Geldstrafen und Verletzte: Pyrotechnik in Stadien "besorgniserregend"

13.1.2020, 14:12 Uhr
Im Derby zwischen dem Hamburger SV und St. Pauli zündeten die Anhänger beider Vereine (im Bild St. Pauli) Pyrotechnik im Stadion.

© Daniel Bockwoldt / dpa Im Derby zwischen dem Hamburger SV und St. Pauli zündeten die Anhänger beider Vereine (im Bild St. Pauli) Pyrotechnik im Stadion.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zeigt sich angesichts von zahlreichen Vorfällen mit Pyrotechnik besorgt. "Die aktuelle Lage ist angesichts der Zunahme des Pyrotechnik-Einsatzes in dieser und der vorangegangenen Spielzeit nicht zufriedenstellend", teilte der DFB mit. "Besorgniserregend" sei die Lage mit Blick auf einige Vorfälle, bei denen Zuschauer mit Feuerwerkskörpern beschossen worden seien.

Der Verband sehe weiterhin Handlungsbedarf. "In erster Linie durch weitere Intensivierung von Präventionsmaßnahmen", hieß es. Vereine müssten aber auch ihre Maßnahmen zur Durchsetzung der entsprechenden Vorschriften in den Stadionordnungen verstärken. Der DFB verhängt immer wieder Geldstrafen gegen Vereine, deren Fans bei Spielen Feuerwerkskörper zünden.

Laut Polizei-Statistik sind in der Spielzeit 2018/2019 152 Menschen durch Pyrotechnik verletzt worden – bei 22 Millionen Stadionbesuchern und 1127 Verletzten insgesamt. Im Vorjahr waren es 53 Verletzte auf Grund von Pyrotechnik. Die Zahlen umfassen Vorfälle der ersten drei Ligen einschließlich der An- und Abreise zu Spielen. Die Dunkelziffer sei vermutlich höher, da nur polizeilich erfasste Verletzungen in der Statistik landen, sagt ein Polizei-Sprecher. Über die Schwere der Verletzungen gibt die Statistik keine Auskunft.

DFB-Richter Lorenz zweifelt an Wirkung von Geldstrafen

Für den vorsitzenden Richter des DFB-Sportgerichts, Hans E. Lorenz, haben Geldstrafen für Pyro-Vergehen nur eine begrenzte Wirkung. "Der Umstand, dass so etwas sanktioniert wird, führt nicht zur Lösung des Problems", sagte Lorenz der Deutschen Presse-Agentur. "Wir reagieren ja immer nur." Beim DFB-Sportgericht wird am Freitag der massive Pyro-Einsatz beim Hamburger Zweitliga-Derby verhandelt.

Viel wichtiger als Strafen sei die Kommunikation mit den Fans. "Die Strafen können allenfalls Motivation sein, den Dialog mit den Fans aufrechtzuerhalten oder zu intensivieren." Das Sportgericht beschäftigt sich mit den Einsprüchen des Hamburger SV und FC St. Pauli. Sie waren nach den Ausschreitungen im Derby am 16. September im Millerntor-Stadion in erster Instanz zu Geldstrafen in Höhe von 200.000 beziehungsweise 120.000 Euro verurteilt worden. Unmittelbar vor Beginn der zweiten Halbzeit hatten HSV-Fans nach DFB-Angaben unter anderem 35 bengalische Feuer gezündet. Auch Anhänger der Gastgeber brannten bengalische Feuer ab. Beide Fangruppen sind Wiederholungstäter.

Politiker und teilweise auch Vereine fordern schärfere Gesetze im Umgang mit der Dauerproblematik Pyrotechnik. "Es kommt immer darauf an, was man will: Wenn man das absolut pyrofreie Fußball-Jahr will, dann führt kein Weg daran vorbei an einem sehr viel schärferen Gesetz", sagte Lorenz. "Wenn man die Verhältnisse, wie wir sie haben - mit Übertretungen und Verstößen – als Teil des Systems akzeptiert, dann braucht es keine schärferen Gesetze." Er sprach von einer ständigen Abwägung: "Wenn ich die Gesetze so ausgestalte, dass sich die persönliche Freiheit des einzelnen auf Null reduziert, dann verleide ich natürlich auch vielen Menschen den Spaß am Fußball."

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