Franz Michels: Der Urathlet des Rother Triathlons

3.7.2014, 20:00 Uhr
Gestatten, Franz Michels, Feuerwehrmann mit 94 Kilogramm Basisgewicht: Als Sieger der Premiere darf der Nürnberger 1985 die Startnummer 1 tragen und erntet auf der Bezirkssportanlage von Roth kräftigen Applaus.

© NN Gestatten, Franz Michels, Feuerwehrmann mit 94 Kilogramm Basisgewicht: Als Sieger der Premiere darf der Nürnberger 1985 die Startnummer 1 tragen und erntet auf der Bezirkssportanlage von Roth kräftigen Applaus.

Er muss selbst lachen, wenn er die alten Schwarzweißfotos von damals sieht, die einen knapp zwei Zentner schweren, muskelbepackten Athleten zeigen, der da am 23. September 1984 ins Ziel des ersten Franken-Triathlons auf der Bezirkssportanlage von Roth läuft. So sah er also aus, der Urahn aller Triathleten.

"94 Kilogramm, das war damals mein Basisgewicht", sagt der heute 64 Jahre alte Franz Michels, der sich in den zurückliegenden 30 Jahren gar nicht so sehr verändert hat. Er hat noch immer das scharf geschnittene Gesicht mit der spitzen Nase, trägt noch immer eine selbsttönende Brille und, wer weiß, vielleicht mag er auch noch immer die grob gestrickten Wollsocken, die er damals in Laufschuhen trug, die noch keine High-Tech-Dämpfung hatten. Nach 700 m Schwimmen im Kanal, 40 km Radfahren und 10 km Laufen lief der Feuerwehrmann von der LG Nürnberg als Sieger ins Ziel - "als einziger unter zwei Stunden", wie der Bildtext auf dem Archivfoto des Kollegen Hans Pühn von der Roth-Hilpoltsteiner Volkszeitung vermerkt.

Franz Michels heute: Immer noch sportlich - und mit getönter Brille.

Franz Michels heute: Immer noch sportlich - und mit getönter Brille. © NN

Es war für den Nürnberger, der einst als Kugelstoßer und Speerwerfer eher schwerathletisch tätig war, die Faszination Hawaii, die ihn damals animierte, drei Ausdauersportarten hintereinander zu absolvieren. Der legendäre Ironman, das war damals das Verrückteste vom Verrückten; und hätte sich nicht Anfang der 80er Jahre der aus Roth stammende Detlef Kühnel zusammen mit dem Nürnberger Manuel Debus von diesem Virus anstecken lassen, dann hätte es vermutlich nie einen Franken-Triathlon in Roth gegeben, der dann die Initialzündung zu einer inzwischen 30-jährigen Erfolgsgeschichte auslöste.

Vom Sportler zum Veranstalter

1982 und 1983 startete Kühnel, der vorher dem Reitsport zugetan war, auf Hawaii, aber eine große Liebe wurde aus diesen beiden sportlichen Abenteuern nicht. "Wieder stand ich auf dem blöden Highway rum und dachte mir: Was machst du hier eigentlich", erinnerte er sich einmal ans Ende seines zweiten Hawaii-Starts. Mit Energie und der für ihn typischen Motivationskraft stürzte er sich in das nächste Abenteuer - diesmal als Veranstalter. Dem Franken-Triathlon folgte 1985 die bayerische, 1986 die deutsche Meisterschaft. 1987 war es dann schon eine Europameisterschaft und 1988 schließlich der erste Ironman über 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42 km Laufen, der über 1000 Triathleten und Triathletinnen anlockte. Von da an lag Hawaii einmal im Jahr mitten in Franken, und nichts adelte den aufstrebenden Wettbewerb so sehr wie eine ganztägige Live-Berichterstattung des ZDF und die Schlagzeile der Frankfurter Allgemeinen Zeitung : "Triathlon in Roth ist wie Tennis in Wimbledon."

"Unglaublich" und "fantastisch" findet es auch Franz Michels, "was da aus dieser verrückten Idee entstanden ist". Er selbst war bis 1996 als Triathlet aktiv und erlebte so die ersten technischen Neuerungen der Szene mit, die sich nicht darin erschöpfte, besonders bunte Kleidung zu tragen. Das doch eher unappetitliche Melkfett zum Schutz vor Auskühlung im Wasser wurde bald von engen Neoprenanzügen abgelöst; die klassischen Rennlenker am Rad mussten für geweihähnliche Aerolenker weichen; und die Klassiker unter den Kohlehydratspendern, Bananen und Reiskuchen, wurden zunehmend durch oft recht künstlich schmeckende Pülverchen, Riegel und Gels ersetzt.

Zweimal hat Michels den Ironman in Roth absolviert, zweimal hat er sich von der Begeisterung der zigtausend Menschen über die 226 km lange Strecke tragen lassen. Mit seiner Bestzeit von 10:16 Stunden für die Ultradistanz braucht er sich auch heute nicht zu verstecken. Da wäre manch einer der hippen Nachkommen froh, mit seiner 8000-Euro-Zeitfahrmaschine nur in die Nähe dieser Zeit zu kommen. "Mir hat es einfach Spaß gemacht", sagt der Nürnberger, der sich nach seinen Triathlon-Jahren intensiv ins Metier der Ski-Langläufer stürzte. Seniorenweltmeister in der Staffel und Vize im Einzel ist er geworden, aber auch das ist Geschichte - so wie die Arbeit bei der Feuerwehr in Nürnberg, die Franz vor vier Jahren beendet hat.

Jetzt ist er zwar "Rentner", lebt aber eher im sportlichen Unruhestand. 24-Stunden-Märsche und Touren in seinen geliebten Bergen lassen ihn weiterhin so drahtig bleiben, wie man ihn kennt. Das "Basisgewicht" ist auf 84 Kilogramm abgesunken, als Triathlet würde er derart austrainiert gut ins heutige Bild passen. Aber daran verschwendet Franz Michels keinen Gedanken mehr. Wenn er am Wettkampftag gerade in der Gegend ist, geht er gerne zum Challenge nach Roth, wenn ihn aber kurz vorher ein Bergkamerad anruft, dann steigt er doch lieber wieder den Watzmann hinauf. "So ein alter Verbissener wollte ich im Wettkampfsport nie werden", sagt er, "aber ich brauche die Bewegung." Die Schwarzweißfotos nimmt er aber gerne mit. Schließlich stehen sie für eine wunderbare Erinnerung.

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