Wenn der Ball klingelt

Goalball: Dieses fränkische Duo tritt bei den Paralympics an

18.8.2021, 10:53 Uhr
Goalball: Dieses fränkische Duo tritt bei den Paralympics an

© Foto: Matthias Winter/Zink

Am Samstag musste der in Ansbach lebende Paralympics-Debütant Diehm eigens mit dem Zug nach München fahren, um sich einem der beiden erforderlichen PCR-Tests zu unterziehen, weil dies am Wochenende in Nürnberg nicht möglich ist. Am Sonntag war dann Kofferpacken angesagt, ehe es in Richtung Frankfurt ging.

Goalball: Dieses fränkische Duo tritt bei den Paralympics an

© Foto: privat

Gereist sind die beiden Akteure des Goalball-Bundesligisten BVSV Nürnberg in den letzten Wochen und Monaten reichlich, stand doch fast jedes zweite Wochenende ein Trainingslager mit dem Nationalteam auf dem Plan. Dabei musste Diehm bis vor gut drei Wochen warten, bis er erfuhr, dass er den sechsten und letzten Platz im deutschen Team besetzt, während Steiger, der bereits vor fünf Jahren in Rio de Janeiro dabei war, sehr viel früher Klarheit hatte, dass er zum zweiten Mal bei Paralympics dabei sein wird.

Bis zu einer Dreiviertelstunde dauert eine Goalball-Partie mit einer Nettospielzeit von zweimal zwölf Minuten, bei der sich zwei Teams mit je drei Akteuren auf einem 9x18-Meter-Feld gegenüberstehen. Die Tore sind neun Meter breit, 1,30 Meter hoch. Sechs Meter tief ist der Mannschaftsraum, von dem aus die Akteure den 1250 Gramm schweren Klingelball aufs Tor des Gegners werfen und versuchen, dessen Würfe nach Gehör abzuwehren.

Alle Akteure tragen unabhängig von der Sehkraft lichtundurchlässige Brillen, "damit keiner beim Sehtest schummeln kann", wie es Diehm beschreibt. Seine Sehkraft beziffert er auf neun, zehn Prozent, während die von Steiger seit Rio von "zwei bis vier auf ein bis zwei" abnahm. Dennoch habe er noch nie einen Blindenstock benutzt, wiederholt Steiger seine Aussage von 2016. Dafür habe er seit kurzem einen Blindenführhund.

Am Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte Nürnberg (BBS) hatten beide "ihre" Sportart entdeckt. Der gebürtige Ellwanger Steiger 2012, der in Lehrberg aufgewachsene Diehm hatte nach eigener Aussage "bis 2015 noch nie etwas von der Sportart gehört".

Das Ziel ist klar

Beide machten rasch Goalball-Karriere, spielten bald in der Jugend- und Männer-Nationalmannschaft. Der von der Nürnberger Privatinitiave "Goldener Ring" seit Jahren finanziell unterstützte Steiger (24) kann sich mittlerweile Vize-Europameister, Vize-Weltmeister, Europameister nennen, "und jetzt werden wir hoffentlich Paralympics-Sieger", nennt er das Ziel für Tokio. Wobei ihm Diehm (23) nicht widerspricht.

An die BBS waren beide gekommen, um eine Ausbildung zum Physiotherapeuten zu absolvieren. Mittlerweile sind sie berufstätig, Steiger in Nürnberg, Diehm in Ansbach – und ihm hat seine Heimatgemeinde Lehrberg die Möglichkeit gegeben, zusätzliche Einheiten eigenständigen Wurf- und Zirkeltrainings zu absolvieren. Während Steiger seinem Chef Christian Frei dankbar ist, der es ihm ermöglicht, bei vollem Gehalt und ohne Urlaubstage an den Lehrgängen des deutschen Teams in aller Welt wie auch den Paralympischen Spielen teilzunehmen.

Am vorletzten Wochenende vor der Abreise nach Tokio hatten Steiger, Diehm & Co. an einem internationalen Turnier im litauischen Vilnius teilgenommen, allerdings ersatzgeschwächt vier der sechs Partien verloren. Was Diehm so kommentierte: "Lieber geht’s bei der Vorbereitung schief, und alles funktioniert, wenn es wichtig ist, als andersrum."

Nach der Ankunft in Tokio reist das Nationalteam erst einmal weiter in den kleinen Ort Higashine, wohin die Bundestrainer Johannes Günther und Stefan Weil Kontakte geknüpft haben. Dort kann das Team trainieren – und stehen Begegnungen auf dem Programm, die während der Spiele dann nur im Olympischen Dorf möglich sein werden.

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