"Held" Günter Netzer in Nürnberg geehrt

26.10.2013, 22:22 Uhr

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Günter Netzer ist schon da. Noch bevor auch nur ein Gast den Saal der Tafelhalle betreten hat, ist der ehemalige Fußballer, Welt- und Europameister auf seinem Platz, eingerahmt von Franz Beckenbauer und Bernd Trautmann. Zwischen deren Bildern nämlich hängt schon vor Beginn der Gala der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur der Banner mit dem diesjährigen Träger des Walther-Bensemann-Preises: Günter Netzer. Mit dem reiht sich Netzer in die Riege aus Beckenbauer, Trautmann und anderen Größen wie Bobby Charlton oder Uwe Seeler ein.

Bis Netzer dann tatsächlich auf die Bühne tritt, dauert es rund zwei Stunden. Das Warten lohnt sich. Nachdem kicker-Herausgeber Rainer Holzschuh den "Mythos Netzer" würdigt, ausgiebig lobt - zu viel sogar, wie Netzer findet -, sorgt auch der Fußball-Kulturpreisträger für mehr als einen Lacher. Nicht nur deshalb, weil ihm Partout kein eigenes Vorbild einfallen will, sondern weil er offen zugibt, den Grimme-Preis, den er für seine Arbeit als TV-Kommentator  bekommen hat, damals nicht gekannt zu haben.

Dass er, wie auch Laudator Holzschuh zitiert, einer ist, der nur drei Aktionen benötigt hat, um eine Legende zu werten, stimmt Günter Netzer nachdenklich. "Für meine Fußball-Karriere habe ich mich geschunden - das hätte ich mir dann ja sparen können."

Ein Mensch der Kultur ist Netzer trotzdem, schon in jungen Jahren in die Kunstszene der Jungen Wilden gerutscht. Was er außerdem ist? Ein Held (Netzer über Netzer). "Aber nicht wegen meines Fussballer-Lebens, sondern weil ich inzwischen seit 37 Jahren verheiratet bin."

Links wie rechts

Den vielleicht bisher "größten" Moment seiner Karriere erlebt ein anderer Fussballer an diesem Abend nicht live. Patrick Funk, Profi des VfB Stuttgart, wird für den Fußballspruch des Jahres ausgezeichnet. Ein "herrlich doofer" Satz, sagt Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein über ihren eigenen Favoriten. Also über Patrick Funks Erkenntnis: "Links ist ähnlich wie rechts, nur auf der anderen Seite".

Im Abstimmungsfinale konnte sich der Funk-Spruch gegen eine Aussage von Freiburgs Trainer Joachim Streich durchsetzen. Der hatte bei seinen Spielern festgestellt: "Der Eine holt Kraft aus dem Gebet, der Andere aus der Badewanne."

Der heimliche Star der Veranstaltung aber lebt in Nürnberg: Heinz Höher. Über sein Fussballer- und Trainer-Leben, auch als Trainer des 1. FC Nürnberg, hat Autor Roland Reng ein Buch geschrieben. Über einen, wie Reng sagt, "faszinierende Art ehrlichen und auf eher unglaubliche Art sympathischen Mann". Der steht dann mit Reng auf der Bühne und lobt den Kulturpreisträger auf seine Weise. "Man kann's ganz gut lesen", sagt er über "Spieltage".

Was Höher heute treibt? Er lebt so "in den Tag hinein zu leben". Höher sagt das so trocken, dass das Publikum prustet.

Weihnachtsfrieden 1914

Den Fan-Preis des Jahres geht, das wird vielleicht auch Heinz Höher, auch Ex-VfL-Trainer, freuen, nach Bochum. Dort lebt Ralf Marczinczik, Hobby-Zeichner aus dem Ruhrpott. Und nun auch Kulturpreisträger. Und zwar für seinen berührenden Comic "Niemandsland". Der handelt von der wahren Geschichte, dem Weihnachtsfrieden von 1914, bei dem Engländer und Deutsche an der Kriegsfront während einer Waffenruhe ein Fußballspiel einläuteten.

In Marczincziks Comic zählt, entgegen der Fußballweisheit, nicht nur, was auf dem Platz ist. Genauso wie beim Lernanstoss des Jahres 2013. Den gewinnt der SC Würzburg-Heuchelhof für sein Projekt, dass junge Mädchen mit Migrationshintergrund in den Verein bringt. Gepaart mit einer Nachhilfe.



 

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