Ausblick auf die Zukunft

Erlangens U23-Coach: "Hat mit Sportlichkeit nichts zu tun"

1.6.2021, 05:58 Uhr
Erlangens U23-Coach:

Vor anderthalb Wochen war die durch Corona sowieso schon verkürzte Saison der U 23 des HC Erlangen schlagartig vorbei: Die SG Leutershausen sagte das letzte Gruppenspiel im Ligapokal der 3. Liga kurzfristig ab. In Tobias Wannenmacher, Trainer der U 23, brodelt es noch immer.

Herr Wannenmacher, wurmt Sie das abrupte Saisonende noch oder macht das nun auch keinen Unterschied mehr?

Wurmen wäre untertrieben. Es nervt uns brutal. Die Trainingsplanung war klar auf das Spiel angelegt. Auch die Möglichkeit sich von den Jungs zu verabschieden, die aufhören, wurde uns genommen. Alle Vereine hatten ihr Mitwirken in zig Online-Konferenzen zugesichert, es gab ein Gentlemen’s Agreement. Für mich ist es nicht tragbar, unter dubiosesten Gründen abzusagen.

Was war denn die offizielle Begründung?

Verletzte Spieler, kleiner Kader, zu hohe Kosten für den fehlenden sportlichen Aspekt für Leutershausen. Die Chance, sich für den DHB-Pokal zu qualifizieren, hatten sie aus den Augen verloren. Ich weiß, dass das auch ein Grund war. Mit Sportlichkeit hat das nichts zu tun.

Ist so eine Absage nicht auch aus Sorge vor Corona trotzdem verständlich?

Die kann man heutzutage immer anbringen, aber die hatten wir auch schon, bevor wir den Spielbetrieb begonnen haben. Dafür gab es die Hygienekonzepte, die Spieler waren maximal getestet, es gab keine Zuschauer. Zum Zeitpunkt der Spielabsage waren die Zahlen absolut rückläufig, vor allem in Erlangen.


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Den Ärger über das Spiel beiseite: Haben sie aus der kurzen Ligapokal-Saison sportliche Erkenntnisse ziehen können?

Teilweise mussten Spieler von uns in der ersten Mannschaft aushelfen, die nicht für den Anschlusskader definiert sind. Deshalb habe ich in den letzten drei, vier Partien gesehen, dass sich die Spieler auf Kaderplatz 13 bis 20 in einer Drittliga-Saison gut präsentieren können. Das macht für nächstes Jahr viel Mut.

Sie haben über Abschiede gesprochen. Jakob Hoffmans hört auf. Welche Spieler gehen noch?

Torwart Sebastian Klein verlässt uns zur TSG Süfflingen, ein Aufsteiger aus der baden-württembergischen Oberliga in die 3. Liga. Dort haben sie ihm den ersten Platz im Tor zugesichert. Das kann ich bei uns nicht, deshalb ist es ein Abgang, der zwar weh tut, aber völlig legitim ist. Auch Daniel Mosindi haben wir bei uns im kleinen Kreis verabschiedet.

Junge Spieler wie Mosindi, Marschall, Bauer, Boieck, Bialowas oder Kellner helfen den verletzungsgeplagten Profis gerade enorm. Sind Sie stolz?

Stolz wäre übertrieben. Ich sehe, dass sie ihren Beitrag leisten und dort frischen Wind reinbringen. Das, was man als junger Spieler sowieso tun muss. Ein Erstligaspiel zu gewinnen, geht nur mit den gestandenen Spielern. Aber sie tragen dazu bei, dass unsere Profis durch diese Seuche kommen ohne einen Totalschaden zu erleiden. Das ist schön, aber man muss sie natürlich viel weiter entwickeln.


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Mosindi wird den HCE aber verlassen, bei Kellner ist eine Ausleihe im Gespräch. Ist noch genug Durchlässigkeit vorhanden?

Ich denke schon. Natürlich ist zwischen U 23 und erster Mannschaft eine kleine Lücke. Wir können mit der U 23 nicht höher als 3. Liga spielen, die 2. Liga ist für einen Entwicklungsschritt bei manchen aber notwendig. In dem Fall wäre eine Kooperation mit einem Zweitligisten schön. Der Abstand generiert sich natürlich auch aus den Ansprüchen, diese Lücke kann größer werden. Das ist bei anderen Bundesligisten aber nicht anders.

Wie kann man diese Lücke künftig besser schließen?

Im Nachwuchsbereich fahren wir schon das Maximum. Wir agieren ab der C-Jugend auf höchstem Liganiveau. Dann geht es darum, wie gut sind die Spieler aus der Jugend raus zur U 23. Schaffen sie es vielleicht gleich in den Anschlusskader? Das haben wir noch nicht so richtig hinbekommen, das ist aber auf der To-Do-Liste für die nächsten drei Jahre. Dass wir alles optimieren, besseres Scouting machen, mal einen externen Spieler aus einem anderen Landesverband holen.


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Wie muss der Unterbau für die Zukunft aufgestellt werden? Mit Jan Kauer aus Regensburg steht ein neuer Trainer ja schon fest.

Wir haben durch Corona eine Übergangsphase. Wir wollen vor allem den Kinderbereich danach nochmal ankurbeln. Jan Kauer ist ein Puzzlestück für die leistungsorientierte Nachwuchsarbeit, wir sind froh, dass er sich nach Erlangen orientiert. Die genaue Aufgabe müssen wir noch definieren. Wir haben gute Trainer, aber auch viele Mannschaften. Der reine sportliche Erfolg war am Ende auch nicht überall gegeben. Bei den männlichen A-Junioren, bedingt durch die Quarantäne, hätten wir gerne mehr erreicht.

Die weibliche B-Jugend schlägt in der Deutschen Meisterschaft gerade auch Favoriten. Was macht den Erfolg aus?

Die wichtigsten Spielerinnen der Mannschaft hatten im Lockdown eine Trainingsberechtigung, sie hatten eine sehr gute Struktur in der Vorbereitung. Das zahlt sich aus. Selbst gegen Favoriten wie Metzingen waren sie auf Augenhöhe und haben sie geschlagen. Sie sind zu Recht im Halbfinale, ein grandioser Erfolg für den HC Erlangen e.V.

Die Frauen spielen um den Drittliga-Aufstieg. Vergangene Saison wurde auf den verzichtet. Warum der Sinneswandel?

Letztes Jahr wurden wir alle von Corona überrascht. Das Team hätte den Aufstieg am grünen Tisch bekommen, aber wir hatten schon vereinsintern beschlossen, es nicht zu machen. Die Gründe waren auch akzeptabel. Wir haben uns danach mit unseren Sponsoren konsolidiert und gesehen, dass der weibliche Bereich auch am Gesamtkonstrukt des Vereins mitarbeitet. Ein Jahr später wollen wir den Frauen, aber auch den B- und A-Juniorinnen, den sportlichen Erfolg nicht nehmen. Wir können dieses Gesamtpaket jetzt stemmen. Auch wenn noch viel Arbeit auf uns zukommen wird.

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