glücksgriff. Unter ihm gelang nicht nur der legendäre 3:1-Sieg über Borussia Dortmund im DFB-Pokal, sondern 1991 auch der Wiederaufstieg in die Bayernliga. 1994 qualifizierte sich das Kleeblatt für die neugeschaffene Regionalliga. Ein leichtes Amt hatte Burkart nicht. Nanke zufolge stellten schon alltägliche Probleme die SpVgg vor Nöte: "Wenn der Rasenmäher kaputt war, mussten wir eine Präsidiumssitzung einberufen, um Geld für die Reparatur zusammenzubekommen."

Seine wichtigste Entscheidung eröffnete Burkart seinem Freund und Vizepräsidenten im Auto nach einem Auswärtsspiel 1995 in Vestenbergsgreuth. Helmut Hack hatte ihn gefragt, ob man fusionieren wolle. Die Verhandlungen begannen, viele Kleinigkeiten galt es zu klären. "Der Hack hätte gerne gewollt, dass wir was Rotes auf den Trikots haben" – in Fürth undenkbar. Wie oft sich Helmut Hack damals den Standard-Satz des SpVgg-Präsidenten ("Dou mou i mal aans derzou soong") anhören durfte, ist nicht überliefert.

Als der Zusammenschluss gelungen war, trat Burkart gerne ins zweite Glied zurück. Er hatte die wichtigste Mission erfüllt und die SpVgg "vom Sterbebett in die Regionalliga" geführt, wie er es selbst einmal sagte, und "sein Kleeblatt" – auch wenn diese Meinung nicht alle Fans teilten – in gute Hände übergeben. Als Vizepräsident der SpVgg Greuther Fürth war Burkart anschließend wieder für den Amateurbereich zuständig.

Im Jahr 2008 erkrankte Edgar Burkart schwer. Auf dem Weg zu einem Heimspiel brach er im Treppenhaus zusammen. Es folgten ein langer Krankenhausaufenthalt und mehrere Reha-Behandlungen. Auch das Rauchen gab er auf und kehrte, was so kaum zu erwarten war, zurück in "seinen" Ronhof. Auf Geh-Hilfe und Sauerstoffgerät angewiesen, verpasste er kein Spiel. Nicht nur bei den Profis, sondern auch bei der Jugend und der Frauenfußballmannschaft war er regelmäßig zu Gast.

Im November 2010 gab Burkart sein Präsidiumsamt schließlich ab und wurde zum ersten Ehrenpräsidenten der SpVgg Greuther Fürth ernannt. Damals sagte er: "Mein größter Wunsch wäre es, noch einmal eine Saison mit der SpVgg in der Bundesliga zu erleben und da ein Derby gegen den Club zu gewinnen."

Ein unerfüllter Traum

Diesen Wunsch konnte sich Edgar Burkart nicht mehr erfüllen. Am 12. Februar 2011, unmittelbar nach dem Heimsieg über Energie Cottbus, starb er im Alter von 66 Jahren im Fürther Klinikum.

Ein Jahr später gelang der SpVgg Greuther Fürth tatsächlich der Aufstieg. Wenngleich er es nicht miterleben durfte, war Burkart in den Herzen der Fans dabei: Unter dem Motto "Mit dem Lohner im Fußballhimmel . . ." zog das Kleeblatt in die Bundesliga ein. Ihm zu Ehren wurde der Stehblock auf der Südtribüne "Lohner" getauft, und auch der Fanclub "Lohners Erben" ehrt heute noch das Andenken an das Fürther Urgestein.

Edgar Burkart hat seinen Platz nicht nur in der Vereinsgeschichte sicher, sondern bis heute in den Herzen vieler Fürther Fans. Und in einem ist sich Wolf Nanke ganz sicher: "Wenn der Edgar heute zu uns runter schaut und sieht, was unter Helmut Hack aus seiner Spielvereinigung geworden ist, würde er sich sehr freuen."

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