Kampf um das Tor: Mathenia will beim Club wieder abheben

2.8.2018, 07:24 Uhr
Kampf um das Tor: Mathenia will beim Club wieder abheben

© Sportfoto Zink

Als Michael Köllner gestern im Trainingslager einen freien Nachmittag spendierte und sich die Profis des 1. FC Nürnberg in Südtirol in sämtliche Himmelsrichtungen verabschiedeten, um zu raften oder zip-linen, wäre Christian Mathenia am liebsten einfach nur vom Himmel gefallen. Tandemspringen ist die große Leidenschaft des Torhüters.

"Ich bin ein Adrenalin-Junkie", lacht Mathenia. Ob er sich deshalb vor zwei Jahren vom SV Darmstadt 98 zum Hamburger SV transferieren ließ? In den Turbulenzen, die den Bundesliga-Dino schließlich in die 2. Liga abstürzen ließen, hatte er nur bedingt seinen Spaß. Schießlich erlebte Mathenia die Zeit dort ohne rettenden Fallschirm. Auch er war diversen Trainerwechseln ausgeliefert. Mal war er ein gefeierter Rückhalt, mal wurde er auf die Ersatzbank strafversetzt. So ging seine Zeit in Hamburg vergangene Saison bereits am 26. Spieltag zu Ende. Das 1:6 gegen den FC Bayern München war Mathenias letzter Einsatz.

"Es war keine einfache Situation. Gefühlt musste man sich alle paar Monate auf einen neuen Trainer einstellen. Jeder hat dann wieder auf andere Charaktere gesetzt", erzählt der 26-
Jährige, der letztlich von Trainer Nummer drei, Christian Titz, unter nebulösen Umständen ausgemustert wurde. Über Details will sich Mathenia nicht auslassen, er erzählt nur, dass ihm auch nahegelegt wurde, sich trotz eines gültigen Vertrags zu verändern. "Ich schaue nicht so gerne zurück, sondern lieber nach vorne", erklärt er sein Schweigen. Nicht alle Ehemaligen halten es so. Dass man beim HSV reich, aber nicht zwangsläufig auch glücklich werden muss, hat André Hahn im kicker kundgetan. "Ich würde definitiv nicht wieder nach Hamburg gehen, da könnten sie Champions League spielen und mir bieten, was sie wollen", sagte er nach seiner Rückkehr zum FC Augsburg.

Mathenia könnte sicherlich auch ein paar pikante Details ausplaudern. Doch nachtreten mag der gebürtige Mainzer, der zwischen 2006 und 2014 für die 05er spielte, auch deshalb nicht, weil er sich selbst mitverantwortlich fühlt, dass die Bundesliga-Uhr des Gründungsmitglieds nach fast 55 Jahren stehenblieb. "Ich hatte ein paar Spiele, in denen ich, so ehrlich muss ich sein, der Mannschaft ein paar Punkte gekostet habe. Aber ich versuche, aus Fehlern zu lernen." Der Makel, als einer von 33 eingesetzten Spielern mit diesem Stigma leben zu müssen, wiegt schwer. "Wenn ich mich für einen Verein entscheide, dann bringe ich mich hundertprozentig ein, auch mit aller Emotionalität. Als es runterging mit dem HSV, hatte ich schon eine Zeitlang an mir zu knabbern. Das verändert einen auch ein Stück weit. Keiner wollte der Erste sein, der mit dem Verein absteigt."

Die Anfrage des 1. FCN, der sich Mathenias Dienste rund 500 000 Euro kosten lässt und bereit ist, im Fall des Klassenerhalts noch einen Nachschlag an den HSV zu leisten, kam für ihn zum richtigen Zeitpunkt. Dass es hier nicht an Lebensqualität mangeln würde, wusste er schon vor seiner Unterschrift. Nach den Besonderheiten Frankens musste er nicht erst googeln. Seine Freundin stammt aus Würzburg, in Nürnberg hatten die beiden schon viel Zeit verbracht. "Obwohl es heißt, dass die Menschen hier eher verschlossen sein sollen, kann ich eigentlich nur das Gegenteil berichten. Ich habe nur super Menschen bisher kennengelernt", schwärmt er.

Beim Club lässt er sich nun auf einen Konkurrenzkampf mit Fabian Bredlow ein. Der Aufstiegskeeper geht mit einem kleinen Bonus in die Vorbereitung. "Wir führen einen fairen Konkurrenzkampf, es gibt da keine Stänkereien. Wir verstehen uns und pushen uns in jedem Training", sagt Mathenia. Mit dieser Konstellation kennt er sich aus. Als er mit Darmstadt in die Bundesliga aufstieg, holte der Verein auch starke Konkurrenz. Mathenia ging "mit einer breiten Brust in den Kampf", gewann und stand im Tor, bis er sich vor dem 34. Spieltag die Mittelhand brach.

In Nürnberg will er nun ein besserer Herausforderer sein. "Ich habe natürlich mehr Bundesligaerfahrung und beim HSV und in Darmstadt den Abstiegskampf schon ordentlich mitgemacht. Auf dieser Basis sehe ich mich schon vorne", sagt Mathenia, der sich als "sehr bodenständig und zielfokussiert" beschreibt. 71 Bundesligaspiele hat er absolviert. 71 mehr als Bredlow. "Ich glaube nicht, dass der Verein mich nur geholt hat, um mich auf die Bank zu setzen. Er hat sicherlich einen Plan mit mir." Sollte sein Plan, die Nummer eins zu werden, nicht gleich aufgehen, "werde ich meinen Charakter in die Mannschaft einbringen und weiter alles geben".

Christian Mathenia – geboren: 31. März 1992 in Mainz / Nationalität: deutsch / Größe: 1,89 m / Gewicht: 90 kg / Position: Tor / Rückennummer: 26 / Vertrag bis: 2020 / Bisherige Vereine: VfL Frei-Weinheim, Hassia Bingen, FSV Mainz 05, SV Darmstadt 98, Hamburger SV / Bundesligaspiele: 71.

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