FCN: «Unsere Bank war Herr Roth!»

9.6.2009, 00:00 Uhr
FCN: «Unsere Bank war Herr Roth!»

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«So, jetzt legt jeder erst einmal 20.000 Mark auf den Tisch, bevor wir uns weiter unterhalten, hat es damals geheißen», erinnert sich der Mann, der den fränkischen Traditionsverein fortan prägen sollte wie kein anderer, an jenen für ihn verhängnisvollen Tag im Jahre 1977. Roth ließ sich genauso wenig lumpen wie der damalige Club-Manager Franz Schäfer, der den Kontakt zu dem dynamischen Unternehmer aus Rückersdorf hergestellt hatte. Und fortan wollte Michael A. Roth natürlich auch mitreden in diesem Verein. Anfangs als Mitglied des erweiterten Vorstands, ab 1979 schließlich als Präsident. Im Herbst 1983 endete seine erste Amtsperiode. Und seit Dienstag ist auch die zweite Vergangenheit, die 1994 begann, als dem 1.FCN das Wasser wieder einmal bis Oberkante Unterlippe stand.

In die eigene Brieftasche musste der heute 73-Jährige auch später immer wieder greifen, um Unheil abzuwenden. «Ohne Herrn Roth gäbe es den Club schon lange nicht mehr», würdigt Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly die Verdienste des Mannes mit dem schlohweißen Haar. Es ehrt Roth, dass er zweimal im größten Chaos angetreten ist, um den Verein zu sanieren. «Alle Banken haben uns ihre Unterstützung verweigert», erinnert sich der langjährige Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Schramm an die Zeiten, als mehrfach die Insolvenz drohte: «Unsere Bank war Herr Roth!»

Und so mutierte der 1. FC Nürnberg der 80er und 90er Jahren zum FC ARO, hing sowohl wirtschaftlich als auch logistisch am Tropf des Roth’schen Unternehmens. Ein Patriarch sei er, der den fränkischen Altmeister nach Gutsherrenart regiere, warfen ihm seine Kritiker vor. Die zündende Idee, wie man es besser machen könnte, hatte freilich keiner. An Roth prallten diese Misstöne ohnehin wirkungslos ab: «Ich stehe nun mal in der Verantwortung. Da ist es doch völlig klar, dass ich das letzte Wort haben muss.»

Vor unpopulären Entscheidungen schreckte der stets authentische und eine herbe fränkische Rhetorik pflegende Roth nie zurück. 24 Trainer bekamen während seiner beiden Amtsperioden früher oder später die Ungeduld des passionierten Motorsportlers zu spüren, darunter Hochkaräter wie Felix Magath, Klaus Augenthaler oder zuletzt Hans Meyer. Schnell erwarb sich der Mann mit dem Faible für Maßanzüge den Ruf des «Trainerkillers», der die Abfindung auch schon mal in einem Schuhkarton überreichte. «Ich bin eben ein Erfolgsmensch und werde fuchsteufelswild, wenn einer das Blaue vom Himmel verspricht und hinterher keine Leistung bringt», rechtfertigte er einmal seinen Hang zu abrupten Vertragsauflösungen.

Der Pokalsieg 2007 als Lohn unermüdlicher Arbeit

Während Roths erste Amtszeit noch von permanentem Existenzkampf geprägt war, stand die «Neuzeit» unter einem deutlich günstigeren Stern. Zusammen mit kompetenten Mitstreitern wurde erst einmal der Konkurs abgewehrt und der dornenreiche Weg durch die Drittklassigkeit erfolgreich bestritten, dann endlich modernere Strukturen geschaffen. Den Lohn seines unermüdlichen Engagements (Roth: «Mein Tag hat nicht nur 24 Stunden, meistens sind es ein paar mehr») durfte er vor zwei Jahren in vollen Zügen auskosten, als der Club Pokalsieger wurde – der erste Titel nach mageren 39 Jahren!

Doch nichts ist beim 1. FCN so beständig wie die Unbeständigkeit, also ging es nur ein Jahr später wieder im Fahrstuhl hinab ins Fußball-Untergeschoss. Auf und nieder, immer wieder. Der siebte Bundesliga-Abstieg, und der fünfte, der in Roths Verantwortung fiel. Das siebte Comeback nahm der gebürtige Kitzinger nun zum Anlass, ade zu sagen: «Irgendwann ist die Zeit reif, ich bin ja leider keine 50 mehr. Ich hatte mir den Wiederaufstieg an die Fahne geheftet. Dieses Ziel ist erreicht, also ist der Zeitpunkt für den Rücktritt ideal», begründete der dienstälteste Bundesliga-Präsident seinen Schritt, «zumal ich einen Top-Verein übergeben kann und keinen, bei dem das Hinterrad platt ist».

Dass der Vater von sieben Kindern künftig der Familie mehr Zeit widmen will und zudem in diesen schwierigen Zeiten in seiner Firma gefragt ist, hat den Entschluss leichter gemacht. Ebenso die Tatsache, dass ihm intern bei diversen Ränkespielen ein scharfer Gegenwind ins Gesicht blies. Seinen Nachfolger will er als Ehrenpräsident gerne nach Kräften unterstützen. Allerdings nicht mehr aus der aufgeklappten Brieftasche heraus.

Ein Video-Interview mit Club-Interimspräsident Franz Schäfer finden Sie hier.

Eine Dia-Show mit Foto-Impressionen von der Abschiedspressekonferenz Michael A. Roths finden Sie hier.

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