Krise beim DFB: Soll Jogi Löw selbst gehen?

23.11.2020, 15:27 Uhr
Dumdidumdum: Die Süddeutsche Zeitung attestiert Joachim Löw "eine entfremdet wirkende Wunderlichkeit".

© Robert Michael, dpa Dumdidumdum: Die Süddeutsche Zeitung attestiert Joachim Löw "eine entfremdet wirkende Wunderlichkeit".

Elf Zeilen reichen dem Deutschen Fußballbund, um die Diskussion um Joachim Löw auf den 4. Dezember zu vertagen. Bis dahin wolle das Präsidium Erkenntnisse sammeln, auswerten und darüber beraten. Die entscheidenden und vor allem wohl an den Bundestrainer persönlich gerichteten Sätze folgen dann: "Dieser [Fahrplan] sieht auch vor, dem Bundestrainer die zeitliche und emotionale Distanz zu geben, die aktuelle Situation der Nationalmannschaft grundlegend aufzuarbeiten."

Der DFB rollt seinem 60 Jahre alten Weltmeistertrainer also den goldenen Teppich in den Vorruhestand aus, nun muss Löw nur noch darüberschreiten. "Sportlich", heißt es weiter, "um die Ursachen der deutlichen Niederlage von Sevilla zu analysieren." Nach dem 0:6 gegen Spanien wurde das bereits erledigt, vom allseits geschätzten Fachmagazin kicker, von den Experten dieses Medienhauses, von Bloggern, Youtubern, sämtlichen ehemaligen Nationalspielern und von einst 80 Millionen Bundestrainern, deren Zahl spätestens seit dem vorzeitigen WM-Aus rapide sinkt.

"Eine entfremdet wirkende Wunderlichkeit"

In keiner dieser Analysen kommt Löw gut weg, allenfalls den Bonus des WM-Titels 2014 führen die wenigen Unterstützer noch an. Aber selbst in großen seriösen Zeitungen wird der Bundestrainer nicht mehr ernst genommen. "Löw umgibt nur noch eine entfremdet wirkende Wunderlichkeit", hieß es in der Süddeutschen Zeitung.

Der Bundestrainer und sein Nachfolger? Jürgen Klopp ist für viele der Wunschkandidat, nur für Jürgen Klopp nicht, noch nicht. "In Zukunft, vielleicht. Jetzt? Nein, weil ich keine Zeit habe."

Der Bundestrainer und sein Nachfolger? Jürgen Klopp ist für viele der Wunschkandidat, nur für Jürgen Klopp nicht, noch nicht. "In Zukunft, vielleicht. Jetzt? Nein, weil ich keine Zeit habe." © Bernd Thissen, dpa

Es ging in den Analysen um die von Löw degradierten Müller, Boateng und Hummels, um Dreier- oder Viererkette, um Löws ewigen Debütantenball, vor allem aber um die Frage, wie es überhaupt möglich ist, dass eine junge, mit aufregenden Weltklasse-Fußballern besetzte Mannschaft nicht zum ersten Mal in diesem Jahr so emotionslos und uninteressiert auftritt. Löw schien sich da anpassen zu wollen, sollte er nicht selbst der Grund sein für den emotionalen Zustand von "Die Mannschaft". Auch darauf spielte der DFB an: "Und persönlich, um die eigene große Enttäuschung zu verarbeiten. Das gehört sich so."

Genügend Zeit für den Nachfolger

Wie schon nach der WM gibt der Verband seinem wichtigsten Angestellten Zeit. Das gehört sich immer noch so. Anders als 2018 aber klingt es nun so, als würde der DFB diesmal eine Reaktion erwarten, die sich eine Mehrheit in Fußball-Deutschland wünscht: den Rücktritt. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang auch, dass nicht Löw dem Präsidium am 4. Dezember berichten soll, wie es denn weitergehen kann mit der Nationalmannschaft, sondern Oliver Bierhoff, der selbst keineswegs unumstrittene Manager. Es könnte also gut sein, dass Bierhoff die Entscheidung trifft, sollte Löw nicht selbst erkennen, welche Entscheidung von ihm erwartet wird.

Der Zeitpunkt spricht auch dafür, dass der DFB nun auf eine für den Verband elegante Weise einen Neubeginn forciert. Die nächsten Länderspiele stehen erst Ende März an, ein neuer Bundestrainer bekäme genügend Zeit, um sich vor der EM im Sommer ein neues Team zusammenzustellen. Der Name Joachim Löw wird in der Mitteilung des DFB übrigens kein einziges Mal erwähnt.

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