TS Herzogenaurach fährt nach Tokio

Für Creve Machava und Peter Müller erfüllt sich der Olympia-Traum

14.7.2021, 06:03 Uhr
Zweimal täglich trainieren Creve Machava und sein Coach Peter Müller auf dem Sportplatz der TS Herzogenaurach.

© Harald Sippel, NN Zweimal täglich trainieren Creve Machava und sein Coach Peter Müller auf dem Sportplatz der TS Herzogenaurach.

Als feststand, dass sich sein Traum von Tokio erfüllt, stand das Handy von Creve Machava nicht mehr still. Vor allem aus seinem Heimatland Mosambik kamen viele Anrufe, nicht zuletzt von Journalisten. Der 400-Meter-Hürden-Läufer ist einer von nur acht Athleten und Athletinnen, die den südostafrikanischen Staat bei den Olympischen Spielen vertreten werden. „Ich bin stolz, mein Land zu repräsentieren“, sagt Machava. „Und auch die Stadt Herzogenaurach, denn hier trainiere ich schließlich.“

Seit Herbst 2018 übt er bei Peter Müller, dem Leichtathletiktrainer der Turnerschaft Herzogenaurach. Mit der Teilnahme an Olympia erfüllt sich für beide ein lange unwahrscheinlicher Lebenswunsch. „Es war mein Traum, seit ich ein kleiner Junge war. Es lässt mich daran glauben, dass man seine Träume erreichen kann, egal wer man ist. Ich hoffe, dass ich mehr Menschen motivieren kann“, sagt Machava. Der 25-Jährige ist bei einer alleinerziehenden Mutter in der Nähe der Hauptstadt Maputo aufgewachsen. Talente gibt es viele in dem Land – doch in ganz Mosambik gibt es nur zwei Kunststoffbahnen, es fehlt an Ausrüstung.

Viele Talente, schlechte Bedingungen

Peter Müller kann viel davon erzählen, er war auf Einladung des mosambikanischen Leichtathletikverbandes mehrmals dort, um Trainer auszubilden. „Dieses Land ist sehr arm, hat aber ein riesiges Potenzial. Da hängt mein Herz ein Stück weit dran, das Land zu unterstützen“, sagt er.

In Mosambik sieht er 2017 den jungen Machava zum ersten Mal, den damaligen Trainer hat er selbst mit ausgebildet. Machava ist schnell (und 2017 WM-Teilnehmer), aber die Technik findet Müller verbesserungswürdig. Ihn beeindruckt vor allem eines: „Mir hat seine Mentalität gefallen. Er hatte Willensstärke.“

"Wir probieren es nochmal"

Machava erhält ein IOC-Stipendium, viele mosambikanische Sportler gehen damit in die USA. Machava geht zu Peter Müller nach Herzogenaurach. Seitdem hat er sich und seine Bestzeiten kontinuierlich verbessert, war bei den Afrikaspielen und der WM in Doha 2019. Die Norm für Olympia liegt über die 400 Meter Hürden bei 49,30 Sekunden. Eine Herausforderung für Machava, dessen Bestzeit bei 49,54 Sekunden liegt, aber sie scheint machbar. Dann kommt Covid-19, und die Spiele in Tokio werden verschoben. „Das hat ihn schon getroffen, er hatte danach ein Motivationsloch“, sagt Müller. Zwei Monate geht Machava nach Mosambik, als er im November zurückkommt, sagen sich beide: Wir probieren es nochmal.

Doch im März zieht sich Machava im Training einen Muskelanriss zu. „Am Anfang dachten wir, es wäre nicht so schlimm. Aber war es dann doch“, sagt sein Trainer. Drei Monate konnte der Hürdenläufer nicht richtig trainieren. „Die Substanz hat ihm dann gefehlt“, sagt Müller. „Technisch ist er um Klassen besser geworden. Aber wenn man keine harten Läufe machen kann, fehlt das bei 400 Meter Hürden, da braucht man Stehvermögen.“ Die Trainingsplanung war eine Gratwanderung, um den Athleten nicht zu sehr zu belasten.

Teilnahme per Wild Card

Ende Juni läuft Machava die 400 Meter Hürden in Regensburg und kommt in 52,19 Sekunden ins Ziel – die Norm scheint zu weit entfernt. Doch das IOC stellt für Entwicklungsländer Startplätze per Wild Card zur Verfügung. Wer einen bekommt, entscheidet ein Ranking. Darin war Machava so gut positioniert, dass es keinen Unterschied mehr machte, dass er 2021 nicht gut in Form war.

„Ich will mein Bestes geben. Und das Finale erreichen. Das ist mein großes Ziel“, sagt Machava. Angesichts der Umstände wäre aber auch eine 50er-Zeit ein Erfolg. Am 30. Juli ist Machavas Vorlauf. Bis dahin trainieren sie auf dem Sportplatz in Herzogenaurach, meist zweimal täglich. Machava ist Mitglied bei der TSH, doch einen Olympia-Aspiranten zu trainieren, fordert Mehrarbeit.

Oft gibt Müller ihm Einzeltraining in seiner Freizeit. Der 60-Jährige ist eigentlich ein Breitensport-Trainer, hat einige Talente geformt, aber ein WM-Teilnehmer war vor Machava noch nicht darunter. Nun erfüllt sich auch für ihn ein Traum. „Das entschädigt für vieles“, sagt Müller.

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