HCE zuhause: Männer, die auf Bildschirme starren

18.4.2021, 13:18 Uhr
Mussten sich in häuslicher Isolation ihre Zeit vertreiben: Die Handballer des HCE.

© Privat Mussten sich in häuslicher Isolation ihre Zeit vertreiben: Die Handballer des HCE.

Trainer Michael Haaß: Was ich in der Quarantäne gelernt habe? Dass man so viel aushält, wie man aushalten muss. Wenn Mama und Papa krank sind, beide Kinder aber topfit, dann werden es sehr lange Tage. Zeit, um in mich zu gehen, hatte ich da gar nicht, aber es ist erstaunlich, dass man solche Tage ohne eine Minute Pause durchstehen kann.

Florian von Gruchalla hat Zeit für sein Studium - und sogar für die Steuererklärung gefunden.

Florian von Gruchalla hat Zeit für sein Studium - und sogar für die Steuererklärung gefunden.

Florian von Gruchalla: Als Profi-Sportler hört man ohnehin immer sehr auf seinen Körper, in diesen Tagen habe ich das aber noch viel intensiver getan. Man weiß ja nicht, was das Virus noch mit einem macht. Als es mir besser ging, habe ich mich dann der Steuererklärung und meinem Teilzeitstudium für Sport-Business und Sport-Management gewidmet. Und ich habe ungewöhnlich viel geputzt.

Martin Ziemer: Ach, ich will da gar keine hochtrabenden Worte wählen. Die Quarantäne gehört dazu, das ist Teil der großen Strategie, wenn wir versuchen wollen, das Virus einzudämmen. Man muss seinen Tag strukturieren, denn ein großer Fernsehgucker bin ich nicht. Der ist nicht einmal angeschlossen.

Arztbesuch wie ein Kindergeburtstag

Jan Schäffer hat sich im Homeoffice etwas hilflos gefühlt.

Jan Schäffer hat sich im Homeoffice etwas hilflos gefühlt. © Privat

Jan Schäffer: Ich hätte nicht gedacht, dass ich in ein solches Loch falle. Beim Lockdown vor einem Jahr hatte ich meine Freundin als Ansprechpartner und man durfte vor die Tür und zumindest Laufen gehen. Dass ich zwei Wochen lang gar keinen Sport gemacht habe, das gab es zuletzt vor 14 Jahren, als ich mal länger krank war. Sonst bewege ich mich immer irgendwie, auch nach der Saison, mache Krafttraining. Sich nicht richtig bewegen zu dürfen, ist für mich das Schlimmste, habe ich während der Quarantäne festgestellt.

Normalerweise kann ich mich mit Videospielen ganz gut ablenken, kann mich da richtig verlieren, aber selbst dafür hat mir zuerst der Antrieb gefehlt. Ich saß phasenweise einfach auf dem Sofa und habe ins Nichts gestarrt. Ohne meine Workstation war es auch relativ schwierig, von zu Hause für meinen zweiten Arbeitgeber Heitec zu arbeiten. Es war durchaus lehrreich zu merken, wie empfindlich das eigene Wesen ist. Was mache ich mit mir? Diese Frage habe ich mir oft gestellt. Als ich dann das erste Mal wieder vor die Tür durfte und beim Arzt den Lungen- und Herzfunktionstest gemacht habe, hat es sich angefühlt wie beim Kindergeburtstag. Ich weiß, das klingt absurd, aber ich war so glücklich, überhaupt wieder Menschen zu treffen.

HCE zuhause: Männer, die auf Bildschirme starren

© privat

Hampus Olsson: Ich habe in den vergangenen Wochen vor allem gemerkt, wie wichtig das soziale Leben ist. Und dass man relativ schnell verrückt wird, wenn man da so alleine auf der Couch sitzt. Ich bin kein großer Fan von all den digitalen Geräten, aber ich wohl noch nie so viel Zeit mit Facetime verbracht, damit ich überhaupt ein Sozialleben habe.

Ich bin ohnehin weit weg von meiner Heimat in Schweden, aber sonst habe ich ja zumindest fast jeden Tag die Teamkollegen getroffen, mit denen man zusammen lachen kann. Diese Emotionen sind sehr wichtig. Und dann ist auch noch der Controller meiner Playstation kaputt gegangen...

"Habe gemerkt, wie gut mir das tut"

Christopher Bissel hat die Bildschirme hinter sich gelassen und sein Studium vorangetrieben.

Christopher Bissel hat die Bildschirme hinter sich gelassen und sein Studium vorangetrieben. © Privat

Christopher Bissel: Ich habe in der Quarantäne feststellen müssen, dass ich leider nicht mehr so gut wie früher mit Langeweile umgehen kann. Ich war schon sehr auf mobile Endgeräte angewiesen und musste mich regelrecht zwingen mal vom Bildschirm zu lösen und mal was „Analoges“ zu machen, also zu lesen oder ein Puzzle zu machen. Als mir das dann gelungen ist, habe ich aber festgestellt, wie gut mir das tut.

Antonio Metzner: Was ich über mich gelernt habe? Dass ich jeden zweiten Tag die Wohnung aufräumen muss, wenn ich so viel zu Hause bin. Dass es uns erwischt hat, war für mich ein kleiner Schock, weil wir ja so vorsichtig sind, aber das zeigt, dass es einen jederzeit treffen kann.

"Ein absolutes Privileg"

Ablenkung mit Geschicklichkeitsspielen: Sebastian Firnhaber wusste sich zu helfen.

Ablenkung mit Geschicklichkeitsspielen: Sebastian Firnhaber wusste sich zu helfen. © Privat

Sebastian Firnhaber: Ich wusste das zwar eigentlich vorher schon, aber die Quarantäne hat mir noch einmal gezeigt, wie glücklich ich mit meinem Job bin. Und dass ich mich bewegen muss, weil ich sonst durchdrehe. Man genießt es, mit den Jungs in der Kabine zu sitzen und auch über Themen zu reden, die nichts mit Handball zu tun haben, das war sonst ein kleiner Tapetenwechsel und dass wir spielen dürfen, empfinde ich als absolutes Privileg.

Bei der WM habe ich das japanische Geschicklichkeitsspiel Kendama für mich entdeckt, damit konnte ich mir etwas die Zeit vertreiben, aber jetzt genieße ich wieder jede Minute in der Halle.

Hat seine Leidenschaft für Kaffee gepflegt: Nico Büdel.

Hat seine Leidenschaft für Kaffee gepflegt: Nico Büdel.

Nico Büdel: Ich bin zum Glück verschont geblieben, weshalb es aber umso anstrengender war, nicht vor die Tür zu dürfen. Ich habe viel aufgeräumt und bin meiner Leidenschaft für Kaffee nachgegangen. Eine Wissenschaft werde ich aber nicht daraus machen, ich war einfach froh, als ich wieder in der Halle stehen durfte.

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