Im Club-Aufsichtsrat herrscht das Durcheinander

27.8.2014, 05:58 Uhr
Warf enttäuscht hin: Manfred Müller (rechts) sah keine vernünftige Arbeitsgrundlage im FCN-Aufsichtsrat mehr gegeben.

© Sportfoto Zink / DaMa Warf enttäuscht hin: Manfred Müller (rechts) sah keine vernünftige Arbeitsgrundlage im FCN-Aufsichtsrat mehr gegeben.

Am Abend traf sich der Aufsichtsrat turnusmäßig zu einer Sitzung. Martin Bader, der Sportvorstand, sollte sich äußern zur derzeitigen Situation — der Club, er hat erst drei Punkte aus drei Spielen geholt, am Dienstag  wurde mit Torhüter Samuel Radlinger Neuzugang Nummer 17 begrüßt, die Anhängerschaft kündigt mehr und mehr die Unterstützung. Keine Frage, die Situation ist angespannt. Keine Überraschung war es daher, dass Bader, der für die Neuzugänge und die Verpflichtung des Trainers Valerien Ismael zuständig ist, Stellung nehmen soll gegenüber dem höchsten Gremium des 1. FC Nürnberg.

Darin sitzt auch Hanns-Thomas Schamel, Gründer des gleichnamigen Meerrettich-Imperiums aus Baiersdorf. Doch Schamel wollte den Vorständen gar keine Zeit mehr geben. Schamel, der mit großem Herzblut am Verein hängt, er hatte genug von Martin Bader und Ralf Woy, der für die Finanzen zuständig ist. Hanns-Thomas Schamel stellte für alle überraschend den Antrag, beide Vorstände mit sofortiger Wirkung abzuberufen.

Das Gremium entschied sich nach Informationen unserer Zeitung aber deutlich gegen eine Abberufung, neben Schamel hatte nur der ehemalige Realschullehrer und Sportreporter Günter Koch dafür gestimmt. Jener Koch, der zuletzt noch mit beinahe flammenden Reden aufgefallen war, mit denen er Bader nach dem Abstieg aus der Bundesliga den Rücken stärkte. Der Bader, meinte Koch, ist nicht schuld, der Bader macht seine Arbeit gut, der Club, das sind viele — und viele Ideen, von denen sich jetzt manche als gut erwiesen und manche als nicht so gut. Günter Koch wollte sich am Dienstag nicht dazu äußern.

Noch vor dieser Abstimmung, sagt dafür Manfred Müller, sei er von seinem Posten als Aufsichtsratsmitglied zurückgetreten. Im Juni 1978 war der ehemalige Torwart zum „Held von Essen“ geworden, er hatte einen Strafstoß von Horst Hrubesch gehalten und damit mit eigenen Händen den Weg für den Club zurück in die Bundesliga geebnet. Jetzt klingt dieser Müller enttäuscht, wenn er über den Aufsichtsrat, dem er im Oktober „mit großem Enthusiasmus“ beigetreten war, erzählt: „In einer solchen Atmosphäre möchte ich nicht arbeiten.“ Es sei, meint er, furchtbar schwer, konstruktiv zusammenzuarbeiten, grundsätzlich sei dieses Gremium selten einer Meinung. „Kompromisse zu finden“, sagt Manfred Müller, „das wäre schön gewesen.“

Am Dienstagmorgen hat sich dann auch Hanns-Thomas Schamel zu einem Rücktritt entschlossen. Es sei keine leichte Entscheidung gewesen, er habe immer gern für den FCN gearbeitet, zuletzt aber gemerkt, dass sich nichts mehr weiterentwickeln ließe „und keine meiner Ideen mehr umgesetzt wird“. Zuletzt nicht einmal die von der Absetzung der Sportvorstände. „Nachdem ich überstimmt wurde“, sagt Schamel, „habe ich keinen Sinn mehr gesehen.“

Müller findet, dieser Antrag sei zum jetzigen Zeitpunkt „komplett überflüssig“ gewesen. Man könne doch, wo so viele neue Spieler gekommen sind, wo sich eine Mannschaft finden muss, keinen solchen Schluss ziehen. „Eine Absetzung“, sagt der einstige Held von Essen, „wäre eine komplette Fehlentscheidung.“

Weshalb er ihn trotzdem gestellt hatte und aus welchen Gründen er Bader und Woy die Kompetenz abspricht, wollte Schamel nicht näher erläutern. Er verwies nur immer wieder auf das Leitbild des Vereins, „von dem wir uns zu weit entfernt haben“. Über Trainer Ismael meinte er: „Es wird spannend sein zu sehen, ob er dem Club endlich eine prägende Spielidee vermitteln kann.“

Der Außendarstellung des 1. FC Nürnberg tut ein zerstrittener Aufsichtsrat alles andere als gut. Müsste man nicht demonstrativen Zusammenhalt zeigen? „Das haben wir ja getan“, sagt Manfred Müller, „indem wir diesen Antrag abgeschmettert haben.“ Der FCN, sagt der 67-Jährige zum Abschied, hat vor Jahren den größten Fehler begangen, indem er eine Satzung verabschiedet hat, „die dazu beiträgt, dass der Verein langfristig nie Erfolg haben kann“. In einem Aufsichtsrat, findet der ehemalige Top-Torhüter, müssten nur Top-Leute sitzen – aus der Wirtschaft, aus dem Sport, aus der Politik. „Wer aber stellt sich freiwillig oben hin, wenn man jederzeit in einer aufgeheizten, emotionalen Atmosphäre wieder abgewählt werden kann?“

 

Der (verbleibende) FCN-Aufsichtsrat:

Klaus Schramm, 75, Textilkaufmann

Peter Schmitt, 72, Berater des Bayerischen Lottoverbandes

Günther Koch, 72, ehemaliger Realschullehrer und Sportreporter

Christian Ehrenberg, 40, Kaufmann

Ulrich Maly, 54, Oberbürgermeister

Ralf Peisl, 38, Rechtsanwalt

Siegfried Schneider, 64, ehrenamtlicher Stadtrat

30 Kommentare