F1-TV-Kritik: Vorentscheidung in Suzuka

13.10.2013, 15:19 Uhr
F1-TV-Kritik: Vorentscheidung in Suzuka

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Langweilig wie zu den großen Zeiten Michael Schumachers sei die Formel 1, hatte Mercedes-Pilot Lewis Hamilton in Richtung des Seriensiegers Sebastian Vettel geätzt und damit die Pfiffe gegen Vettel mit Worten fortgesetzt. Auch wenn Hamilton seine Angriffe mittlerweile zurückgenommen hat, so hat sich doch gezeigt: Die Formel 1 hat ein Problem mit überragenden Fahrern.

Gewinnen dürfen die Fahrer gerne - aber bitte nicht zu oft, sonst wird es “langweilig”. Scheinbar ist das (künstlich durch empfindliche Reifen erzeugte) Spektakel mittlerweile wichtiger als der Sieg des schnellsten Fahrers. Da bleibt zu hoffen, dass Vettel den anderen Fahrern zumindest hin und wieder einen Alibi-Sieg gönnt - nicht dass F1-Boss Ecclestone auf noch merkwürdigere Ideen als überempfindliche Reifen kommt. Absurditäten wie Strafgewichte für Sieger beispielsweise - eine Vorgehensweise, die in anderen Rennserien gängige Praxis ist.

Dabei ist Fahrern und Zuschauern wohl eines nicht ganz klar: Im nächsten Jahr beginnt das unsägliche Reifen-Roulette von vorne. Also freuen wir uns doch einfach über etwas Beständigkeit. Und gönnen wir dem besten Fahrer im Feld seine Siege.


6.30 Uhr: Der Wecker klingelt. Ich hasse ihn. Und die Formel 1. Und Fernando Alonso. Und überhaupt.

6.42 Uhr: Ich habe keine Ahnung, was da auf RTL gerade läuft. Anscheinend eine Art "Deutschland sucht den Superstar" für angehende Motorsportler, mit dem bedauernswerten Ex-F1-Fahrer Nick Heidfeld als Mitglied der Jury. Das dürfte so ein Szenario sein, mit dem F1-Fahrer ihren Kindern Angst machen: "Wenn Du jetzt nicht brav das Reifenwechseln übst, musst Du irgendwann auf RTL Möchtegern-Nachwuchsfahrer aussieben!"

6.46 Uhr: Ein kleiner Einspieler zeigt die Fahrt von Mercedes-Pilot Nico Rosberg an die Rennstrecke - inklusive Massen von Autogrammjägern, die das Auto belagern und an die Scheibe klopfen. So sehen Rennfahrer also aus, wenn sie Angst haben.

6.49 Uhr: Oh, in Japan gibt es eine exklusive Kollektion von Alonso-T-Shirts, die in Europa nicht zu bekommen ist. Wie schade. Ich hätte so gerne ein solches T-Shirt.

6.52 Uhr: Moderator Florian König hat seinem Kollegen Niki Lauda eine Suzuka-typische Süßigkeit mitgebracht: Schwarz gefärbten Puffreis, der dem Asphalt der Rennstrecke nachempfunden ist. Probieren will Lauda aber nicht: "Ich esse keinen Asphalt." Ein Mann braucht eben seine Prinzipien.

7.10 Uhr: Mein Kater entscheidet sich, einen Moment auf der Tastatur zu verweilen. Das Resultat, per Copy & Paste für die Nachwelt konserviert: wwwrtrtttttttttttttppppppp. Ich bin nicht sicher, was er damit sagen wollte (wer weiß schon, was im Kopf einer Katze vorgeht), aber er hat sicher Recht.

7.13 Uhr: Ein Einspieler zeigt Boxenreporter Kai Ebel, wie er mit Nico Hülkenberg in Japan ins Restaurant geht. Das Essen sieht traumhaft aus. Mein Magen knurrt, der Kühlschrank gibt aber nichts her, was auch nur ansatzweise so verlockend ist wie direkt am Tisch gebratenes Fleisch. Aber gut, Essen wird ohnehin überbewertet. So wie Schlaf. Oder Sauerstoff.

7.25 Uhr: Werbung für "Alarm für Cobra 11": Ein Auto fährt gegen einen Schiffscontainer, der in einem gigantischen Feuerball explodiert. Also WENN es eine Serie gibt, die das Wesen von RTL auf den Punkt bringt, dann ist es diese seit 1996 laufene Monstrosität.

