Telefonkonferenz von Bund und Ländern

Geisterspiele im Sport: Gibt es eine einheitliche Entscheidung?

30.11.2021, 19:15 Uhr
In Bayern werden die Geisterspiele sicher kommen. Auf Bundesebene entscheiden das die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen kommende Woche.

© Hannibal Hanschke, dpa In Bayern werden die Geisterspiele sicher kommen. Auf Bundesebene entscheiden das die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen kommende Woche.

Die Zeit der Großveranstaltungen mit vollen Stadien im Profisport läuft ein weiteres Mal ab. Wegen der sich stets verschärfenden Corona-Lage herrscht in der Politik ein Konsens, ausverkaufte Stadien schnellstmöglich zu untersagen und die Zuschauerkapazitäten in den Bundesligen wieder drastisch zu reduzieren. Bei der Telefonkonferenz von Bund und Ländern mit der geschäftsführenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem designierten Nachfolger Olaf Scholz (SPD) am Dienstag sprachen sich die unionsgeführten Bundesländer dafür aus, dass bei Großveranstaltungen die Kapazität nur zu einem Drittel ausgelastet werden darf. Beschlüsse gab es noch nicht, Details für härtere Maßnahmen in der Corona-Pandemie sollen bis Donnerstag ausgearbeitet werden.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert gar Geisterspiele in der Bundesliga bis zum Jahresende. "Wenn Weihnachtsmärkte zu sind, ist es nicht stimmig, volle Stadien zu haben", sagte der CSU-Politiker am Dienstag bei einem Statement. Fraglich ist aber, ob da andere Bundesländer mitziehen, bei denen die Inzidenzen weitaus niedriger als in Bayern sind. "Wir versuchen, das nochmal deutschlandweit umzusetzen, wir würden aber in Bayern da an der Stelle auch einen Alleingang machen", erklärte Söder weiter.

In Bayern, wo Anfang des Monats noch 75 000 Fans in der voll besetzten Münchner Arena waren, ist schon aktuell nur noch eine Auslastung von 25 Prozent erlaubt. Im ebenfalls stark von der Pandemie betroffenen Sachsen gibt es gar Profisport ohne Publikum, Baden-Württemberg hat einen solchen Schritt angekündigt. Und auch in Niedersachsen kann sich Innenminister Boris Pistorius Geisterspiele vorstellen. "Die Verordnung wird ab nächster Woche dann im Zweifel eben auch vorsehen, auf eine Kapazitätsgrenze von 25 Prozent herunterzugehen oder sogar zu Geisterspielen", sagte Pistorius in Hannover.

Spiele ohne Zuschauer sind in Nordrhein-Westfalen noch nicht das große Thema, aber 67 000 Fans - wie ursprünglich vorgesehen - werden den Klassiker Borussia Dortmund gegen Bayern München am Samstag wohl nicht verfolgen dürfen. So werden die Regelungen wohl vorerst von Bundesland zu Bundesland verschieden sein. In der zweiten und dritten Welle der Pandemie vor gut einem Jahr war flächendeckend rund sechs Monate ohne Fans gespielt worden. Dann kamen schrittweise Lockerungen, im Spätsommer durften sich die Stadien wieder füllen.

Die Hoffnung, dass der Impffortschritt und strenge Einlassregeln wie beispielsweise 2G (Geimpfte und Genesene) dauerhaft Großevents ermöglichen könnten, hat sich nach den bevorstehenden Entscheidungen der Spitzenpolitik nicht bewahrheitet. Auch in Berlin soll es starke Einschränkungen für Großveranstaltungen geben. Das traditionelle Weihnachtssingen bei Union Berlin am 23. Dezember ist bereits abgesagt worden.

In Nordrhein-Westfalen, wo am Samstag noch 50 000 Menschen ohne Abstände und viele ohne Masken das Derby Köln gegen Gladbach sahen, hat sich das Meinungsbild verändert. Für Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) passen die Szenen von vollen Stadien und sich füllenden Intensivstationen in Deutschland nicht zusammen. "Und an solche Sachen werden wir auch rangehen", kündige Wüst in der ARD an. SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty sagte dem Deutschlandfunk, solche Großveranstaltungen dürfe es angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens nicht mehr geben.

Die bisherigen Unterschiede zwischen Geisterspielen (Sachsen) und Vollauslastung in anderen Bundesländern lässt merkwürdige Situationen entstehen. Der faire Wettbewerb wird angetastet, wenn manche Vereine vor leeren und andere Vereine vor vollen Rängen spielen. Zudem werden widersprüchliche Signale an die Bevölkerung gesendet. In Sachsen herrscht Ausnahmezustand, in Nordrhein-Westfalen ist die Welt soweit noch in Ordnung.

Dazu passt auch eine Mitteilung von Zweitligist Werder Bremen, der am Freitag (18.30 Uhr) gegen Erzgebirge Aue zwar 31 600 Zuschauer zulassen will, aber keine Menschen aus "Regionen mit hohen Inzidenzen". Gemeint seien damit vor allem die Bundesländer Sachsen, Thüringen und Bayern. "Auf Grundlage der zu erwartenden polizeilichen Verfügung müssen wir die Reisebewegungen von Werder-Fans, aber auch Anhängerinnen und Anhängern von Erzgebirge Aue aus den stark betroffenen Regionen vermeiden", sagte Vereinspräsident Hubertus Hess-Grunewald. Es ist eine Sorge, die die Politik schon in dieser Woche abräumen könnte.

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