FCN auf Abstiegskurs: Furcht vor der finalen Horrorshow

25.5.2020, 05:35 Uhr
FCN auf Abstiegskurs: Furcht vor der finalen Horrorshow

Sie haben schon auch ihr Gutes, diese Geisterspiele. Gerade in sportlichen Krisenzeiten. Als Hanno Behrens am Freitagabend das enttäuschende 1:1 gegen Erzgebirge Aue erklären sollte, wirkte der Kapitän des 1. FC Nürnberg recht entspannt. Nun ist Behrens zwar prinzipiell kein Mensch, der zu künstlicher Aufgeregtheit neigt. Dazu kam aber, dass Nürnbergs Anführer diesmal nicht vor einer brodelnden Nordkurve stand, sondern vor einer fast verwaisten Haupttribüne. Und er musste auch keine aufgebrachten Fans beschwichtigen, sondern nur brav die Fragen eines via Monitor zugeschalteten TV-Journalisten beantworten.

Eine ungute Ahnung - Grethlein versus die Gespenster-Stille 

Stell dir vor, der Club steigt ab, und keiner kriegt es mit - die trostlose Geisterspielpremiere im Max-Morlock-Stadion vermittelte eine ungute Ahnung davon, wie diese seltsame Saison für den Bundesliga-Absteiger im Worst Case enden könnte.

Nur weil die Konkurrenz aus Karlsruhe und Wiesbaden ebenfalls Punkte liegen ließ, blieb der Absturz in die rote Zone erspart. Und das Remis gegen die biederen Sachsen taugte kaum als Hoffnungsschimmer. Das dürfte auch Aufsichtsratschef Thomas Grethlein gefühlt haben, der als einer der wenigen Augenzeugen oben auf der Tribüne litt und mit fast schon verzweifelt anmutenden "FCN!"-Rufen gegen die gespenstische Stille anschrie.

Keller: "Die Dinger muss man machen"

"Die Leistungen sind in Ordnung, aber es fehlen die Punkte", klagte Behrens und bezog bei seiner Analyse natürlich auch die eigenen Nachlässigkeiten mit ein. Sowohl der Kapitän (35.) als auch Robin Hack (54.) waren aus kurzer oder kürzester Distanz an Keeper Martin Männel gescheitert. Aber so lange man sich solche tollen Chancen herausspiele, könne ja, so das trügerische Gefühl, alles nicht so schlimm sein. Ist es aber, weil Tore, die man nicht erzielt, nun mal keine sind. Und selbst Trainer Jens Keller mag die permanenten Fehlversuche nicht mehr nur als Pech abtun: "Die Dinger muss man machen."

Stumpfe Sturmspitzen 

Seit drei Partien wartet seine Elf nun schon auf einen eigenen Treffer. Top-Torjäger Hack durchläuft eine in seinem Alter vielleicht sogar erklärbare Formkrise. Der wendige, aber wenig robuste Nikola Dovedan bleibt ein einziges Rätsel. Dem unermüdlichen Behrens, der zumindest irgendwie noch das Eigentor von Sören Gonther zum 1:1 erzwang (63.), fehlt die finale Konsequenz - oder wie bei seinem Pfostentreffer (80.) tatsächlich auch nur das Quäntchen Glück. Im Sturmzentrum blieb Adam Zrelak erneut ebenso wirkungslos wie später der nun eh gelbgesperrte Michael Frey. Auf den von Keller konsequent ignorierten Mikael Ishak zu hoffen, mutet angesichts dessen überschaubarer Torquote der letzten zwei Jahre eher wie ein verzweifelter Reflex an.

Was Keller aber vor allem ärgerte, war das 0:1 durch Dimitrij Nazarov, der kurz nach der Pause einen relativ simplen Auer Angriff unbedrängt per Kopf abschließen durfte (51.). Ein Treffer, der "leicht zu verteidigen gewesen wäre", wie Keller mit Blick auf eine fatale Fehlerkette bemängelte: "In unserer Situation dürfen wir uns solche Dinge nicht leisten."

Drei sind wenigstens Durchschnitt

Und nun geht vor dem Gastspiel am Dienstag (18.30 Uhr) bei Jahn Regensburg in der Abwehr auch noch das Personal aus. Lukas Mühl, der den maladen Georg Margreitter 25 Minuten ordentlich vertrat, musste mit einer Kapsel-Band-Verletzung im linken Sprunggelenk vom Feld. Eine MRT-Untersuchung soll heute Aufschluss geben, wie lange der Innenverteidiger ausfällt. Die Vertretung der Vertretung, Asger Sörensen, wirkte weit weniger stabil. Der Däne sei, so Keller, nach einer Zwangspause in der Quarantänezeit aber auch körperlich noch nicht voll belastbar. Gleiches gelte für Konstantinos Mavropanos, der trotz einiger kleiner Wackler einmal mehr der beste Akteur war. Neben dem Griechen genügten allenfalls noch die jungen Tim Handwerker und Fabian Nürnberger sowie Ersatzkeeper Felix Dornebusch durchschnittlichen Zweitliga-Ansprüchen.

Behrens erntet keinen Widerspruch 

"Ich glaube, dass die Mannschaft über 90 Minuten alles investiert hat", sagte Keller und schürte mit dieser Einschätzung, die wohl als Rechtfertigung gedacht war, doch eher die Angst, dass es am Ende einfach nicht reichen könnte für dieses offensiv harmlose und defensiv anfällige Team. Sieben Geisterspieltage bleiben noch, um die finale Horrorshow abzuwenden. Jeder sei sich der "ernsten Situation" bewusst, beteuerte Behrens. Widerspruch musste er am Freitag zumindest nicht befürchten.

+++ Dominanz ohne Effekt: Aue-Remis vergrößert die Club-Sorgen +++

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