Ein „Tussi-Lauf“ macht der Bequemlichkeit Beine

8.1.2012, 17:23 Uhr
Ein „Tussi-Lauf“ macht der Bequemlichkeit Beine

© Wolfgang Zink

Der kleine Parkplatz unweit der Thusneldaschule füllt sich. Letzte Vorbereitungen zu einem Dreikönigstreffen der besonderen Art – dem „Tussi-Lauf“. Keine Angst, der Name ist tatsächlich mehr Verballhornung denn Programm. Und „Tussis“, denen gemeinhin ein Hang zu übertriebener Eitelkeit und Bequemlichkeit nachgesagt wird, waren am Freitag definitiv nicht am Start. Ganz im Gegenteil – die Frauen, die sich auf den Rundkurs über einen Kilometer an den Gestaden des Wöhrder Sees begaben, sind ebenso wie die Männer aus hartem Holz geschnitzt.

Um genau 9.30 Uhr schickt Organisator Roland Blumensaat die 33-köpfige Laufgemeinde auf die Strecke. Dass der Regen pünktlich zum Start einsetzt, tut der Stimmung keinen Abbruch. Die ersten 300 Meter führen auf dem Weigelshofer Weg durch den Wald. Es folgt eine scharfe Rechtskurve, und schon geht’s rein in den Wöhrder Wiesenweg. 600 Meter am Wasser entlang, vorbei an zwei Hundewiesen. Dann wieder eine Rechtskurve, einen kleinen Hügel hinauf und zurück zum Ausgangspunkt. Schon bald sortiert sich das Feld: Christian Schrödel hat sich bereits deutlich abgesetzt und die erste Runde in gut vier Minuten absolviert. Nach exakt 8,56 Minuten setzt er zur ersten Überrundung an. Spätestens jetzt heißt es, den eigenen Rhythmus finden. Dosiert laufen, sich nur nicht übernehmen.

Christoph Richters besonderes Schuhwerk ...

Christoph Richters besonderes Schuhwerk ...

Rekorde sind ohnehin nicht sein Ding. Größeren Wert legt Roland Blumensaat, Lauftherapeut und Initiator der Veranstaltung, auf die Gesundheit: „Laufen als natürlichste Form der Fortbewegung ist gut für Herz und Kreislauf, reguliert den Blutdruck, fördert das Wohlbefinden und ist auch für Asthmakranke und Diabetiker geeignet.“ Blumensaats Lauffeuer hatte sein Onkel anno 1971 gelegt. Der Beginn einer langen und erfolgreichen Lauf-Bahn. Seitdem ist der drahtige 53-Jährige regelmäßig zwischen Wöhrder See und Tiergarten unterwegs. Alleine und seit 1994 auch mit Gruppen. Die haben seine Philosophie des Schritt-Weise-Laufens längst verinnerlicht. Damit hat er Max Stern, der sich „immer vor dem Laufen gedrückt hat“, erfolgreich Beine gemacht. Seitdem dreht der 60-Jährige regelmäßig seine Runden und sagt: „Ich brauche das“.

Inzwischen haben sich kleine Grüppchen gebildet, da läuft es sich doch wesentlich leichter. Und kommunikativer ist es obendrein: „Unterwegs habe ich meine berufliche und private Situation besprochen“, lacht Andrea Schmalfuß und fügt einschränkend hinzu: „Nur leider nicht vollständig, dafür war die Stunde zu wenig.“

Die Frau muss es wissen. Schließlich hat sie diverse 100-km-Läufe in den Beinen und steht in diesem Jahr vor einem besonderen Jubiläum. Schmalfuß möchte ihren 100. Marathon absolvieren. Ein bewegtes Leben führt auch Ehemann Olaf. Seit acht Jahren begeht er seine Geburtstage laufend – pro Lebensjahr ein Kilometer. Sein vergangenes Wiegenfest verbrachte er – seinem Alter entsprechend – auf der 53-Kilometer-Strecke von Nürnberg nach Pommersfelden. Bei Höchstadt bekam er Unterzucker. Die Insassin eines vorbeifahrenden Autos, die sich später als Arbeitskollegin entpuppte, hatte ein Einsehen und versorgte ihn mit drei Tafeln Schokolade. Solchermaßen gestärkt legte er die Reststrecke ohne weitere Zwischenfälle zurück.

Organisator Roland Blumensaat geht es nicht um Rekorde und Zeiten

Organisator Roland Blumensaat geht es nicht um Rekorde und Zeiten

Schokolade gab’s am Freitag als Stärkung zwischendurch zwar nicht, wohl aber Wasser, Apfelschorle und ein Sportgetränk. So manch einer der Teilnehmer nutzte gerne die Gelegenheit, eine Pause einzulegen. Oder mit Partnerin Katharina ein kurzes Stück zu gehen. Wie Christoph Richter, der einzige sogenannte Fünf-Finger-Schuh-Läufer im Feld, der sich an die hautenge Passform seines Schuhwerks längst gewöhnt hat: „Es ist ein intensives Gefühl, auch wenn ich manchen Stein auf dem Weg deutlich spüre.“

Jeder legt die Strecke eben auf seine individuelle Weise zurück. Ganz für sich, ein Gemeinschaftserlebnis ist es dennoch. Und auf einmal – wesentlich schneller als erwartet – ist es vollbracht. Die Stunde ist buchstäblich abgelaufen. Lohn der Mühe: Die Aussicht auf eine gemeinsames Mittagessen beim Griechen, ein dickes Lob vom Chef, eine Urkunde und jede Menge gute Laune. Letztere hat offenbar auch die dunklen Wolken am Himmel vertrieben. Und wenig später lacht sogar die Sonne über Nürnberg-Mögeldorf.

Informationen gibt’s unter www.schritt-weise.de


 

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