Handball-Dino Gummersbach erstmals abgestiegen

11.6.2019, 14:12 Uhr
Handball-Dino Gummersbach erstmals abgestiegen

© Christoph Schmidt, dpa

Das Aussterben der Bundesliga Dinosaurier geht weiter, sportartenübergreifend, ein Jahr nach dem Hamburger SV, dem letzten Fußball-Fossil, traf es nun den VfL Gummersbach – nur dass Gummersbach sogar ein noch prächtigeres Exemplar war als der HSV; der VfL war so etwas wie der FC Bayern München des Handballs. Deutscher Serienmeister (zwölf Titel bis 1991), fünfmal Europapokalsieger der Landesmeister (zuletzt 1983, wie der HSV beim Fußball), Keimzelle des ersten deutschen Hallenhandball-Booms der 1970-er-Jahre, der Verein von Ikonen wie Hansi Schmidt, Heiner Brand, Joachim Deckarm, Sepp Wunderlich oder Andreas Thiel – und Bundesligist von der ersten Stunde an.


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Remis reichte nicht

Seit 1966/67, als der Handball dem Vorbild des Fußballs gefolgt war und eine (bis 1977 in die Staffeln Nord und Süd geteilte) Bundesliga ins Leben rief, gehörte Gummersbach dazu; am Pfingstsonntag stieg das letzte verbliebene Gründungsmitglied nach einem 25:25 in Bietigheim ab – nach 53 Jahren endet ein starkes Stück Handball-Zeitgeschichte.

Im Bergischen Land hatten sie sich schon auf den Hallenhandball konzentriert, als die inzwischen ausgestorbene Großfeld-Variante noch populärer war, das verschaffte dem VfL einen Vorsprung, und unter Führung des legendären Eugen Haas wurde aus der 50.000-Einwohner-Stadt der Mittelpunkt der Handball-Welt – die hierzulande noch eine recht ländliche war, der Turnverein aus der unterfränkischen 4000-Einwohner-Gemeinde Großwallstadt sollte zu einem der größten auch internationalen Rivalen des VfL werden.

Selbst Heiner Brand hoffte auf Klassenerhalt

Der TV Großwallstadt ist jetzt nur noch drittklassig, der professionelle Handball verändert seine Strukturen, das Land wird – wie im richtigen Leben – abgehängt. In Gummersbach verpflichtete die Tradition, den Anschluss halten zu wollen, der Verein überhob sich dabei wiederholt. Viermal stand der VfL vor der Insolvenz, gewann aber – nach gut einem Vierteljahrhundert ohne europäische Titel – 2009 (IHF-Pokal), 2010 und 2011 (Europapokal der Pokalsieger) noch drei kontinentale Trophäen. Der Umzug aus der alten Eugen-Haas-Halle in eine neue Arena (am Heiner-Brand-Platz) sollte der Schritt in die Moderne sein, aber die Hoffnung trog. Die finanzielle Genesung kostete zu viel sportliche Substanz.

"Ich habe immer gehofft, nicht erleben zu müssen, dass der VfL einmal absteigt", hatte Heiner Brand, das Unglück längst erahnend, zuletzt wiederholt gesagt. Er erinnerte sehr an einen anderen Jahrhundertsportler, den jahrelang dieselben Sorgen umtrieben. An den großen Hamburger Uwe Seeler.

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