Erst Club, dann Catwalk: Gislason genießt das schöne Leben

27.6.2019, 18:34 Uhr
Erst Club, dann Catwalk: Gislason genießt das schöne Leben

© Instagram Rurik Gislason

Der Moment, in welchem ihm sein neues Leben zu Kopf stieg, kam für Rurik Gislason mit einer Rechnung. Als der Isländer sah, für wie viel Geld er seine Trikots mit der Rückennummer Neun an Fans verschenkt hatte, wurde ihm klar: "Ich muss einen Schritt zurückgehen, um mich selbst zu schützen." Die Rechnung erhielt er wenige Wochen nach der Fußball-WM in Russland, nach der sich innerhalb kürzester Zeit fast alles für ihn verändert hatte. "Es war ein bisschen verrückt", sagt er.

"Huh, ist der schön" 

Knapp ein Jahr später erkennt man beim Training des Zweitligisten SV Sandhausen nicht, dass der 31-Jährige, der beim FCN einst ohne großen Arbeitsnachweis verabschiedet wurde,  ein Star in den sozialen Medien ist. Es ist Ende Juni und eine der ersten Einheiten in der Vorbereitung auf die neue Saison, die Sonne brennt vom Himmel auf den Rasenplatz am Waldrand, im Schatten der kleinen Tribüne haben es sich ein paar Rentner gemütlich gemacht. Fußballerisch fällt Gislason im Kreis seiner Mannschaftskollegen nicht sonderlich auf. Was ihn jedoch massiv von den anderen unterscheidet, ist sein Instagram-Profil.

Fast eine Million Menschen folgen ihm in dem sozialen Netzwerk, mehr als hundertmal so viele wie bei Linksverteidiger Leart Paqarada. Vor einem Jahr hatte es angefangen, als der isländische Nationalspieler im WM-Vorrundenspiel gegen Argentinien eingewechselt worden war. Gislason fiel bei diesem Kurzeinsatz nicht auf, weil ihm ein Hattrick gelang, sondern durch sein Aussehen: "Huh, ist der schön!", titelte zum Beispiel der Tagesspiegel.

Lediglich sieben Tage später war die Zahl seiner Follower von knapp 40.000 auf über eine Million gestiegen. "Was in dieser Woche passiert ist, war überwältigend. Es hat Zeit gebraucht, bis ich es verstanden habe", sagt Gislason heute. Im Anschluss passierte noch viel mehr: Er wurde als Model angefragt, sein Gesicht wurde auf den Titelseiten von Glamourmagazinen abgedruckt und aus Argentinien, Russland und der Schweiz kamen Gislason-Fans ins kleine Sandhausen. Der Offensivspieler verschenkte so viele seiner Trikots, dass er das vom Club zur Verfügung gestellte Kontingent weit überschritt.

"Vielleicht war ich zu nett. Ich wurde auf der Straße gefragt, nach dem Training, nach den Spielen. Die Leute wissen ja nicht, dass wir Fußballer die Trikots auch selbst bezahlen müssen", sagt er. Wegen seiner langen blonden Haare und der feinen Gesichtszüge erinnert sein Aussehen an den Schauspieler Chris Hemsworth in der Comicverfilmung "Thor". Einer seiner Mitspieler verpasste ihm im Anschluss an den Hype nach seinem Argentinien-Einsatz den Hashtag #sexyrurik, der im Netz ein Hit wurde. Alle wollten was von ihm: Fans seine Trikots, Frauen seine Aufmerksamkeit, Magazine seine Fotos.

"Ich weiß auch nicht, warum"  

Noch heute verdient der Isländer mit Instagram manchmal mehr, als beim SVS, wie er sagt. Die Situation war nicht nur Gislason, sondern für den SV Sandhausen neu. Kaum ein Klub steht im deutschen Profifußball so sehr für die Provinzialität. 14.500 Einwohner leben in dem Ort nahe Heidelberg, der keine Stadt, sondern eine Gemeinde ist und seit dieser Saison wieder Konkurrent des FCN im Unterhaus. Der Kontrast zu seinem zweiten Leben im Internet kann kaum größer sein. Die Zahl seiner Follower ist übrigens wieder unter eine Million gesunken. "Es wurde weniger, als ich anfing, Bilder von meiner Freundin zu posten", sagt er und verzieht den Mund zu einem Lächeln: "Ich weiß auch nicht, warum."

Verwandte Themen


Keine Kommentare