HC Erlangen und TS Herzogenaurach: Interview zum Saisonstart

10.10.2020, 16:54 Uhr
HC Erlangen und TS Herzogenaurach: Interview zum Saisonstart

© Foto: Harald Sippel

Ein Gespräch über Fairness zur Corona-Zeit, Gejammer in der Kabine und Feiern im Zirkel.

Frau Neumann, Herr Walz, wo wird mehr gejammert in der Kabine?

Lisa Neumann: Bei uns wird eher gelästert. Typisch Mädels halt! Über Wehwehchen jammern tatsächlich eher die Männer, glaube ich.

Sebastian Walz: Gelegentlich. (lacht) Und es wird ein rauer Ton angesetzt, wenn etwas nicht passt. Ansonsten ist die Stimmung in der Kabine ausgelassen und spaßig.

Neumann: Bei uns schon auch, wir haben immer unseren Spaß.


Erlangens U23 belohnt sich zum Drittliga-Auftakt


Ist in der dritten Liga viel Spaß erlaubt?

Neumann: Bei uns verdient niemand damit Geld, jeder zahlt drauf. Wir sehen uns als leistungsbezogener Amateurbereich. Es ist Hobby und kein Profi-Handball.

Beim HCE gibt es zumindest etwas Geld.

Walz: Eine Aufwandsentschädigung, ja. Mit den anderen Mannschaften in der Liga ist es nicht annähernd vergleichbar. Ansonsten wird in unseren fünf Trainingseinheiten pro Wochen professionell gearbeitet. In der Vorbereitungen hatten wir zum Teil sieben Einheiten pro Woche. Dadurch, dass wir auch Leute für oben ausbilden, gehen wir in Richtung Profi-Sport.

Die Anforderungen sind sehr hoch?

Walz: Vor allem die Anforderungen an uns selbst. Wir wollen uns weiterentwickeln, auch wenn wir in der dritten Liga gefangen sind. Wir haben uns etabliert. Nach oben aber geht wenig (als U23 darf das Team nicht aufsteigen, d. Red.).

Hat sich auch die TSH mittlerweile in der dritten Liga etabliert?

Neumann: Bei uns ist es schwierig, wir sind nach zwei Jahren in der Ost-Staffel jetzt wieder in der Süd-Staffel. Die gilt als stärker, wir kennen die meisten Teams nicht.

Herr Walz, kommt Ihnen das bekannt vor?

Walz: Ja. Dazu die langen Fahrten. Bei uns war in der vergangenen Saison der große Umbruch, erfahrene Spieler sind gegangen, dazu sind wir in die Süd-Staffel gekommen. Jetzt nach dem einen Sieg gegen einen Mitfavoriten...

... über den Ihr Coach gesagt hat, dass man den ja nicht überbewerten dürfe.

Walz: Ja, das darf man nicht. Doch wir haben uns beim 35:26 gegen den VfL Pfullingen gar nicht schlecht angestellt.

Der TSH steht der Saisonstart noch bevor.

Neumann: Wir haben nächsten Sonntag (18. Oktober, d. Red.) mit Metzingen direkt ein Brett vor dem Kopf. Die hätten aufsteigen können. Da muss man schauen, wo man bleibt. Dazu kommt Corona. Wir hatten einmal einen Verdacht, da hatten wir Trainingspause, dazu sind in der Vorbereitung Trainingsspiele und Turniere ausgefallen. Und jetzt direkt vor dem Auftakt hatten wir noch einmal 14 Tage Quarantäne. Das ist eine Katastrophe.

Walz: Ich musste auch einmal in Quarantäne. Insgesamt kamen wir aber glimpflich durch.

Wie fühlen Sie sich damit?

Neumann: Ich war noch nie in so einem Zwiespalt. Auf der einen Seite hat man mega Bock auf Handball. Doch es kann ja nicht sein, dass ich nach einem Spiel vielleicht wieder zwei Wochen lang in Quarantäne muss, wenn es einen Verdachtsfall gibt. Die Auflagen in Baden-Württemberg sind auch ganz anders. Man ist nie zu Hundert Prozent sicher, ob Spiele stattfinden.

Walz: Vorfreude war bei uns definitiv dabei. Im Verein haben wir hart gearbeitet, damit Zuschauer in der Halle sein konnten. Doch es wird eine toughe Saison: Bis Weihnachten haben wir kein freies Wochenende mehr. Müssen Spiele verschoben werden, kann es sein, dass wir an einem Wochenende zweimal spielen müssen.