7.40 Uhr: Ich weiß nicht, woran es liegt, aber in Suzuka gibt es in diesem Jahr keine Grid Girls. Ich prangere das an. Auch wenn es natürlich vollkommen indiskutabel ist, Frauen auf ihre äußeren Reize zu reduzieren. Ekelhaft, sowas.

8.03 Uhr: Der Start. Sebastian Vettel kassiert seinen Teamkollegen Mark Webber; weiter hinten im Feld landen zwei Autos in der Auslaufzone der ersten Kurve. Im allgemeinen Kuddelmuddel schafft es kurz danach Romain Grosjean irgendwie, die Führung zu erobern, während sich Lewis Hamilton hinten rechts einen Reifenschaden einfängt und erst einmal zurückfällt. Das war mal wieder ein spektakulärer Start - auch wenn ich es hasse, den Überblick zu verlieren.

8.08 Uhr: Berichtigung: Bereits beim Start hat Grosjean Vettel überholt. Ich hasse es wirklich, den Überblick zu verlieren. Aber das liegt sicher an der Uhrzeit.

8.10 Uhr: Noch eine Berichtigung: Vettel hat Webber gar nicht beim Start überholt, sondern er liegt immer noch auf dem dritten Platz. Vielleicht liegt das aber auch einfach am Alter.

8.18 Uhr: Ungewohntes Bild: Fernando Alonso fährt hinter seinem Teamkollegen Felipe Massa her. Aber ich bin mir sicher, dass man bei Ferrari eine Möglichkeit finden wird, dieses Problem zu regeln. Auf die eine oder andere, unauffällige Weise.

8.21 Uhr: Katzen. Sie wissen intuitiv, wann man keine Zeit hat, sie ausgiebig zu streicheln. Und genau dann kommen sie an - und legen sich auf den Laptop.

8.23 Uhr: Sebastian Vettel übernimmt die Führung, aber nur, weil Romain Grosjean eben an die Box gefahren ist und Webber dort auch schon war. Aber man muss eben nehmen, was man kriegt.

8.26 Uhr: Nico Rosberg verlässt seine Box zu früh und fährt dabei fast Sergio Perez über den Haufen. Jetzt weiß auch der jeglichen Rempeleien zugeneigte Perez mal, wie sich das anfühlt. Gut so. Also, nicht dass ich Selbstjustiz befürworten würde. Aber gut so.

8.37 Uhr: Fernando Alonso überholt Felipe Massa. Einfach so. Vollkommen unauffällig. Massa "verbremst" sich nicht, hat auch nicht plötzlich ein kleines Getriebeproblem oder eine dicke Fliege auf dem Visier, die ihm die Sicht nimmt. Faszinierend. Eine solche Subtilität hätte ich Ferrari gar nicht zugetraut.

8.54 Uhr: Je ungefährlicher Alonso für Vettel in der WM wird, desto weniger Bedürfnis habe ich, zu schreiben, dass ich ihn nicht mag. Habe ich doch ein Herz oder identifiziert mich das einfach als begnadeten Opportunisten? Das muss ich weiter beobachten.

9.01 Uhr: Seit Grosjean vor einer Weile wieder an der Box war, führt Vettel erneut. Das freut mein Opportunistenherz.

9.05 Uhr: Nach seinem Boxenstopp fällt Vettel zurück auf den dritten Platz. Mein armes Opportunistenherz.

9.10 Uhr: Nach der Werbung stimmt ein Sprecher die Zuschauer auf den Rest des Rennens ein: "Superduelle auf der Superstrecke." Das ist Poesie, wie man sie nur im Privatfernsehen findet. Wunder... Verzeihung, superschön.

9.13 Uhr: Irgendwie quetscht sich Vettel an Grosjean vorbei - und nachdem Webber eben wieder einmal an der Box war, übernimmt Vettel erneut die Führung. Das freut mein... äh... das macht mich glücklich.

9.30 Uhr: Sebastian Vettel gewinnt vor seinem Teamkollegen Mark Webber und Romain Grosjean, der heute nicht nur niemanden von der Strecke geschoben, sondern insgesamt ein hervorragendes Rennen abgeliefert hat. Fernando Alonso wird Vierter und erhält sich damit zumindest die theoretische Chance, doch noch Weltmeister zu werden. Allerdings stehen die Chancen dafür dezent ausgedrückt nicht sonderlich gut: 90 Punkte Vorsprung hat Sebastian Vettel in der Gesamtwertung - selbst wenn er in einem der vier verbleibenden Rennen Fünfter wird, hat er den vierten Titel in Folge in der Tasche.

Ohne es beschreien zu wollen: Bei Red Bull könnte man so langsam wohl doch mal darüber nachdenken, den Champagner kaltzustellen.

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