Kleeblatt-Macher Azzouzi: Konstrukteur mit Herz und Rückgrat

17.9.2020, 05:38 Uhr
Kleeblatt-Macher Azzouzi: Konstrukteur mit Herz und Rückgrat

© Foto: Zink/MeZi

Beim Training fehlt er nur selten. Manchmal hat er dabei das Handy am Ohr, die Augen sind aber immer auf den Platz gerichtet. Rachid Azzouzi spielt längst nicht mehr für die SpVgg Greuther Fürth, seine SpVgg Greuther Fürth. Er ist ihr Geschäftsführer Sport, telefonieren ist da während des Übungsbetriebs kein Problem.


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Neuzugänge finden, mit Beratern sprechen, organisieren, zu tun gibt es immer etwas. Die Mannschaft auf dem Platz verliert er dann aber nur selten aus dem Blickfeld. Sie ist das Projekt, an dem er für das Kleeblatt arbeitet. "Rachid hat bei der Spielvereinigung alles erlebt, er war Spieler, Nachwuchstrainer, Teammanager und ist jetzt Geschäftsführer Sport, er hat Stallgeruch", sagt mit Holger Schwiewagner, einer der es wissen muss. Schwiewagner bildet in der Geschäftsführung ein Duo mit Azzouzi, kümmert sich um Zahlen und Finanzen. "Er weiß, dass es in Fürth nicht einfach ist und kennt die Gegebenheiten. Er hat einen klaren Blick für die Möglichkeiten hier", ergänzt Schwiewagner noch.

"Ablösefrei steht in der Satzung"

"Wir sind ein Ausbildungsverein", sagt Azzouzi, der selbst 169 Einsätze für Fürth bestritt und 29 Tore schoss. Dass keine großen Sprünge auf dem Transfermarkt möglich sind, wenn hohe Summen aufgerufen werden, ist ihm bewusst. "Ablösefrei steht bei uns fast in der Vereinssatzung", scherzt der gebürtige Marokkaner mit deutschem Pass.

"Kreativität und Geduld" sind dann gefragt, sagt der ehemalige Nationalspieler Marokkos. "Er hat die Gabe, eine Mannschaft und einen Stil zu entwickeln, dafür hat er das Händchen und den Bauch. Er hat ein sicheres Auge, wenn es um Talente und Potenzial geht", sagt Schwiewagner, der wie Azzouzi den Spagat zwischen schmalem Geldbeutel und der Verpflichtung von Verstärkungen meistert.


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In Fürth gelingt das dem Familienmenschen seit seiner Rückkehr zur Spielvereinigung am 22. November 2017 wieder. Zwischenzeitlich hatte er das Kleeblatt nämlich mal verlassen und wollte sich selbst weiterentwickeln. Ausgerechnet nach dem Aufstieg in die erste Liga zog der einstige Mittelfeldspieler von Franken in den Norden zum FC St. Pauli. Seine Zeit dort hatte Höhen und Tiefen, in der ersten Saison kam der Abstieg bedrohlich nahe, in der zweiten war der Aufstieg in Sichtweite. Als der Erfolg danach ausblieb, trennte man sich am 16. Dezember 2014. Azzouzi blieb zunächst in Hamburg wohnen, ehe es im Juni 2015 zu Fortuna Düsseldorf weiterging. Im Mai 2016 knapp ein Jahr später trennten sich auch hier die Wege, ein Jahr vor Vertragsende, aber laut offizieller Version einvernehmlich. Obwohl sich Azzouzi selbst, so hieß es damals, einen Verbleib hätte vorstellen können.

Für sein Vorhaben, sich selbst weiterzuentwickeln, war das kaum kontraproduktiv, denn auch das Verarbeiten von Rückschlägen gehört zu einem Prozess. "Wir haben uns alle weiterentwickelt und verändert", sagt Schwiewagner. Was Azzouzi angeht kann er auch mit einem Beispiel aufwarten: "Vielleicht hat er durch die Erfahrungen auf St. Pauli und in Düsseldorf einen reflektierteren Blick auf die Fußballwelt". Das soll bedeuten, dass Azzouzi nicht die Ernsthaftigkeit verloren gegangen ist, aber dass er nicht mehr alles so Ernst nimmt was in der Branche passiert. Nicht alles im Fußball hat eine staatstragende Dimension. Eine durchaus angenehme Sichtweise in einem Metier, in dem viele dazu geneigt sind, manches etwas zu hoch zu hängen.

"Er legt Wert auf Gerechtigkeit"

Nichts geändert hat sich in all den Jahren an Azzouzis Vorliebe für den Fußball im Allgemeinen und das Kleeblatt im Besonderen. Und auch das Feuer lodert ungebrochen. Er kann in die Luft gehen, ist aber nicht nachtragend. "Er ist ein Mensch, der wert auf Gerechtigkeit legt und immer seine Meinung vertritt, auch gegen Widerstände. Er zeigt Rückgrat. Wenn ihm etwas nicht gerecht erscheint, wirft er sich mit allem was er hat dazwischen und er hat ein großes Herz", so Schwiewagner.


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Das kann man auch nach dem Training beobachten. Mal nimmt Azzouzi einen Spieler in den Arme, ein anderer bekommt einen Klaps, der nächste ein paar mahnende, aber gut gemeinte Worte mit auf den Weg. Der Konstrukteur der Mannschaft interessiert sich für ihre Einzelteile und ist immer nahe dran, um zu prüfen, ob es auch nirgendwo klemmt.

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