HC Erlangen und TS Herzogenaurach: Interview zum Saisonstart

© Foto: Katharina Tontsch

200 Zuschauer waren in der Hiersemannhalle dabei. Haben Sie das genossen?

Walz: Auf jeden Fall. Man sieht, die Leute haben Bock darauf.

Wie wird das bei der TSH sein?

Neumann: Ganz sicher ist es noch nicht. Doch die Vorgaben werden bei uns nur sehr schwer umsetzbar sein, weshalb es sehr viel weniger Zuschauer sein werden. Durch Corona sind zudem die Einnahmen von der Kerwa weggefallen. Das ist super schwierig für uns.

"Beim HCE ist das Familiengefühl sehr ausgeprägt"

Trifft die Krise die TSH härter?
Neumann: Auf jeden Fall. Wir sind ein Breitensportverein. Das Geld ist knapp. Doch der Verein hat immer alles gegeben, dass wir in der dritten Liga bleiben können.

Ist es einfacher, eine U23 zu sein?

Walz: Das würde ich nicht sagen. Vieles haben wir uns selbst erarbeitet, alleine was Wanne (Tobias Wannenmacher, Coach und sportlicher Leiter, d. Red.) aufgebaut hat. Ich glaube nicht, dass es jetzt als U23 leichter ist. Wenn in der Bundesliga-Mannschaft Spieler ausfallen, rücken welche von uns nach.

Neumann: Beim HCE ist das Familiengefühl sehr ausgeprägt. Viele sind stolz, für diesen Verein zu spielen.


Mit Vorfreude: Der HCE empfängt Melsungen


In Herzogenaurach ist das anders?

Neumann: Als ganzer Verein sind wir nicht so eine große Handball-Familie wie beim HCE. Bei den Damen kommt niemand aus Herzogenaurach, alle wohnen im Umkreis, viele in Erlangen.

Sind Sie dann auch mehr in Erlangen unterwegs?

Neumann: Ja, ohne Corona ist das auch bei uns so. Wir versuchen, immer mal Wochenenden zu planen, an denen alle in Erlangen übernachten. Dann gehen wir in den Zirkel und treffen die HCler.

Walz: Das ist die Handball-Familie, auch mit Bruck oder Forchheim, der komplette Ballungsraum.

Läuft es mies: Wie gehen Sie damit um?

Neumann: Auch bei uns wird der Ton rauer. Bei Mädels habe ich aber das Gefühl, dass manche nachtragender sind. Bei Männern denke ich, dass sie sich richtig die Meinung sagen können – und niemand nimmt es einem übel.

Walz: In einer Mannschaft lernt man, dass man nur weiterkommt, wenn man Kritik annimmt.

Neumann: Das hilft auch im Berufsleben. Als Teamsportler ist man es gewöhnt, Kompromisse zu finden. Dabei muss ich sagen, dass es bei uns wirklich nicht einfach ist. Andreas Ottlo ist der erste Trainer, der mit uns in sein zweites Jahr geht. Das ist richtig cool! Denn ich glaube, dass wir ein ganz schöner Hühnerhaufen sein können.

Vorher haben Sie alle Trainer vergrault?

Neumann: Ein bisschen. Es gab immer Diskrepanzen, es hat immer irgendwie nicht gepasst.

Mit welchen Zielen geht’s in die Saison?

Neumann: Wir wollen nicht absteigen. Doch ehrlich: Es kann nicht fair ablaufen mit Corona.

Walz: Als Mannschaft haben wir für uns Ziele definiert. Die sind gerade mit dem aktuellen Tabellenstand übertroffen (Platz drei, d. Red.). Wir schielen Richtung oberes Mittelfeld.

Nach dem Spiel: Wo dauert’s länger in der Kabine?

Walz: (lacht) Bei uns gibt es genauso die Lang-Duscher, die ewig brauchen, um ihre Haare zu machen.

Neumann: Weil bei uns viele noch weit heimfahren müssen, beeilen wir uns schon mehr.

"Feiern im Club können wir genauso!"

Wer feiert dann härter?

Neumann: Da wird anders gefeiert. Männer brüllen auf dem Feld vielleicht mehr um. Wenn man dann aber in die Kabine blickt, schaut es bei uns wahrscheinlich auch nicht anders aus. Danach feiern im Club können wir genauso!

Walz: Bei uns sind schon auch ein, zwei Party-Biester dabei. Wenn es die Corona-Regeln wieder zulassen.

Verwandte Themen


Keine Kommentare