Vier Geschichten vom Fußball

Ein Wochenende mit Küssen, Nüssen und Damir Canadi

19.12.2021, 18:36 Uhr
Ein Wochenende mit Küssen, Nüssen und Damir Canadi

© Wolfgang Zink

Ein Loch ist im Tornetz, oh Rafal!

Die Experten rätseln noch, wie es überhaupt passieren konnte. Mit dem Ball hatte das Tornetz in letzter Zeit ja eher selten Kontakt im Fürther Ronhof. Trotzdem war auf einer Seite plötzlich: ein Loch.

Da offenbar niemand ein neues in der Hosentasche hatte, musste das alte am Samstag vor Beginn der zweiten Halbzeit ausgebessert werden. Nur wie? Und wer?

Es meldete sich freiwillig: Rafal Gikiewicz. „Ich bin Pole, ich repariere alles“, sagte er nach Feierabend, wenn es sein muss auch ein Tornetz. Der Torwart des FC Augsburg ließ sich also eine Rolle Tape reichen und verklebte die Polypropylen-Fäden fachmännisch mit dem Pfosten. Wie jeder schlaue Hobby-Handwerker trug er dabei natürlich dicke Handschuhe.

Es hielt, wobei die Stelle auch keinen Belastungstest mehr bestehen musste. Vielleicht hatte das auch Fürths Schlussmann Sascha Burchert geahnt, der sich in der ersten Halbzeit im Tornetz verhakt hatte – das entstandene Loch aber erst mal Loch sein ließ.

"Kuss auf die Nuss"

Ein Wochenende mit Küssen, Nüssen und Damir Canadi

© David Inderlied, dpa

Zum Schluss prügelten sie sich auch noch auf der Haupttribüne des Ruhrstadions. Max Kruse unterbrach deshalb kurz ein Fernseh-Interview. Weil er nicht fassen konnte, was er da sah und hörte.

Vor, während und nach dem 1:0 (1:0) seines 1. FC Union Berlin beim VfL Bochum waren Bierbecher auf die Gäste geflogen, wütende VfL-Anhänger trommelten mit den Fäusten auf das Dach der Spielerbank, wüste Beschimpfungen schallten den Union-Profis entgegen.

„Ich habe selten so asoziale Fans erlebt wie hier“, meinte Kruse zunächst im Gespräch mit WDR2. Als er später im Bus saß, packte er seine Kritik an einem Teil der Bochumer Zuschauer in ein Instagram-Video. „Solche Siege wie heute schmecken einfach am besten“, sagte Kruse breit grinsend; der VfL sei eigentlich ein sympathischer Verein, 80 bis 90 Prozent der Fans seien „auch weiterhin sympathisch“, doch an diesem Samstag hätten sich „alle Ruhrpottasis in Bochum versammelt“. Sein süffisantes Schlusswort: „Gute Nacht euch. Kuss auf die Nuss.“

Wenn's läuft, dann läuft's

Es pressierte, und zwar sehr: Benjamin Pavard.  

Es pressierte, und zwar sehr: Benjamin Pavard.   © Tobias Hase, dpa

Dem bedauernswerten Benjamin Pavard pressierte es. Und zwar sehr. Also sprintete der französische Außenverteidiger des FC Bayern am Freitagabend beim Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg in der 83. Minute plötzlich vom Feld, verschwand in den Katakomben der Allianz Arena und ward fortan nicht mehr gesehen.

Sein Trainer sorgte später für Aufklärung. Pavard habe kurz vorher mitgeteilt, „dass er aufs Klo muss. Das habe ich mit meinem bescheidenen Schulfranzösisch verstanden“, berichtete Julian Nagelsmann. Den kuriosen Toilettengang des Weltmeisters konnte er beim Stand von 3:0 problemlos verschmerzen, zumal so der eigentlich für eine Auswechslung vorgesehene Jamal Musiala auf dem Feld bleiben und prompt noch das 4:0 vorbereiten durfte. Ein Novum war der notdurftbedingte Ausflug freilich nicht. Der englische Nationalstürmer Eric Dier etwa hatte 2020 in einem Ligapokalspiel für Tottenham kurz vor Schluss ebenfalls eine Pinkelpause eingelegt – und war danach zum Man of the Match gekürt worden. Wenn’s läuft, dann läuft’s.

PowerPoint kann nur Canadi

Abpfiff in Altach: Damir Canadi ist wieder mal den Job los.  

Abpfiff in Altach: Damir Canadi ist wieder mal den Job los.   © Wolfgang Zink

Als Damir Canadi im November mit dem SCR Altach für ein Testspiel an den Valznerweiher zurückkehrte, zollte der Österreicher seinem Nürnberger Kollegen Respekt. „Gut, dass du es gedreht hast. Das ist nicht leicht“, sagte Canadi also anerkennend in Richtung Robert Klauß, der vergangene Saison das geschafft hatte, was Canadi nicht gelungen war: beim Club eine Krise zu überstehen.

Auch in Altach ist das Canadi nun nicht gelungen. Nach drei Siegen, vier Remis und elf Niederlagen wurde der 51-Jährige beim Schlusslicht entlassen. Seine Mannschaft schien ihm schon länger entglitten zu sein. Wie herauskam, hatten zwei Routiniers den Mitspielern hinter des Trainers Rücken mit Hilfe von Folien konkrete Spielanweisungen erteilt. Ein Tabubruch, gilt doch Canadi selbst in dieser Disziplin als Koryphäe. Seine 59-seitige PowerPoint-Präsentation, ein nicht nur grafisch wilder Mix aus Küchenpsychologie, Taktikphrasen und Kalenderspruch-Philosophie, erlangte dank 11Freunde im Netz Kultstatus. Vielleicht kann sie sich Klauß ja bei Bedarf mal ausleihen.

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