Flexibel-Zwang beim DFB: Kimmich-Schock bestätigt Löw

9.11.2020, 10:59 Uhr
Kann vorerst nicht mehr für die DFB-Elf einwerfen: Joshua Kimmich fehlt Joachim Löw über den Jahreswechsel hinweg. 

© Andreas Gebert (dpa) Kann vorerst nicht mehr für die DFB-Elf einwerfen: Joshua Kimmich fehlt Joachim Löw über den Jahreswechsel hinweg. 

Die Tränen in den Augen von Joshua Kimmich berührten auch Joachim Löw. Die düsteren Personal-Prophezeiungen des Bundestrainers werden vor dem letzten Länderspiel-Dreierpack des an Widrigkeiten kaum zu übertreffenden Corona-Jahres bittere Realität. Mit großer Sorge musste Löw die Bilder aus Dortmund von der Knieverletzung seines Führungsspielers verfolgen. Das bange Warten auf die Diagnose aus München dauerte bis Sonntagabend: Dann gab der FC Bayern bekannt, dass der 25 Jahre alte Mittelfeldspieler am Außenmeniskus des rechten Knies operiert werden musste und nach Einschätzung der Ärzte bis Januar fehlen wird. Der 50-malige Nationalspieler fällt damit beim Nations-League-Ausklang 2020 aus.

Wenn Löw nach dem Kimmich-Schock seinen Kader am Montag zur Mittagsstunde im Leipziger Westin Hotel versammelt, wird dem 60-Jährigen auf unangenehme Weise klar werden, dass er mit seiner Prognose recht hatte: Personell wird die pickepackevolle Saison mit der verschobenen EM als Höhepunkt im Sommer 2021 eine gewaltige Herausforderung.

Konstanz, Automatismen, Sicherheit, Verständnis? Nein!

Das gilt auch für das Testspiel gegen Tschechien am Mittwoch und die folgenden finalen Partien in der Nations League am Samstag gegen die Ukraine und drei Tage später in Spanien. "Eine Mannschaft braucht Konstanz, Automatismen, Sicherheit, blindes Verständnis untereinander. Eine Mannschaft muss wachsen, die Abläufe müssen sich entwickeln. Das ist aktuell kaum darzustellen", sagte Löw bei der Nominierung seines ursprünglich 29 Spieler umfassenden Kaders.

Neben Kimmich fällt auch Leipzigs linker Verteidiger Marcel Halstenberg wegen seiner wiederkehrenden Adduktorenprobleme für die beiden Partien in seinem Heimstadion und die Reise nach Sevilla aus. "Er konnte das Aufwärmen nicht beenden, hatte wieder Probleme. Demnach wird er die Länderspiele nicht machen", sagte sein Klub-Trainer Julian Nagelsmann.

Auch Kehrer muss passen

Aus Paris kam am Sonntag dann eine weitere schlechte Nachricht. Rechtsverteidiger Thilo Kehrer musste beim 3:0 von PSG gegen Stade Rennes am Samstag in der ersten Halbzeit verletzt raus. Auch er kann wegen Leistenproblemen nicht nach Leipzig kommen. Nach dieser Absage reagierte Löw und nominierte den 22 Jahre alten Ridle Baku vom VfL Wolfsburg erstmals als Ersatzmann für die defensive Außenbahn.

Schon zuvor war klar, dass aus Verletzungs- und Corona-Gründen Niklas Süle, Kai Havertz, Lukas Klostermann, Julian Draxler, Emre Can und Suat Serdar nicht zur Verfügung stehen. Ersatztorwart Marc-André ter Stegen nimmt nach seinem Klub-Comeback in Barcelona noch eine DFB-Auszeit. In Summe fehlt Löw fast eine komplette Mannschaft.

Und Corona ist auch noch da

Leroy Sané und Ilkay Gündogan kehren nach ihren Oktober-Zwangspausen zwar ins DFB-Team zurück, doch die hohe Ausfall-Quote erschwert Löw das Bundestrainer-Leben. Neben den üblichen Zweikampf-Blessuren wie bei Kimmichs verunglücktem Einsatz gegen BVB-Stürmer Erling Haaland schlägt wie beispielsweise bei Halstenberg auch die allseits befürchtete Dauerbelastung durch. Als Menetekel bleibt zudem Corona auch in der wieder hermetisch abgeschirmten Nationalmannschaftsblase präsent. Fünf Nationalspieler wurden in den vergangenen zwei Monaten bei ihren Vereinen positiv getestet.

"Von daher muss man flexibel sein"

Schon bei der Verschiebung der EM um ein Jahr hatte Löw nicht in frohlockende Kommentare einstimmen wollen, dass dadurch die Personallage für seine Elf durch die Rückkehr von Süle und Sané nach deren Kreuzbandrissen automatisch besser werde. "Man hat immer die Situation, dass man sich auf alle Eventualitäten vorbereiten muss", sagte Löw damals. "Da ist uns ja schon alles widerfahren. Von daher muss man flexibel sein." Mit Kimmich kann Löw aber vermutlich schon bei den ersten Länderspielen des EM-Jahrs im März wieder planen.

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