Kajak am Annapurna statt Sofa in Nürnberg

26.12.2010, 22:53 Uhr
Kajak am Annapurna statt Sofa in Nürnberg

© privat

Seit 17 Jahren stopft Peter Luppa in seiner Nürnberger Praxis Löcher in den Zähnen oder überkront sie – wenn er nicht gerade als Wildwasserfahrer quer über den Globus tourt. Anfang November verschlug es den Nürnberger Kajaksportler nach Nepal. Dort unternahm er als Teil der mehrköpfigen Expedition „Ice 2 Jungle“ eine Erstbefahrung am Annapurna-Gletschermassiv.

Organisiert wurde der Trip vom Alpinen Kayak Club (AKC), einem „elitären Zirkel“ von Extrem-Kajakfahrern und Bergsportlern, wie Luppa augenzwinkernd erklärt. Seit gut einem Jahr ist er Mitglied des Clubs. Die Kontakte wurden unter anderem bei der alljährlich im Oktober stattfindenden Sickline Extreme Kayak Weltmeisterschaft im Ötztal geknüpft. Die dort zu bewältigende Strecke gilt als eine der schwierigsten der Welt, weshalb bei der WM auf Qualifikationsrunden auch weitgehend verzichtet werden kann. „Wer sich runtertraut, ist qualifiziert“, sagt Luppa, „mehr als 120 waren das bisher nicht.“ Einer der sich traute, war auch in diesem Jahr Peter Luppa.

Am Ende belegte der 45-jährige als ältester Teilnehmer den 113. Platz. „So lange wie möglich“ an der WM teilnehmen möchte Luppa, der auch dann noch an seine körperlichen Grenzen gehen will, wenn viele seiner Freunde bereits nur noch ruhigere Gewässer befahren. Umso mehr freut er sich über die Aufnahme in den AKC, wo der Mediziner Gleichgesinnte gefunden hat. Die sind zwar bisweilen 20 Jahre jünger, aber „sie fahren so schwere Strecken, wie ich mir das vorstelle“. Und, besonders wichtig: „Sie sind bei dem, was sie tun, sehr verantwortungsvoll, im Wasser stimmt die Kommunikation untereinander“.
 

Drei Klimazonen in zwei Wochen

Sich in dieser Hinsicht beweisen konnten die AKC-Mannen bei besagter Expedition. Deren Name „Ice 2 Jungle“ war dabei Programm, denn tatsächlich durchquerten die sieben Sportler im Laufe der zwei Wochen drei Klimazonen. Sie schlugen sich zunächst durch die Nebelwälder der Annapurna Conservation Area, absolvierten dann auf schmalen Fußwegen 3000 Höhenmeter und stießen schließlich auf den Gletscherkamm des zehnhöchsten Berges der Erde. Dort stiegen sie in ihre Kajaks und rauschten vor beeindruckender Kulisse zurück in das im Flusstal des Modi Khola gelegene Nayapul. Nur bedingt wollen Luppa und seine Mitstreiter damit eine Pionierleistung für sich beanspruchen. „Dass wir die ersten waren“, lacht Luppa, „liegt nur daran, dass niemand vor uns verrückt genug war, eine Abfahrt zu versuchen.“

Und das nicht ohne Grund: „Wir wussten anfangs nicht, ob wir überhaupt fahrbares Wasser finden würden“. Sie fanden es – sofern man einen sich über Findlinge und Felsen herabstürzenden schmalen Gletscherbach als „fahrbares Wasser“ bezeichnen will. Was die Berghänge hinab zum Modi Khola schoss, hatte nicht einmal einen Namen. In einem Akt der Spontaneität tauften die Expeditionsteilnehmer den Bach „Moraine Run“.

Unbekannte Strecke

Dass Extrem-Kajakfahren alles andere als ungefährlich und körperlich höchst anspruchsvoll ist, zeigte sich auch bei „Ice 2 Jungle“. Gemessen an den Risiken, die die völlig unbekannte Strecke bot, meisterte das Expeditionsteam die Abfahrt zwar recht gut, findet Luppa: „Alles in allem haben wir wirklich Glück gehabt.“ Ein Teilnehmer musste die Tour dennoch vorzeitig abbrechen – wie erst die ärztliche Untersuchung in Deutschland ergab, hatte er sich bei einer missglückten Rolle den Wangenknochen gebrochen. Luppa selbst kam unbeschadet im Zielort an. Es ist ohnehin unwahrscheinlich, dass ihn etwas derart Banales wie ein Knochenbruch davon abhalten würde, weiter in sein Kajak zu steigen. Dafür schwärmt er viel zu sehr von den Eindrücken, die sich bei diesem Sport bieten. „Die Natur bietet uns eine einzigartige Spielwiese“, findet Luppa, dem es keineswegs darum geht „sich möglichst schwer einen Hang herunterzuhauen“.

Von der Befahrung des Annapurna-Massivs nimmt er vor allem „ein fantastisches Naturerlebnis“ als Erinnerung mit nach Hause. Und genau diese Erlebnisse will Luppa noch möglichst lange machen. Zum Beispiel im nächsten Jahr in Kalifornien. Oder Costa Rica. Ganz gleich, wohin es ihn letzten Endes zieht: Ein Urlaub auf dem heimischen Sofa wird es nicht.