Kleeblatt-Stadionsprecher: "Wäre gerne wieder mittendrin"

31.7.2019, 17:50 Uhr
Unter Tränen und großem Applaus nimmt Stefan Krautz sein Abschiedsgeschenk entgegen: ein goldenes Mikrofon. Auf dem Sockel steht: "17 Jahre Stadionsprecher SpVgg Greuther Fürth. Danke, Krautzi!"

© Sportfoto Zink/MeZi Unter Tränen und großem Applaus nimmt Stefan Krautz sein Abschiedsgeschenk entgegen: ein goldenes Mikrofon. Auf dem Sockel steht: "17 Jahre Stadionsprecher SpVgg Greuther Fürth. Danke, Krautzi!"

Sind die Tränen schon getrocknet, Herr Krautz?

Mittlerweile ja, es überkam mich bei der Verabschiedung, wie das Foto zeigt. Das goldene Mikro, das sie mir verliehen haben, hat mich sehr gerührt. Es waren ja 17 emotionale Jahre.

Sie wurden vor drei Wochen darüber informiert, dass Sie nicht mehr Stadionsprecher sein werden. Ärgert Sie das auch ein wenig?

Es kam sehr unerwartet, aber die SpVgg hat das Vorprogramm komplett überarbeitet und sich für einen anderen Weg entschieden. Das muss ich akzeptieren. Julian Pecher, mit dem ich mich sehr gut verstehe, macht alleine weiter.

Was machen Sie nun am Wochenende?

Es gibt keinen Grund, das Kleeblatt nicht mehr zu unterstützen. Als ich bei der Verabschiedung vor der Nordtribüne stand, war mir klar: Eigentlich wäre ich gerne wieder mal mittendrin. Deshalb habe ich in meiner spontanen Rede auch gesagt: "Ich hoffe, ihr nehmt mich dort wieder auf, wo ich hergekommen bin."

Sie meinen die Fankurve?

Direkt ins Fangeschehen. Ich bin in Stadeln aufgewachsen und meine Eltern haben mich schon früh mit in den Ronhof genommen. In der Regionalliga haben wir mit knapp 1500 Fans auf der Gegengeraden auf Höhe der Mittellinie die Spiele angeschaut, nach der Pause sind wir dann immer hinters gegnerische Tor gezogen. Das ging damals noch.

Julian Pecher ist über ein Casting Stadionsprecher geworden. Wie war das bei Ihnen?

Lustigerweise war es ebenfalls ein Casting über Radio F und Bild-Zeitung. Ich wollte zunächst gar nicht, weil ich mir aufgrund meines Alters keine Chancen ausgerechnet habe, aber meine Familie und Freunde haben mich animiert: du musst mitmachen, du kannst das. Ich bin damals in die Fußstapfen meines Vaters getreten und habe bei der Tanzschule Streng als DJ aufgelegt und dort erste Moderationserfahrungen sammeln können.

DJ und Stadionsprecher sind aber zwei Paar Stiefel...

Ja, aber man hat jemanden gesucht, der das Kleeblatt emotional vertritt -das traf als Fan auf mich zu. Die bisherigen Sprecher kamen vom Radio und wechselten häufig. Beim Casting kam ich in die zweite Runde und die Finalisten sollten im leeren Stadion so tun, als ob ein Spiel läuft. Ich hatte nicht damit gerechnet, aber sie haben mich genommen. Ich wurde gleich am nächsten Morgen mit Radio-F-Reporter und Stadionsprecher Oliver Tubenauer (heute beim Bayerischen Rundfunk, d. Red.) als "Stimme des Ronhofs" vorgestellt.

Wie hat sich Ihr Job über die Jahre verändert?

In meiner Anfangszeit gab es noch kein Stadion-TV, da hörten die Fans nur meine Stimme. Inzwischen wird man auf der Straße erkannt. Außerdem hatte ich wechselnde Sprecherpartner: Als Tubenauer ging, etwa Willi "Ebbers" Ebersberger von 2011 bis 2013, bis 2017 dann Andi Lengenfelder (heute bei Sky, d. Red.) und zuletzt Julian Pecher. Jede Zusammenarbeit war eine Bereicherung.

Wie war das Verhältnis zu den Ultras, die ja für sich das Thema Anfeuerung beanspruchen?

Da braucht es Fingerspitzengefühl. Wenn die ein Lied angestimmt haben und es der Regieplan zugelassen hat, habe ich immer erst gewartet. Manchmal ist es als Stadionsprecher vielleicht auch einfach besser zu schweigen (lacht). Es ist ja nicht nur Spaß. Du hast auch eine große Verantwortung, in sicherheitsrelevanten Situationen die richtigen Worte zu finden. Da darf keine Panik ausbrechen. Für solche Fälle gibt es aber Unterstützung durch Schulungen und Unterlagen vom DFB, an denen man sich orientiert.

Mittlerweile scheint alles streng durchgetaktet zu sein, Sponsoren wollen genannt werden, Zwischenrufe während des Spiels will der DFB nicht. Durften Sie dennoch spontan sein?

Natürlich, das muss man auch sein. Nach einer Glanzparade in der 92. Minute darf man schon mal den Namen des Torwarts rufen lassen und damit Stimmung erzeugen. Außerdem erinnere ich mich besonders an eines meiner rund 300 Spiele: Das 0:1 im Pokal gegen Dortmund 2011. Trainer Mike Büskens wechselt Torhüter Jasmin Fejzic ein, weil er denkt, es gibt Elfmeterschießen. Doch kurz vor Schluss schießt Ilkay Gündogan den Ball an den Pfosten, von dort springt er an Fejzics Rücken und landet im Tor. Ebbers war sprachlos. Wir mussten aber irgendwas sagen, ich weiß gar nicht mehr was. Es muss aber sportlich fair gewesen sein, denn die Spielvereinigung hat sich in diesem Spiel deutschlandweit in allen Belangen extrem gut verkauft.

Wie war das Verhältnis zu Spielern und Trainern?

Man ist nah dran und zu manchen hat man mehr Kontakt: Mit Schröcki (Stephan Schröck, d. Red.) zum Beispiel konnte man alle möglichen Aktionen machen. Oder Edgar Prib, der hat mich auch nach seinem Wechsel zu Hannover 96 beim Aufwärmen im Ronhof persönlich begrüßt. Außerdem durfte ich am Ende der Aufstiegssaison mit auf den Rathausbalkon. Die Spieler und das Trainer-Duo haben mich behandelt wie einen von ihnen. Eine tolle Erinnerung.

Stefan Krautz, Jahrgang 1980, war seit der Saison 2002/03 mit wechselnden Partnern Stadionsprecher im Ronhof, bis sich die Verantwortlichen der SpVgg Greuther Fürth vor dieser Saison dafür entschieden, nur noch mit Julian Pecher zusammenzuarbeiten. Krautz hat BWL studiert und ist Inhaber einer Veranstaltungstechnikfirma. Unter anderem ist er zuständig für die Regie beim Nürnberger Opernball. Als dj.redsand hat er bereits auf der Fürther Freiheit und auf Firmenveranstaltungen vor Tausenden von Menschen Musik aufgelegt.

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