Fürth hat eine Großmeisterin im Taekwondo

28.10.2020, 11:41 Uhr
Fürth hat eine Großmeisterin im Taekwondo

© Hans-Joachim Winckler

Diese Leistung macht Lisa Rucker stolz. Doch als Vereinsvorsitzende stellt sie ihre Person in den Hintergrund. "Die Fünf ist eine schöne Zahl, aber noch mehr freuen würde ich mich, wenn unsere Mitglieder noch höhere Grade erreichen. Das ist mein vorrangiges Ziel."

Großmeister im Taekwondo sind selten. Zehn Dan sind das höchste, was man in dieser Kampfsportart erreichen kann, Rucker ist bei Stufe fünf und besitzt fünf schwarze Gürtel. Sie skizziert den Weg dorthin: "Üblicherweise legt man dafür eine mehrstündige sportliche Prüfung ab. Dabei werden alle Kategorien wie der Kampf und die Selbstverteidigung, aber auch Grundtechniken wie die Step- und Fallschule getestet."

Auf Vorschlag des Verbands

Doch in Ruckers Fall war es diesmal ein wenig anders. Weil die 39-Jährige seit vielen Jahren mit großem Engagement ehrenamtlich tätig ist, hat der Bayerische Verband bei der Deutschen Taekwondo-Union (DTU) eine Verleihung des fünften Dans vorgeschlagen – was diese dann auch umgesetzt hat.

Damit ehrt die DTU nicht nur die kämpferische Klasse der Fürtherin, sondern eben auch im Besonderen das Engagement bei der Bayerischen Taekwondo-Union, wo die Vorsitzende von Deutschlands größtem Taekwondo-Verein maßgeblich neue Ideen angetrieben hat.

"Wir haben bei der Trainerausbildung neue, innovative Ansätze gewählt. Dazu gehören vermehrt die Lehr- und Lernpsychologie, Elterngespräche, aber auch der Schutz vor sexuellem Missbrauch." Besonders letzteres ist der Großmeisterin ein wichtiges Anliegen: "Wir dürfen niemals vergessen, dass es eine Aufgabe von uns Erwachsenen ist, Kinder vor sexuellem Missbrauch zu schützen, selbst wenn wir unseren Kindern Selbstverteidigung beibringen. Wir halten das für sehr wichtig und haben diesen Anteil im Training verdreifacht."

Eltern geben positive Rückmeldung

Das kommt bei den Eltern laut Rucker sehr gut an, die damit auch klarmachen möchte, "dass es im Kampfsport eben nicht nur um Härte und Disziplin geht." In Fürth erkenne man das sehr gut daran, dass die Kampfsportvereinigung in speziellen Kursen geistig behinderten Kindern oder solchen mit Hörschädigung Taekwondo beibringt.

"Viele Eltern sind zunächst zurückhaltend, weil sie die Befürchtung haben, dass ihre Kinder beim Sport nicht integriert werden. Doch das funktioniert wunderbar, die anderen Kinder nehmen sie meistens sehr schnell in ihre Gemeinschaft auf."

Man merkt: Die 39-Jährige lebt das Taekwondo mit jeder Faser, seit sie 1986 damit angefangen hat. "Es gibt auch nach Jahren noch Bereiche, in denen man sich verbessern kann, Taekwondo wird nie langweilig. Außerdem gefällt mir das Ethos des Sports: Man trägt die Nase nicht hoch, weil es immer Bereiche gibt, in denen man besser und schlechter ist. Sich gegenseitig zu helfen und zu verbessern, ist total wichtig in der heutigen Gesellschaft."

Videos helfen im Detail

Um das auch in Zeiten der Coronakrise zu gewährleisten, hat Rucker gemeinsam mit ihrem Mann schon früh in diesem Jahr für die Vereinsmitglieder Trainingsvideos gedreht und online gestellt. "Das wurde super angenommen, besonders bei den Kindern, die sich zum Teil unglaublich verbessert haben."

Woran das liegt? Weniger Ablenkung und das Gefühl eines Einzeltrainings, glaubt die Großmeisterin. "In den Videos sieht man genau, wie man selbst die Übungen ausführt oder es aussehen sollte. Ich selber habe während des Lockdowns viel trainiert und an den Feinheiten gearbeitet, die Videos waren unglaublich gut für die Detailanalyse."

"Eine sehr gute Alternative"

Angst, dass in Zukunft der Nachwuchs nur noch Online-Training machen möchte, hat sie aber nicht: "Es ist eine sehr gute Alternative, weil wir im Kontaktbereich im Moment ohnehin nur sehr begrenzt trainieren können, aber wir werden auch in Zukunft eine Mischung aus beidem haben."

Für sich selbst hat Lisa Rucker das Ziel, ihre Schüler im Dezember erfolgreich durch die Dan-Prüfungen zu begleiten – und ihren Sport bis ins hohe Alter ausüben zu können. "Mit 90 noch Taekwondo machen?", meint sie mit einem lauten Lachen. "Ja, das würde ich mir wünschen!"

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