Kimia Alizadeh überrascht

Ehemalige Nürnbergerin verpasst Olympia-Bronze im Taekwondo

25.7.2021, 20:11 Uhr
"Sie ist ein Mega-Talent": Kimia Alizadeh (links) in Tokio.

© JAVIER SORIANO, AFP "Sie ist ein Mega-Talent": Kimia Alizadeh (links) in Tokio.

Sie war eine Heldin. Als Kimia Alizadeh vor fünf Jahren bei den Olympischen Spielen in Rio Bronze gewann, war das nicht weniger als eine Sensation. Noch nie zuvor hatte eine iranische Frau bei Olympia eine Medaille geholt. Und dann auch noch eine mit Kopftuch. Für das islamisch geprägte Land war das ein Zeichen an die Sportwelt, vom Ruhm dieses Erfolges hätte die damals 17 Jahre junge Sportlerin in ihrer Heimat ein schönes Leben führen können.

Doch Kimia Alizadeh wollte kämpfen, nicht nur auf der Matte, sondern auch im Leben. Für ihre Ideale und Überzeugungen. Deshalb ließ sie ihre Freunde und ihre Familie im Iran zurück und machte sich auf dem Weg. Im Januar 2020 machte sie auf Instagram öffentlich, dass sie ihre Heimat verlassen hat. „Ich bin eine von Millionen unterdrückten Frauen in Iran, mit denen sie nach Belieben seit Jahren spielen“, schrieb sie damals. „Ich habe mich gekleidet, wie sie wollten. Ich habe jeden Satz wiederholt, den sie angeordnet haben. Es geht nicht um mich, nicht um uns. Wir sind nur Werkzeuge.“

Von Spanien aus ging es in die Niederlande und von dort weiter nach Hamburg. In Deutschland informierte sie sich, wo sie am besten trainieren und weiter an ihrem Traum von der nächsten Medaille bei Olympia arbeiten kann. Ein paar Wochen später landete Kimia Alizadeh in Nürnberg, wo die Schule „Taekwondo Özer“ seit vielen Jahren international erfolgreiche Sportler hervorbringt.

Alfred Castaño erinnert sich noch gut an die ersten Tage, in denen die junge Sportlerin in Nürnberg ankam. Der 1. Vorsitzende von „Taekwondo Özer“ suchte sofort den Kontakt zur Stadt Nürnberg und stieß dort auf offene Ohren. Gleichzeitig schickten sie alle notwendigen Papiere an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Alizadeh wollte ja so schnell wie möglich für Deutschland bei Olympia kämpfen.

Sie bekam eine Wohnung in Nürnberg, doch sportlich lief es nicht. Nach den ersten Wochen in Nürnberg plagte sich Alizadeh mit alten Verletzungen herum und wurde in Nürnberg am Knie operiert. Dann kamen Schmerzen am Fuß dazu, die sie von einem iranischstämmigen Arzt in Aschaffenburg behandeln ließ. Dieser verschaffte ihr eine Wohnung in Unterfranken, seit Ende vergangenen Jahres lebt die 23-Jährige dort auch mit ihrem Mann.

Kurz vor den Spielen hat das IOC sie für das Flüchtlingsteam nominiert – und Kimia Alizadeh überraschte alle. Sie schlug in Tokio unter anderem die zweimalige Olympiasiegerin Jade Jones aus Großbritannien, erst im Kampf um Bronze verlor sie am Sonntag gegen die Türkin Hatice Kübra Ilgün. „Sie hat nur mit ihrem Mann in Eigenregie trainiert“, erzählt Alfred Castaño. „Wäre sie hundertprozentig fit gewesen, hätte sie sicher Gold gewonnen. Sie ist ein Mega-Talent.“

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